Kapitel 53

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Miguel

"Du bist wütend.", stellt Amara fest und schließt meine Bürotür.

"Ist er alleine?", frage ich vorsichtshalber und stehe vom Bürostuhl auf.

"Ja. Er isst gerade."

"Dann geh hin und bleib bei ihm. Wer weiß, was er vor hat!", fordere ich sie auf und deute auf die Tür.

"Miguel!", unterbricht sie mich und stellt sich direkt vor meinen Schreibtisch.

"Siehst du nicht, wie abgemagert er aussieht? Er hat bestimmt seit Tagen nichts gegessen. Hast du dich schonmal gefragt, warum er dort unter dem Felsen gesessen hat, anstatt zurück zu Eduardo zu gehen? Wahrscheinlich nicht! Sonst wüsstest du nämlich, dass er Angst hat und dort ausgestiegen ist.", klärt sie mich auf und wird lauter.

Ich sehe sie einen Moment an, dann setze ich mich wieder.

"Er wollte das nicht. Das war ein Befehl, den er ausführen musste. Er hat mich absichtlich am Hals getroffen, verstehst du? Er hätte mich auch umbringen können, aber das hat er nicht. Er hat absichtlich daneben gezielt.", regt sie noch immer auf.

Ich lache höhnisch.
„Hat er dir das erzählt?", frage ich grinsend und verschränke die Arme vor der Brust.
Ist sie wirklich so naiv und glaubt ihm das?

"Ja und ich glaube ihm.", teilt sie mir mit.

"Du glaubst ihm?", hake ich verständnislos nach.

Sie nickt.
„Ich glaube ihm.", wiederholt sie sich.

Ich presse meine Zähne aufeinander und greife nach dem Whiskeyglas, das ich in einem Zug leer trinke.

"Dann wird es dir ja nichts ausmachen mein Büro jetzt zu verlassen und zu dem Kerl zu gehen, der dich fast getötet hätte.", fauche ich leise und deute kurz mit dem Kinn auf die Tür.

Dann wendet sie sich ab und verlässt wirklich mein Büro.

Sie verlässt wirklich mein Büro und geht zu diesem Bastard, der ihr das Leben nehmen wollte.

Absichtlich daneben geschossen.

Das ich nicht lache. Schlecht gezielt hat er, das war das einzige Glück, das sie hatte. Ein schlechter Schütze ist er, das hat sie gerettet.

"Boss?"
Xavier klopft an meine Tür und steckt seinen Kopf durch den Spalt.

"Dante ist hier.", weckt er meine Aufmerksamkeit.
Ich schaue hoch und sehe den kleinen Lockenkopf hinter ihm stehen. Ich winke ihn herein, dann verschwindet Xavier und schließt die Tür.

"Hey, Amigo.", spricht Dante und versucht seine Angst zu überspielen. Kurz verzieht er sein Gesicht zu einem gezwungenen Grinsen, dann setzt er sich auf einen der freien Ledersessel vor meinem Schreibtisch.

"Hab ich gesagt, dass du dich setzen sollst?", frage ich teilnahmslos und schaue auf den Bildschirm meines Laptops.

Schnell drückt er sich an den Armlehnen ab und stellt sich kerzengerade hin.

"Wofür ist ein Informant da?", stelle ich ihm eine ganz simple Frage.
Verwirrt schaut er mich an, dann befeuchtet er gestresst seine Lippen.

"Um Informationen zu beschaffen?", fragt er mich und wartet auf meine Bestätigung, dass seine Antwort richtig ist.

Ich nicke einmal kurz und stütze mich dann auf dem Schreibtisch ab.

"Und warum tust du das nicht?", frage ich ihn provokant und beobachte sein Reaktion.
Schweiß bildet sich auf seiner Stirn, er versteckt seine schwitzigen Hände in den Hosentaschen und wechselt das Gewicht von einem Bein aufs andere.

"Wie bitte?", gluckst er irritiert und lächelt leicht.

"Warum du mir nicht mitgeteilt hast, dass Amara's Bruder die ganze Zeit über bei Carlos war!", schreie ich wütend und haue mit der flachen Hand auf den Tisch.
Er erschreckt und macht einen Schritt zurück.

"Ich-"

"Was ich!", unterbreche ich ihn.

"Du hast deinen Job nicht erfüllt, so sieht es aus! Und dann geht es auch noch um so eine wichtige Information!"
Ich stehe hektisch vom Stuhl auf und laufe schnell auf und ab. Dante steht wie angewurzelt mitten im Raum und gibt keinen Ton von sich.

"Hast du noch was zu sagen?", helfe ich ihm auf die Sprünge.
Wenn er noch was retten will, dann soll er am besten jetzt damit anfangen.

"Carlos hat ihn vor 4 oder 5 Jahren mitgebracht. Da war er gerade 12. Kurz drauf ist er 13 geworden. Carlos' Leute haben ihm das Schießen beigebracht. Sie wussten, dass Amara bei dir ist, aber das war ihnen egal. Sie wollte nur den Zettel. Du hattest mit ihnen alles geregelt, sodass ihr einen Deal eingehen konntet.
Als du Amara dann hast laufen lassen, sind Carlos' Leute dann auf sie zu und haben sie erpresst. Ich muss sagen, sie hat mehr Koks vertickt, als Carlos' Dealer.", schmunzelt er zum Schluss und schaut auf seine weißen Schuhe.

"Weiter.", übergehe ich seine Anspielung.

"Dann bist du gekommen und hast das unterbrochen. Davor wollte sie aussteigen. Jasper sollte sie damals schon umlegen, hat er aber nicht. Er wollte ihr zuerst nur Angst einjagen, da hat er ihre Wohnung verwüstet. Carlos' wusste schnell, dass Amara wieder bei dir ist, deshalb ist er hier hin gefahren. Du hast ihn abgeknallt und jetzt ist Eduardo hinter dir her. Er hat Jasper vorgeschickt. Er sollte das wichtigste erledigen. Den Rest wollte Eduardo mit dir besprechen.", erklärt er mir.

"Und was will er mit mir besprechen?", frage ich irritiert.

"Du hast Carlos' damals seine Lieferrouten abgenommen. Die will Eduardo wieder haben.", informiert er mich.

Dann muss ich Lachen.

"Die wird er nicht kriegen. Auch nicht, wenn er Amara umbringen lässt.", spottet ich und zünde mir eine Zigarette an.

"Du bleibst hier.", lege ich fest und rufe danach Xavier ins Büro.

"Bring ihn in den Keller.", weise ich ihn an und schaue zu, wie Xavier ihn am Arm aus meinem Büro führt. Ich lasse mich erschöpft in den Bürostuhl fallen und ziehe an meiner Zigarette. Der Rauch kratzt in meiner Lunge und ich muss kurz husten.

"Was ein Tag.", murmel ich vor mich hin, bevor ich die Zigarette ausdrücke und Amara aufsuche.

Frohe Weihnachten❤️

Mi amorWhere stories live. Discover now