Kapitel 12

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Miguel
23:13 Uhr

Sie wird mich auslachen, wenn ich jetzt zu ihr gehe und ihr sage, dass ich sie mag.

Sie wird mich auslachen.

Als ich ins Schlafzimmer komme, steht sie nur in einem Slip und einem Shirt auf dem Balkon und schaut aufs Meer.
Sie scheint mich nicht zu bemerken, da sie viel fasziniert von dem glänzenden Meer ist.

Ich lehne mich gegen die Balkontür und schaue ihren Körper an.
Die lange Beine, der runde Hintern unter diesem Shirt, das vermutlich meins ist.

"Hast du ne Minute?", mache ich auf mich aufmerksam.
Amara dreht sich hastig um, während ihre Hände zu dem Saum des weißen Shirts wandern und es weiter runter ziehen.

„Was ist denn?", fragt sie unsicher.

„Was macht dein Rücken?"
Ich stelle ihre eine andere Frage, weil ich wirklich nicht weiß, wie ich anfangen soll.

„Wird besser.", flüstert sie.

Ich deute auf den Sessel, der auf dem Balkon steht, und sage ihr stumm, dass sie sich setzen soll.

„Wo habe ich dir heute Mittag weh getan?", will ich ehrlich wissen und setze mich mit einem gewissen Abstand neben sie.
Reflexartig ziehe ich die Zigaretten aus meiner Anzughose und zünde mir eine Kippe an.

„Ich möchte da nicht mehr drüber reden.", räuspert sie sich. An ihrer Körperhaltung erkenne ich, dass sie sich unwohl fühlt.

„Ich aber."
Ich lasse es erst gar nicht zu, dass sie jetzt beginnt, mit mir zu diskutieren.
Bevor wir nach Los Angeles gefahren sind, hatte ich ihr gesagt, dass wir später nochmal darüber reden werden und das tun wir jetzt auch.

„Das kommt nie wieder vor. Ich hatte mich nicht im Griff und hätte dich erst ausreden lassen sollen. Verstehst du?", beginne ich erneut und ziehe an der Zigarette.

„Ich entschuldige mich gerade bei dir und du hast nichts zu sagen?", hake ich nach, weil sie stumm bleibt.

„Ich kann nichts dafür, wenn du dich sonst nie entschuldigt hast und jetzt verunsichert bist.", zuckt sie kurz mit den Schultern und lehnt sich gegen die Rückenlehne.

„Ich und verunsichert? Dass ich nicht lache.", spotte ich und drücke die Glut meiner Kippe aus.

Ich greife nach ihrem Handgelenk, als sie auf steht und an mir vorbei ins Schlafzimmer will.

„Renn jetzt nicht weg.", bitte ich sie.

„Was erwartest du von mir, Miguel? Du hast mir weh getan, psychisch und physisch.", spricht sie traurig und versucht ihre Hand aus meiner zu entziehen.

"Und das war nicht das erste Mal. Du sagst mir, du besserst dich? Du hattest vier Jahre Zeit. Schau uns an. Wir sind genau da, wo wir aufgehört habe. Du hast nicht gebessert.", schüttelt sie enttäuscht den Kopf.

„Ich weiß, Amara, und ich hätte es anders gemacht, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte. Glaubst du, dass ich mir das so vorgestellt habe?", frage ich sie verzweifelt, weil sie mich anscheinend kein Stück versteht.

„Eine Wahl? Aber du hattest eine Wahl.", flüstert sie mit zusammen gezogenen Augenbrauen.

„Du warst eine Sicherheitslücke und ein belangloses Mädchen, am Anfang zumindest. Wärst du mir nicht so wichtig geworden, dann hätte ich dich entsorgt, verstehst du? Glaubst du, ich hatte mir das ausgesucht?", gebe ich zurück.

Sie versteht mich nicht.

„Glaubst du, ich hatte mir ausgesucht, mich in dich zu verlieben? Verdammt, es wäre alles ganz anders gelaufen, aber ich konnte nicht ohne dich! Aber als ich es gemerkt habe, da war es schon zu spät, da hatte ich dir schon so unfassbar wehgetan, dass ich es nicht mehr rückgängig machen konnte!", erkläre ich ihr endlich die Wahrheit.

Wie lange hatte ich mich jetzt davor gedrückt?
4 Jahre?
Vielleicht etwas länger.

„Ich musste vier Jahre zu sehen, wie andere Männer dich umgarnt haben. Vier verschissene Jahre hat mir jeder vor Augen geführt, warum du bei Adam bist und nicht bei mir!"
Ich kann nicht aufhören, jetzt, wo ich einmal angefangen habe ihr meine Gefühle zu erklären.

„Du hast nie was gesagt.", haucht sie fassungslos.

„Wie denn? Du hattest Recht mit dem, was du gesagt hast. Ich habe deine Familie zerstört. Dein Leben habe ich zerstört. Hätte ich dir da noch sagen sollen, was ich für dich empfinde?", frage ich sie verständnislos.

Sie schüttelt leicht den Kopf.
„Ich wusste nicht, dass du so gefühlt hast."

Ich fahre mir mit der Hand über die Bartstoppeln am Kinn und schließe kurz die Augen.

„Es tut mir Leid. Das ist eigentlich das, was ich dir sagen wollte. Wenn du nichts mehr zu sagen hast, dann gehe ich mich jetzt duschen.", informiere ich sie.

Ich erkenne die Tränen in ihren Augen, doch sie sagt nichts.

Im Vorbeigehen hauche ich ihr einen Kuss auf die nackte Schulter, die durch das große Shirt freigelegt ist.
Wahrscheinlich muss sie das ganze jetzt erstmal verarbeiten und auch ich muss klar kommen.
Ich habe offen über meine Gefühle gesprochen, das kommt nicht all zu oft vor.

Mi amorWhere stories live. Discover now