Kapitel 62

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Miguel


"Doch nicht hier, Miguel!", stoppt mich Amara, als ich ihre Hose aufknöpfe.

"Warum?", frage ich sie verständnislos.
Hier hinten sieht uns doch keiner?
Die Scheiben sind getönt, der Fahrer sieht und auch nicht.

Sie antwortet nicht.

"Wenn du das nicht möchtest, dann akzeptiere ich das. Aber wenn du dir nur unsicher bist, ob das hier jemand mitbekommt, dann mache ich weiter.", stelle ich klar.

Niemals werde ich sie zu irgendwas zwingen. 

Wenn sie nicht will, dass ich sie berühre oder sogar mit ihr schlafe, dann werde ich das auch nicht tun.

"Wir sind nicht mehr zusammen.", beginnt sie leise und zupft verlegen an meinem Hemd herum.

"Und?", ärgere ich sie.
Sie verdreht die Augen, dann klettert sie eilig von mir runter, da wir vor dem Hotel halten. Sie hat mich so stark abgelenkt, dass ich es nicht mal gemerkt habe. Schnell richte ich mein Hemd und meine Hose, dann steige ich aus und nehme dem Fahrer unseren Koffer ab.

Amara steht bereits auf dem Fußgängerweg und schaut sich die Fassade des Hotels an.
Zielstrebig schiebe ich sie am Rücken in die Lobby und führe sie zur Rezeption.

Während ich einchecke, beobachtet Amara aufgeregt die Leute in der Lobby. Ich kann mir vorstellen, dass sie sich hier unter den Reichen nicht wohl fühlt, dennoch muss sie sich langsam daran gewöhnen.
Mir entgeht nicht, dass einige Frauen ihr komische Blicke zuwerfen, doch sie ignoriert sie gekonnt.

Oder ist sie nur zu fasziniert, um das mitzubekommen?

"Komm.", winke ich sie hinter mir her zum Aufzug.
Mit schnellen Schritten folgt sie mir und stellt sich neben mich. Wie kann sie hier so neugierig rumlaufen, während es in meiner Hose gewaltig eng ist und ich kaum einen klaren Gedanken fassen kann?

Hat sie wirklich schon mit mir abgeschlossen?

"Gleich gehen wir schwimmen.", klatscht sie voller Vorfreude in die Hände und geht vor mir in den silbernen Aufzug.
Ich seufze, dann folge ich ihr. Sie kann auf keinen Fall schwimmen gehen, wenn ich diese Latte habe.
Auf gar keinen Fall.

"Nicht wahr?", schaut sie mich an und lehnt sich provokant mit verschränkten Armen gegen die Metallwand, als die Türen sich geschlossen haben.

"Wir gehen nicht schwimmen. Ich muss arbeiten.", wiederhole ich meine Aussage von vor einer Stunde.

"Aber Miguel, wir wollten doch Urlaub machen!", quengelt sie verständnislos.

"Wir-"

"Das hast du gesagt!", unterbricht sie mich.
Ich bleibe stumm.
Sie hat recht, das weiß sie. Und das weiß ich auch. Ich habe ihr gesagt, dass wir zusammen Urlaub machen.

"Du hast mal gesagt, dass ich dir glauben kann, wenn du mir etwas gesagt hast. Erinnerst du dich?", ärgert sie mich weiter.

Natürlich erinnere ich mich.
Es ging damals darum, dass ich mir einen Spaß erlaubt habe und ihr erzählt habe, dass ich sie in einem meiner Clubs als Nutte gebrauchen kann.
Natürlich hätte ich das niemals von ihr verlangt.

"Ich weiß, was ich gesagt habe.", verdrehe ich die Augen und schiebe sie im nächsten Augenblick aus dem Aufzug.

Wir sind im 35. Stock angekommen.
Am Ende des breiten Flurs lässt sich durch ein bodentiefes Fenster das Meer sehen.

