Kapitel 69

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Amara

Wir sind noch nicht einmal wieder richtig zusammen und er betrügt mich schon. Zumindest hat er es vor.
Und er hat schon wieder Geheimnisse vor mir.

"Was tust du da?", erschreckt mich Miguel.

Nur in einem Handtuch bekleidet, steht er vor mir und greift nach der Zigarette in meiner Hand.

Regungslos schaue ich ihn an, bis ich meinen Blick abwende und über die Stadt schweifen lasse. Ich habe ihm nichts mehr zu sagen.

"Ignorier mich nicht, Mi Amor.",  warnt er mich.

Belustigt und falsch lache ich auf.
"Mi Amor.", spotte ich und wiederhole seine dummen Worte.

"Wenn du ein Problem hast, dann rede vernünftig mit mir.", stellt er klar und drückt die Zigarette in seiner Hand aus.
Er ist überraschend ruhig und scheint sich auch überhaupt nicht beherrschen zu müssen. Er scheint nicht mal sauer zu sein, dass ich geraucht habe.

Als ich nicht antworte, geht er vom Balkon.
"Mach dich frisch, wir gehen essen, bevor ich zu dem Geschäftstermin muss."

Seine Worte überraschen mich und gleichzeitig machen sie mich wütend. Erst ist er abweisend, dann will er mit mir essen gehen und danach lässt er sich von 3 Nutten gleichzeitig begrapschen.

"Ich habe keinen Hunger. Bestelle mir später was.", lehne ich seinen Vorschlag ab.

Miguel trägt lediglich eine schwarze Anzughose, als er wieder auf den Balkon tritt.
"Du hast heute dein Staatsexamen geschrieben, ich dachte das feiern wir mir gutem Essen.", runzelt er die Stirn und schüttelt ein frisches, weißes Hemd aus, bevor er es ich überzieht und konzentriert die Knöpfe schließt.

"Ist nicht so wichtig, feiern können wir immer noch.", murmle ich, weil ich mich plötzlich über meine voreiligen Gedanken schäme.
Miguel schaut mich mit gerunzelter Stirn skeptisch an, ehe er den Balkon verlässt.

Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und gebe den Namen des Clubs bei Google in die Suchleiste ein.

Platinum, Strip Club an der 700E Commercial Street, Los Angeles

Mir wird schlecht, als ich die Beschreibung lese.
Dieses Schwein will sich mit mir den Bauch voll schlagen und danach in einen StripClub gehen. Nachdem er mich stillschweigend im Hotel abgesetzt hat.

"Mistkerl.", zische ich und streiche mir eine Träne von der Wange.
"Mich verarscht du nicht noch einmal.", schwöre ich mir und gehe vom Balkon.

Miguel steht im Badezimmer und macht sich gerade seine Haare.
Er sieht verboten gut aus.

"Hast du dich jetzt wieder eingekriegt?", ärgert er mich mit einem sanften Lächeln auf den Lippen und scheint mich wohl nicht richtig ernst zu nehmen.

Ich lege mich auf das weiche Bett und starre an die Decke. Das Klingeln seines Handys erschreckt mich kurz, doch anders als erwartet bin ich nicht neugierig.
Mich würde jetzt auch nichts mehr überraschen.

Es könnte jetzt einfach so eine Nutte in diese Suite kommen und er könnte es vor meinen Augen mit ihr treiben.
Es würde mich nicht überraschen.

"Amara, was ist los?", hakt er jetzt noch einmal intensiver nach.
Er steht vor dem Bettende und drückt den Anruf weg.

"Ich bin einfach nur müde und möchte nicht mehr raus gehen.", lüge ich ihn an.

"Bullshit, versuch nicht mich anzulügen."
Er legt das Handy zurück auf das Sideboard und dreht sich anschließend wieder zu mir.

"Du bist sauer, weil ich heute Abend ein Geschäftstreffen habe.", stellt er fest.

Geschäftstreffen.
Er nennt einen Puffbesuch ein Geschäftstreffen.
So viel Stolz und Eier möchte ich auch haben, dass ich meinem Mann oder meiner Frau so dreckig und offen ins Gesicht lügen kann.

