Kapitel 23

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Amara

Warum geht er jetzt einfach? 

Ich lasse mich zurück ins Bett fallen und starre an die hohe Decke. Viel zu schnell lasse ich mich von ihm beherrschen.
Da mir kalt wird, ziehe ich die Decke über meinen Körper. 

Wer weiß, wann er wieder kommt. Schließlich arbeitet er meistens die Nacht durch und haut sich dann für zwei Stunden aufs Ohr, ehe er wieder in sein Büro geht und weiter arbeitet.
Ich habe nichtmal Sachen hier, um mich umzuziehen. 

Vielleicht liegen ja in seinem Schrank Jogginghosen und ein Pulli?

Langsam raffe ich mich aus dem Bett auf und schlendere zum Schrank.
Mein Unterleib pocht noch immer und gibt mir Flashbacks.
Immer wieder spielt sich vor meinem geistigen Auge ab, wie er mich aufs Bett gedrückt und seinen Gürtel geöffnet hat.
Wie er mich kraftvoll umgedreht hat und ohne Vorwarnung in mich eingedrungen ist. 

Ich ignoriere das Ziehen zwischen meinen Beinen und ziehe eine graue Jogginghose aus einem der 3 Fächer.
Hat er eigentlich nur diese eine Farbe? 

Schulterzuckend ziehe ich sie mir über und streife dann das Kleid von meinem Körper. Ich suche nach einem dicken Pulli und will mich eigentlich wieder ins Bett legen, als mein Magen knurrt. Leise öffne ich die Tür und obwohl ich weiß, dass ich mich hier eigentlich frei bewegen darf, versuche ich keinen Ton von mir zu geben. 

Schnell fahre ich mir mit den Händen durch meine zerzausten Haare und gehe die große Treppe herunter.
Ich erkenne im Augenwinkel, dass mich Miguel durch seine offene Bürotür mit Adleraugen beobachtet, doch lasse mir nichts anmerken. Meine zitternden vergrabe ich in der Tasche des Hoodies und gehe die letzte Stufe der Treppe runter. 

Sein stechender Blick durchbohrt meinen Rücken. 

Oder meinen Hintern. 

Ich kann es nicht ganz lokalisieren, aber irgendwas in der Gegend wird es sein. 

"Was hast du vor.", ertönt seine Stimme.
Ich höre die teuren Lackschuhe auf dem glänzenden Steinboden klackern und kann mir ausmalen, dass er sich gerade in den Türrahmen lehnt.
Mit Händen, die tief in seiner Anzughose vergraben sind, versteht sich, sodass seine teure Rolex im warmen Licht des Flurs glänzt.

"Ich habe Hunger.", gestehe ich kleinlaut und wundere mich über meine plötzliche Nervosität, die aber vermutlich daher rührt, dass er mir vor wenigen Augenblicken deutlich zu spüren gegeben hat, wer von uns beiden das Sagen hat. 

Schon wieder spüre ich ein lustvolles Ziehen zwischen meinen Beinen und drücke meine Oberschenkel zusammen. 

Während er weiter auf mich zu kommt, fällt sein Blick auf meine Oberschenkel.
"Was möchtest du essen?", fragt er mich, nachdem er bereits an mir vorbeigelaufen ist. Er zieht mir einen Stuhl zurück und wartet solange mit der Hand an der Lehne, bis ich Platz genommen habe. 

"Ich weiß nicht.", gebe ich nervös von mir.
Was hat er?
Er schaut mich intensiv an, dann wendet er sich ab. 

"Warte hier, ich koche dir was."
Mit diesen Worten verschwindet er in der Küche. 

Was ist los mit ihm?
In einem Augenblick schläft er mit mir so respektlos wie es nur geht und jetzt spielt er den Gentleman und kocht für mich?
Ich dachte er hat zu tun? 

Angespannt lehne ich mich gegen die Lehne und warte auf ihn. Einige Minuten später kommt er mit einem Glas Wasser aus der Küche und setzt sich neben mich. Ich schaue ihn absichtlich nicht an und greife schnell nach meinem Getränk. 

Als ich es absetze, führt Miguel seine Hand an mein Kinn und streicht mir mit seinem rechten Daumen einen Tropfen Wasser von meiner feuchten Unterlippe.
"Hast du eine Ahnung, wie schön du bist?", haucht er und schaut dabei gespannt auf meine Lippen. 

Ich greife nach seiner Hand und entferne sie von meinem Kinn.
Er grinst siegessicher und drückt sich dann mit einer Hand am Tisch hoch um wieder in der Küche zu verschwinden. 

Er macht sich eindeutig einen Spaß aus meiner Nervosität. 

Ich leere mein Glas und gehe dann nach draußen. Der Garten ist unfassbar gepflegt, kein einziges Blatt liegt auf dem sauberen Grün. Man könnte meinen, dass der Gärtner den Rasen von Hand mit einer Schere schneidet.
Ich lehne mich an einen Steinpfeiler auf der Terrasse und lausche dem Plätschern des Teiches. 

Ich schließe entspannt die Augen, als die letzten Sonnenstrahlen auf mein Gesicht treffen. 

"Du solltest drinnen warten.", erschreckt mich Miguel's raue Stimme.
Er steht direkt neben mir und schaut gerade aus in den Garten. Schnell stelle ich mich gerade hin und wische meine schwitzigen Hände an der Jogginghose ab. 

"Komm rein. Essen ist fertig."
Er dreht sich um und geht, ohne auf mich zu warten, ins Esszimmer. 

Doch kein Gentleman. 

Im Vorbeigehen zieht er mir meinen Stuhl zurück, dann geht er weiter in die Küche, wahrscheinlich um mein Essen vom Herd zu nehmen.
Seufzend setze ich mich hin. 

Warum bin ich wieder so schüchtern ihm gegen über? 

Ich bemerke fast nicht, wie er mir das dampfende Essen vors Gesicht stellt und sich dann mir gegenüber niederlässt. Er macht das mich Absicht, das weiß ich. 

Sagen?
Sagen kann ich nichts, sonst zieht er mich noch mehr auf. 

Auf meinem Teller liegt etwas Brokkoli, Kartoffelbrei und Fisch. Wie hat er das jetzt so schnell gemacht?
Der Kartoffelbrei sieht selbstgemacht aus, der Fisch ist frisch und nicht aus einer Verpackung aus dem Supermarkt. 

"Iss.", fordert er mich auf und deutet mit den Augen auf den vollen Teller.

"Danke", flüstere ich leise und schiebe mir schnell etwas Brokkoli in den Mund. Er schaut mir einen Augenblick zu, dann zückt er sein Handy und schreibt eine Nachricht.
Will er hier jetzt so lange sitzen, bis ich aufgegessen habe? 

Zutrauen würde ich es ihm. 



Mi amorWhere stories live. Discover now