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Am nächsten morgen verließen wir das Gasthaus in aller Frühe. John wollte die durch das Gewitter verlorene Zeit so gut es ging aufholen.
„Wir haben viel zu lange gebraucht und dich zu kriegen.", erklärte John mir, als wir so früh raus mussten.

Unser Weg setzte sich fort durch den Wald, zwischendurch überquerten wir eine Grasebene oder ein Feld. Devon blieb mir gegenüber freundlich, unser Gespräch im Zimmer des Gasthauses sprachen wir beide aber nicht nochmal direkt an, Max rivalisierte nach wie vor mit Devon und Ellie trainierte mich weiter im Bogenschießen.
Ich behielt Ellies Sachen an. Sie waren viel praktischer zu tragen.

Die dunklen Gedanken blieben, egal wie sehr ich mich ablenkte, sie kamen immer wieder zurück. Die Kälte hatte sich nicht verändert und die Gefühllosigkeit auch nicht. Aber leider hatte sich der Druck auf meine Brust verschlimmert. Mit jedem Tag ist er etwas stärker geworden, inzwischen ein unangenehmes pressen auf meinen Brustkorb. Wie als hätte jemand etwas schweres drauf gelegt.
Ich wusste, dass der Druck von den Fesseln kam, aber sie abzunehmen war keine Option. Nicht für die Hunter und nicht für mich. Ohne die Fesseln könnte der Dunkle Mond in mir wieder die Oberhand gewinnen.

„Das ist unser letzter Rast", informierte Devon mich leise, während wir zusammen die Pferde absattelten, „Morgen erreichen wir das Lager."
Ich schaute zu ihm und hörte kurz auf die Schnallen am Sattel zu lösen. Morgen. Morgen würde ich in einem Lager voll mit Huntern sein, die mich tot sehen wollten.
„Gut. Dann ist die Welt mich in wenigen Tagen los.", sagte ich leise, mehr zu mich selbst als zu Devon, aber er hörte es trotzdem.
„Es steht nicht fest, dass sie dich töten.", Devon schaute mich aus seinem braunen Augen an, „Vielleicht haben sie was anderes mit dir vor."
Irgendwie klang es so, als wolle er sich selbst überreden, das zu glauben.

„Was denn? Mich auf ewig zur Drecksarbeit verdonnern?" Ich schnaubte.
„Sie wollen mich für den Tod und die vielen bösen Dinge bestrafen, die ich in meinen vorherigen Leben getan habe. Der Tod ist wahrscheinlicher, denke ich."
Er schwieg, schien nachzudenken und einzusehen dass ich recht hatte.
„Ich denke da liegst du wohl richtig.", nickte er und machte sich weiter daran, dem Pferd den Sattel abzunehmen.

Nach dem Essen am Feuer, gingen wir in unsere aufgebauten Zelte. Ich schlüpfte wie immer in Devons Zelt und auch diesmal hatte er mir etwas zum schlafen aus Decken gemacht.
In der Dunkelheit wurde mir bewusst, dass es meine letzte Nacht in diesem Zelt sein würde. Der letzte Tag, den ich komplett mit ihm und den anderen verbracht hatte. Kein Schießunterricht bei Ellie mehr und das versprochene Schwertduell mit Devon würde wohl ausbleiben.

Aus irgendeinem Grund machte mich das ein wenig traurig. Es war mit Devon in manchen Momenten ganz schön gewesen, das musste ich zugeben.
Ich klammerte mich an dieses Gefühl, so fühlte ich etwas. Eine Abwechslung zu dem sonstigen Loch. Das war immer noch da, genauso wie der inzwischen starke Druck auf meiner Brust, aber das bisschen Trauer, lenkte mich davon ab.
Die Gedanken lullten mich in den Schlaf, in dem ich erneut von einem Albtraum heimgesucht wurde.

Vor mir erstreckte sich eine schier endlose schwarze Ebene. Über mir Hang ein wolkenloser Himmel, der aber trotzdem düster und grau war. Kein Windzug wehte und es herrschte eine Stille. Stille die einen unter die Haut drang und einem Angst einjagte.
Ich sah mich um, aber es gab nichts, was ich hätte sehen können. Mein Blick richtete sich auf den schwarzen Boden und mir blickte mein Spiegelbild entgegen. Der Boden schien aus Glas zu bestehen.
Ich sah mir ein Spiegelbild an, bis sich plötzlich die Augen schwarz färbten und das weiße ausfüllten.

Mit einem erschrockenen Aufschrei stolperte ich zurück, als schon eine Stimme ertönte: „Monster!"
Ich fuhr herum, aber da war niemand.
„Monster", hallte es wieder über die Ebene und ich drehte mich abermals um, um den Ursprung der Stimme erkennen zu können.

Lillith das schwarze Element Where stories live. Discover now