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Manchen wird vielleicht beim lesen auffallen, dass die ersten Kapitel teilweise dem Buch „Obscura" von @00elem00 ähneln. Das habe ich irgendwie unbewusst gemacht, da ich Ghost Elementary zu der Zeit gelesen habe, ich hatte nicht vor die Story zu kopieren oder so.
Meiner Meinung nach ist das aber nur am Anfang der Geschichte. In den späteren Kapiteln sind nur noch meine eigenen Ideen dabei. Gebt den Buch bitte trotzdem eine Chance.

Gehetzt rannte ich die Treppe im Rekordtempo runter und eilte in die Küche. Dort schnappte ich mir meine rote Butterbrotsdose, schmiss sie in meinen Rucksack und zog die Schuhe an. "Wieso hast du mich nicht früher geweckt?", rief ich Mum hinterher, bevor ich durch die Tür verschwand. Ohne Zeit zu verlieren öffnete ich die Garage, die neben unserem Haus stand und schob mein Fahrrad heraus. Meinen Rucksack schmiss ich in den Korb auf dem Gepäckträger und trat heftig in die Pedale.
Verflucht, ich kam schon wieder zu spät!
Das kam davon, wenn zwei Schlafmützen allein in einem Haus wohnten.

Die Ampel war kurz vor rot, als ich die Kreuzung überquerte. An meiner Schule angekommen, stellte ich mein Fahrrad ab, schloss es halbherzig ab und raste zu meinem Klassenraum. Schnell setzte ich mich auf meinen Platz und das keine Sekunde zu früh, denn schon kam unser Lehrer Mister Baskin herein. Außer Atem packte ich meine Mathe Sachen aus und richtete meine zerzausten, schwarzen Haare. Meine Freundin Dahlia neben mir tippte mich lächelnd an der Schulter an: "Na wieder verschlafen, Dornröschen?"
"Hör auf mich so zu nennen, wenn ich zu spät komme."

Dahlia lächelte immernoch über mich, als Mister Baskin unser neues Thema erklärte. Meine beste und einzige Freundin hier hatte blonde, bis kurz über die Schulter reichende Haare. Die vorderen kurzen Strähnen, klemmte sie immer mit einer Haarspange zurück. Heute trug sie ein weißes T-shirt mit einer großen Kirsche vorne bedruckt und eine Jeansshorts. Durch ihre blasse Haut stachen ihre blauen Augen noch mehr hervor, fand ich. Ich selber hatte zwar auch eine blasse Haut, aber sonst war ich das Gegenteil von ihr. Meine Haare waren ein dunkles schwarz und meine Augen ein so dunkles braun, dass es auch als schwarz durchgehen könnte. Ich hatte mir heute morgen schnell ein graues
T-shirt übergeworfen und trug dazu auch eine einfache Jeansshorts.

Mathe war vorbei und Dahlia und ich saßen auf einer Holzbank auf dem Schulhof. Vor uns tummelte sich der Rest der Schule . Wir beide waren mit 16 auf der Ashford High School. Dahlia legte den Kopf zurück und ließ die Sonne auf ihr Gesicht scheinen. Es war mitte Juni, also fast Ende des Schuljahres und dafür schon erstaunlich warm. "Ich kann es kaum erwarten, bis wir Ferien haben.", seufzte Dahlia. Ich pflichtete ihr bei und biss von meinem Butterbrot ab.

In Sport sollten wir um die Wette laufen und unsere Lehrerin Miss Hildebrand war nicht die sanfteste. "Die ersten Fünf an die Linie. Der Letzte macht zehn Liegestütze.", donnerte sie, wie immer. Ich seufzte. Meistens war ich die Letzte oder mit etwas Glück die Vorletzte. Schnell laufen war halt einfach nicht mein Ding. Allgemein war ich in der Schule nicht die Beste. Ich lag meistens so im vierer Bereich.
Als ich an der Reihe war, stellte ich mich ohne große Hoffnung an der weißen Linie auf. Dahlia war schon vor mir gelaufen. Sie hatte den zweiten Platz gemacht. Die Lehrerin pfiff in ihre Trillerpfeife und wir sprinteten los. Sofort war ich die Letzte.
Ach nicht schon wieder!
"Lillith, streng dich mal an!", rief die Lehrerin mir zu, "sonst bleibt deine Note so!"
Ich biss die Zähne aufeinander und zwang mich noch schneller zu laufen.
Trotzdem war ich noch ganz hinten.
Ich will nicht schon wieder Letzte sein.

Plötzlich erfüllte ein komisches Kribbeln meinen Körper und ich fühlte mich seltsam leicht. Meine Füße rasten über den Boden und in Null Komma nichts war ich die Erste. Das Mädchen hinter mir blickte mich verwirrt an, bevor ich die Ziellinie überquerte. Ich blinzelte.  Ich war erste! Wie war ich so schnell gewesen? Ich kam selber noch nicht drauf klar, als Dahlia zu mir kam und sofort fragte: "Wie hast du das gemacht? Du warst so... verdammt schnell!!!" Ich zuckte die Schultern: "Ich hab keine Ahnung. Es ging so schnell. Plötzlich war ich vorne." Die ganze Klasse war überrascht von meiner plötzlichen Schnelligkeit. Emely, die dank mir Zweite geworden war, blickte mich hingegen verärgert an. Sie war die Schnellste und Beste in Sport. Dass ich sie überhole, war völlig absurd!
Mir war es selber ein Rätsel, wie ich das geschafft hatte. Kopfschüttelnd zog ich mich wie die anderen um.
Vielleicht war es ein Adrenalinkick gewesen.