Ich öffne die Tür zu unserem Zimmer und lasse Amara den Vortritt. Sofort geht sie zum Fenster und reißt die Vorhänge auf. Kurz blendet mich die Sonne, dann sehe ich den Strand.
Obwohl ich nie lange hier war, habe ich es vermisst.

Ich muss an unsere erste Fahrt nach Mexiko denken, als wir in San Diego gehalten haben. Am Morgen, als wir weiter fahren wollten, kam sie nur mit einem Handtuch bekleidet aus dem Bad. Schon da musste ich mich zusammenreißen, damit ich einen klaren Gedanken fassen konnte.

Schnell stelle ich die Reisetasche ab und gehe zu Amara auf den Balkon.

"Nicht, dass du wieder angeschossen wirst.", necke ich sie und stelle mich direkt neben sie an das Geländer.
Wir schauen beide aufs rauschende Meer und die Menschenmengen am Strand.

Sie kichert.
„Mein Bruder ist ja in Mexiko."

Ich muss schmunzeln.

"Habe ich mich schon bei dir bedankt?", fragt sie mich plötzlich.
Verwirrt schaue ich sie an.

"Dafür, dass du mir das Leben gerettet hast.", erklärt sie mir und schaut dann wieder auf den Strand.

"Halb so wild.", winke ich ab.
Sie muss ja nicht wissen, dass ich unfassbare Panik hatte. Ich hatte ihr zwar schon gesagt, dass ich Angst um sie hatte, aber das wird sie wieder vergessen haben, oder?

"Wie kann ich mich bedanken?"

Ich befeuchte automatisch meine Unterlippe.
Oh, Amara. Ich wüsste da was.

"Was grinst du so?", fragt sie mich lachend.
Sollte ich mir einen Spaß erlauben?

Definitiv.

Vorsichtig öffne ich den Gürtel meiner Hose und achte auf ihre Reaktion.
Sie folgt meinen Bewegungen und schaut mir dann wieder in die Augen. 

Stumm schaue ich ihr in die Augen und sehe zu, wie sie sich ihre Haare zurückbinden will.

"Du kannst mich zum Essen einladen. Ich ziehe mich eben um.", zwinkere ich ihr zu und verlasse dann den Balkon.

Ich höre sie ertappt schnaufen, dann dreht sie sich wieder um und schaut auf die Promenade. Eins steht fest. Sie will ich immer noch. Da bin ich mir so sicher wie das Amen in der Kirche.

Nachdem ich den Anzug gegen eine lockere, kurze Hose und ein weißes Shirt eingetauscht habe, rufe ich sie zu mir. Ich muss schmunzeln, weil sie anscheinend beleidigt ist. Selber Schuld, sie spielt mit mir?
Dann erlaube ich mir auch einen Spaß.

"Dass du immer nur an Sex denkst.", provoziere ich sie, während sie an mir vorbei geht und auf dem Flur wartet.

Sie verschränkt die Arme und schaut mich mit zusammen gekniffenen Augen an. Als ich an ihr vorbei gehe, gibt sie mir einen leichten Schlag in den Nacken.

"Was glaubst du, erlaubst du dir da?", hauche ich belustigt und drücke ihren Körper nah an mich.
Ihr Herz schlägt schnell, ihr Atem kitzelt an meinem Ohr. Ich bin keines Falls wütend, eher belustigt und irgendwie auch überrascht.

"Ich-"

"Was ich?", ärgere ich sie absichtlich.

"Hör auf.", spricht sie zaghaft.

"Womit? Hast du dich nicht im Griff?", höre ich nicht auf ihre Bitte.
Ich weiß, dass ich ich sie nicht ärgern soll, aber den Gefallen tue ich ihr nicht.

Überraschend schnell küsst sie mich.

Ihre Hände liegen auf meiner Brust, meine auf ihrer Hüfte.

Sie klaut mir die Zimmerkarte aus der Hosentasche und drückt mich zurück zum Zimmer.

Mi amorOnde as histórias ganham vida. Descobre agora