Er lügt mich an, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Er verzieht nicht mal eine Miene. Er schaut mir auch noch direkt in die Augen.

"Dann gehen wir aber morgen frühstücken.", gibt er letztendlich nach.
Wahrscheinlich kommt ihm meine Zickerei gerade so gelegen.

Nach kurzem Schweigen setzte er sich zu mir aufs Bett und greift nach meiner Hüfte, als ich mich von ihm wegdrehen will.
"Was wird das?"

"Ich bin müde, die Klausur war anstrengend.", flüstere ich, um mich selber zu beruhigen.

"Wenn es dir nicht gut geht, sage ich das Geschäftstreffen ab."
Sein Satz bringt mich völlig aus der Fassung.

Was sagt er?

"Nein, es ist alles gut, ich bin nur müde.", wiederhole ich mich.

"Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn ich zurück kommen soll, comprende?", lässt er nicht locker.
Seine Worte passen überhaupt nicht zu seinem Vorhaben und meinen Gedanken, aber ich traue dem Ganzen noch immer nicht.
Wenn er ehrlich zu mir sein wollen würde, dann hätte er mir gesagt, dass er sich in seinem Stripclub mit seinen Geschäftspartnern trifft.

Alleine die Tatsache, dass er gefährliche Personen aus dem Drogenmilieu als Geschäftsleute betitelt, zeigt, dass er mir gegenüber noch immer nicht mit offenen Karten spielt. Er tut so, als wären diese Kriminellen wichtig für die Stadt, als würden sie wichtige Deals an der Wall Street oder sonst wo abschließen oder als würden sie in erneuerbare Energien investieren.

Als würden sie Weltfrieden iniziieren, dabei tun sie genau das Gegenteil. Sie spalten die Gesellschaft, weil sie genau das brauchen um Geld zu verdienen.
Eine gespaltenen Gesellschaft ist leicht zu manipulieren und das nutzt er aus.

Sein Handy klingelt zum zweiten Mal, doch er macht keine Anstalten von der Bettkante aufzustehen und den Anruf entgegenzunehmen.

"Dein Handy klingelt, vielleicht ist es wichtig.", brumme ich und schließe die Augen um seinem Blick auszuweichen.

"Gerade ist nichts wichtiger als dein Wohlbefinden.", erstickt er meine zickigen Worte im Keim.
Er lässt keine Sekunde zu, dass dieses Thema ausartet und wir uns richtig streiten.

"Willst du nicht dran gehen, weil ich das Gespräch nicht hören soll?"

"Hör zu. Ich will nicht mit dir streiten und ich lasse dich heute Abend auch nicht gerne alleine. Aber es geht um viel Geld heute Abend, Geld von dem du auch lebst und leben wirst. Es wird wirklich nicht lange dauern und dann können wir später noch einen Film gucken.", beginnt er wieder.

"Okay. Ich will jetzt schlafen und du musst gleich los.", räuspere ich mich.

Miguel schließt kurz die Augen und wendet seinen Blick ab, ehe er seine Hand noch einmal über meine Hüfte gleiten lässt und sich vom Bett erhebt. Im Augenwinkel sehe ich, wie er ums Bett herumgeht, sein schwarzes Jackett über seine Schultern legt und das Handy in die Hosentasche gleiten lässt.

"Ruf mich an, wenn was ist."
Mit diesen Worten verabschiedet er sich von mir, legt mir 100 Dollar auf das Sideboard und verschwindet durch die breite Tür der Suite.
Anstatt wie ein Kleinkind zu heulen, drücke ich mich vom Bett hoch und werfe einen dicken Pullover über. Schnell laufe ich in den Flur und ziehe meine Schuhe an. Mein Handy stecke ich in meine Hosentasche und greife gleichzeitig nach meiner Zimmerkarte.

Wenn er mich wirklich betrügen will, dann will ich es mit eigenen Augen sehen, damit er mich nicht anlügen kann.

Miguel ist auf dem langen Flur bereits nicht mehr zu sehen, aber das macht nichts. Ich habe die Adresse des Clubs und Google Maps kann ich auch benutzen.

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