Dienstag und Samstag hatte ich mit Dahlia immer Fechten. Wir machten es jetzt schon drei Jahre zusammen und ich würde sagen wir waren beide relativ gut. Selbstverständlich gab es noch Luft nach oben.
Als erstes machten wir ein Aufwärmspiel, danach übten wir Beinarbeit und dann kam es endlich zum eigentlichen Fechten. Wir hatten eine Bank vor die Bahn gestellt und die Maschine, die die Treffer zählte aufgebaut, also zogen wir unsere Fechtsachen an. Als ich aus der Kabine rauskam, fochten gerade Dahlia und Michelle gegeneinander. Michelle war schon fünf Jahre hier und echt gut. Dahlia verlor 5:10. Als nächstes rief unser Trainer Carsten und mich auf. Carsten ist ein braunhaariger Idiot, der meinte, alles zu können und diesen arroganten Gang hatte.

Ich stöhne und ging zu Dahlia, damit sie mir das Kabel geben konnte, mit dem wir uns an der Maschine anschlossen. "Mach ihn fertig.", flüsterte meine Freundin und drückte mir das Kabel in die Hand. Ich nickte und ging zur Bahn. Dahlia konnte Carsten genauso wenig ausstehen wie ich.

Als wir fertig waren stellten wir uns richtig hin und wartete auf das Signal unseres Trainers. Beim Fechten gibt es nämlich immer einen Obmann, der die Punkte vergibt: "Stellung. Fertig? Los!"

Carsten und ich preschten nach vorne. Er schlug mir auf den Kopf, ich ihn auf die Flanke. Wir beide hatten getroffen, niemand hatte das Angriffsrecht, also kein Punkt. Wir stellten uns wieder auf und unser Trainer gab erneut das Startsignal. Diesmal tat ich so, als wollte ich ihm auf die Flanke hauen und er versuchte zu parieren. Letztendlich schlug ich ihm auf den Kopf. Punkt für mich.

Auch wenn ich den ersten Punkt gemacht hatte, stand es nacher 9:1. Noch ein Punkt und Carsten würde gewinnen. "Komm schon Lillith.", stichelte er, "sei ein Gegner für mich." Seine Freunde lachten und ich konnte sein selbstsicheres Grinsen hinter der Maske sehen. Ich hielt meinen Säbel fester. Wütend blickte ich ihn an und ging erneut in Fechtstellung. Ich würde ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht wischen! Grimmig fixierte ich ihn und plötzlich war da wieder dieses Kribbeln. So ähnlich, wie bei Sport in der Schule und doch irgendwie anders.

"Stellung. Fertig? Los!"
Mit diesem Kribbeln im Körper ging ich vor und zwar so schnell, dass er keine Zeit zum reagieren hatte. Er war gerade einen Schritt gegangen, da traf ich ihm schon am Kopf. Auch unser Trainer blinzelte einmal bevor er erneut rief: "Stellung. Fertig? Los!"
Diesmal ging ich langsam und ruhig auf Carsten zu. Dabei betrachtete ich ihn, wie ein Raubtier seine Beute und ein Knurren kam aus meiner Kehle, aber das hörte keiner. Mein Gesicht wurde von der Maske verdeckt. Wir beide gingen nach vorne und er versuchte mich an der Flanke zu treffen. Doch kaum hatte ich eine Bewegung seines Arms gesehen, schoss meiner zur Seite und ich parierte seinen Schlag. Keine Sekunde später traf ich ihm erneut am Kopf.

Als wir dann wieder an der Startlinie standen, war dieses Grinsen aus seinem Gesicht verschwunden und auch seine Freunde lachten nicht mehr über mich. Gut so.
Aber ich war noch nicht fertig. In mir war immernoch dieses Kribbeln und eine eigenartige, kalte Wut, die nicht zu mir gehören schien.
Auch für die nächsten Runde waren meine Reflexe erstaunlich schnell und nur eine Bewegung, ein Blick seiner Augen verriet mir, was er vor hatte. Am Ende gewann ich 9:10.

Ich nahm die Maske ab und fuhr mir einmal durch die verschwitzten Haare, bevor ich in die Mitte der Bahn ging und Carsten, wie es sich gehörte, die Hand schüttelte. "Das nächste Mal.", sagte ich so leise, dass nur er es hörte, "passt du besser auf was du sagst." Damit ging ich und ließ einen verwirrten Carsten stehen. Kann sein, dass es komisch klingt, aber ich hatte das Gefühl, dass das eben jemand anderes gesagt hat und nicht ich...

Für die, die den Begriff 'Flanke' und 'Angriffsrecht' nicht verstehen:
Beim Säbelfechten gibt es drei Punkte an denen du Treffen kannst: Bauch, Flanke, Kopf. (Du kannst auch einen Stoß machen, aber darauf gehe ich jetzt nicht ein)
Kopf ist der Kopf deines Gegeners,
Flanke ist dein linker Arm
und mit Bauch meint man deine rechte Schulter.
Beim Fechten spielt auch das Angriffsrecht eine entscheidende Rolle. Am Anfang hat keiner das Recht, also wenn beide treffen geht der Punkt an keinen. Wenn einer versucht den Gegner zu treffen, aber nicht trifft, hat er sein Angriffsrecht verspielt und der andere darf angreifen. Wenn er jetzt trifft ist es sein Punkt, wenn nicht gehört das Angriffsrecht wieder dem ersten.

Lillith das schwarze Element Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt