Kapitel 55

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Amara

"Hier sind Handtücher. Shampoo steht in der Dusche."
Ich reiche Jasper zwei blaue Handtücher, dann ziehe ich die Tür zu und mache mich auf den Weg zu Miguel.
Er steht noch immer auf der Terrasse und starrt in den Garten, während er den heißen Rauch auspustet.

Ich stelle mich direkt neben ihn.

Als er mich bemerkt, fängt er an zu reden.
"Du glaubst ihm doch nicht, oder?", fragt er spöttisch und drückt die Zigarette in seiner Handfläche aus ohne das Gesicht zu verziehen.

"Was meinte er am Strand? Was sollst du mir sagen?", stelle ich ihm die Gegenfrage.

Er lacht verachtend, dann krempelt er sich die Hemdärmel hoch.

"Ich wusste, dass du das nicht vergessen würdest.", grinst er falsch und schaut in den Himmel.

"Ich will wissen, was er damit meinte.", wiederhole ich mich.
Dann ziehe ich einen Stuhl zurück, der einige Meter neben mir steht und setze mich an den Tisch. Miguel versteht recht schnell, denn auch er setzt sich neben mich an den Tisch.

"Mein Vater hatte eine neue Freundin. Er ist mit ihr nach Yucatan gezogen. Pedro und ich waren zu der Zeit schon im Geschäft. Mein Vater hat sie einfach alleine gelassen, obwohl er wusste, wie gefährlich das für unsere Mutter war. Sie wurde beim Einkaufen angeschossen. In den Bauch. Der Besitzer des Ladens wollte keinen Krankenwagen rufen, weil er Angst hatte in das Visier eines Kartells zu geraten. Ich hätte zu dem Zeitpunkt bei ihr sein müssen, aber ich musste telefonieren. Mutter bat mich bei ihr zu bleiben, aber ich bin einfach rausgegangen.", erklärt er mir.

"Das konntest du nicht wissen.", hauche ich.

"Nein, aber ich hätte es wissen müssen. Ich habe meine Aufgabe nicht erfüllt.", widerspricht er mir.

"Das ist nicht deine Schuld."

"Hör auf, Amara.", unterbricht er mich.

"Woher weiß mein Bruder das denn?", will ich wissen und wechsle das Thema.

"Wahrscheinlich von Carlos. Wir vermuteten, dass seine Leute dahinter gesteckt haben.", zuckt er mit den Schultern und zündet sich die zweite Zigarette innerhalb von 10 Minuten an. Heute hat er viel geraucht, aber ich schiebe es auf den Stress den er hat.

"Deshalb der Streit mit deinem Vater.", stelle ich fest.

Er nickt und zieht an der Zigarette.

"Wir müssen Jasper da raus holen.", lege ich fest und schaue ihn abwartend an.
Er zieht die Augenbrauen hoch und pustet den Rauch aus.
Direkt in mein Gesicht.
Dann grinst er, als ich das Gesicht verziehe.

"Ich muss gar nichts für diesen Kerl.", lehnt er ab und legt seinen rechten Arm auf die Lehne hinter meinem Rücken.
Er sitzt mir viel zu nah.

Viel zu nah.

Beide schauen wir in den großen Garten.

"Der Rasen ist schon wieder ziemlich hoch-"

"Vergiss' es!", unterbreche ich ihn schnell, muss dann aber Lachen.
Auch er stimmt mit ein.

"Was machen wir mit Jasper, wenn wir nach Los Angeles fliegen?", frage ich Miguel.
Er wird ihn sicherlich nicht einfach hier lassen.

"Keller.", gibt er kurz von sich.

"Nein.", lege ich fest.

"Nein?", fragt er überrascht mit großen Augen.

Ich nicke.
Mein Bruder wird nicht in diesen Keller kommen.
Niemals.

"Alles klar, Chef.", schmunzelt er und legt im selben Augenblick seinen Arm ganz um meine Schultern. Kurz wartet er auf meine Reaktion, dann zieht er mich an seinen Oberkörper.
Ich seufze.

"Du sollst das doch nicht tun.", beschwere ich mich.

"Dann wehr' dich doch.", ärgert er mich und verfestigt im gleichen Atemzug den Griff um meine Schultern.
Jetzt kann ich mich sicherlich nicht mehr wehren und das weiß der arrogante Kerl auch.

Ich gebe nach und lege meinen Kopf gegen seine Brust, dann schließe ich die Augen und lausche seinem schnellen  Herzschlag.

Ist er etwas nervös, weil wir uns so nah sind?

Nein. Das passt nicht zu ihm.

Oder?

Ich lege meine rechten Hand sachte auf seinen warmen Oberschenkel und entspanne mich. Er fährt mit seinen Fingerspitzen über meinen Oberarm und hinterlässt kleine, brennende Kreise.

"So ist es schön.", ertönt seine raue Stimme.

"Du in meinen Armen", fährt er fort.

"Dios, ich liebe dich so.", lacht er ungläubig.

"Miguel!", beschwere ich mich, weil er sowas nicht sagen soll. Ich will das nicht hören, das macht es mir nur noch schwerer.

"Was denn, das ist die Wahrheit. Du wolltest doch immer, dass ich dir alles erzähle.", lacht er leise und drückte dann seine Zigarette aus.

"Das meine ich nicht.", kichere ich und schließe wieder die Augen.

Das meine ich nicht.", verstellt er seine Stimme und äfft mich nach.

"Hör auf!", quietsche ich und drücke mich hoch.
Schnell greift er mir mit der Hand in den Nacken und drückt seine Lippen auf meine.

Er schmeckt leicht nach Rauch und Pfefferminz, sein Aftershave steigt mir in die Nase.

"Miguel.", flüstere ich zwischen seinen sanften Küssen, doch er hört nicht auf.
Im Gegenteil.
Es scheint ihn anzuspornen, denn im nächsten Augenblick fährt er mit seiner Zunge über meine Lippen und schiebt sie gekonnt in meinen Mund.

Ich muss leicht Keuchen.

"Wehr dich doch.", wiederholt er leise seine Worte von vorhin.
Aber ich will mich nicht wehren. Eigentlich sollte ich ihm eine verpassen, dafür, dass er nicht auf mich hört.

Ich klettere auf seinen Schoß, um ihm näher zu sein. Automatisch legt er seine starken Hände auf meine Taille und verfestigt den Griff. Er drückt mich näher gegen seine Mitte und muss sich stark beherrschen.

"Fuck, ich sollte dich hier sofort nehmen.", keucht er.

"Mach doch.", sporne ich ihn atemlos an.

"Sag' sowas nicht, dios."

Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken, während er meine Kinnlinie entlang küsst.

"Okay stopp."
Unterbreche ich das Ganze, weil es definitiv in die falsche Richtung geht. Sofort entfernt er seine Hände von mir und hält sie neben seinen Kopf.

So, als würde er sich ergeben.

Ich muss kichern, weil es witzig aussieht.
Er schmunzelt mich leicht an, dann nickt er nach rechts als Zeichen, dass ich mich wieder neben ihn setzen soll. Mit einem Grinsen auf den Lippen klettere ich von ihm runter.

Ich kann die Beule in seiner Hose deutlich erkennen, sage jedoch nichts. Immerhin bin daran ja auch nicht unbeteiligt.

Frohes neues Jahr ihr Lieben!!
Ich hoffe ihr hattet einen schönen Abend :)

Mi amorWhere stories live. Discover now