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Unsere Gruppe bewegte sich größtenteils in Schweigen voran. Besonders Devon hinter mir war still. Und das den ganzen Ritt über.

Aber von mir konnte man auch nichts anderes behaupten. Ich hielt meinen Mund geschlossen und starrte stumm vor mich hin. In ein paar Stunden würde ich im Lager sein. Umgeben von Huntern, die ganz bestimmt nicht so freundlich gesinnt waren wie Devon.
Ich dachte außerdem an gestern Nacht, als Devon mich in den Armen gehalten hatte, bis meine Tränen versiegt waren. Wie konnte er nur so unglaublich... nett sein. Nett traf es nicht mal wirklich.
Ich meine, die ganze Reise über hatte Devon mich nicht wirklich wie eine Gefangene oder eine Mörderin behandelt. Mehr als ein normales Mädchen. Und er wusste ziemlich genau, was ich getan hatte.

Mittag erreichten wir das Lager. Als wir darauf zuritten, spürte ich, wie Devon sich hinter mir ein wenig anspannte. Max hingegen lächelte, er schien froh zu sein endlich das Lager erreicht zu haben.

Das Lager war von einer Wand aus grauen Stein umgeben. Oben konnte ich zwei Hunter stehen sehen, die offenbar das Tor, auf das wir zuritten überwachten. Oben, wo die Wachen standen, gab es nochmal kleine dicke Türme mit Fenster, wo man bei Regen stehen konnte und das Tor im Blick hatte. Sie alle trugen die Lederkluft, wie meine Begleiter und hatten ihre Hände auf ihre Schwerter gelegt. Allerdings wirkten die beiden Männer eher gelangweilt als achtsam.

Mein Blick glitt weiter zum Tor. Es stand offen und war im Gegensatz zu der Steinmauer aus Holz gebaut. Von weitem konnte ich nur grob erkennen, was Innen vor sich ging. Ich sah lediglich Menschen hin und her laufen und etwas weißes herumstehen. Wahrscheinlich Zelte.

Als wir am Tor ankamen, nickte John den beiden Wachen freundschaftlich zu und sie erwiderten die Geste. Bei mir verwandelte sich der Blick in Hass und ich senkte den Kopf.
Ich sollte Angts haben, dass wusste ich aber mir war höchstens ein wenig mulmig zu Mute. Indem ich die Schüler und damit einen Teil meiner Selbst getötet hatte, war alles bedeutungslos und leer geworden. 
Wir ritten in einer Reihe durch das Tor, mir entging nicht, wie dick die Steinwand war und vor uns eröffnete sich das gesamt Lager. Überall standen weiße Zelte in unterschiedlichen Größen, der erdige Boden war festgetreten von den vielen Hunter. Sie liefen mit Waffen und Lederkluft umher, das ernste Gesicht geradeaus gerichtet.
Lachen drang an mein Ohr und ich drehte den Kopf nach links. Eine Gruppe von Jungs übte mit einem Holzschwert, etwas weiter weg standen Mädchen mit Pfeil und Bogen, mit denen sie auf Strohpuppen schossen.
Das Lager schien recht belebt und garnicht so grausam, wie die Hunter sich anhörten. Ich sah kein Blut und das Lachen blieb nicht aus. Eine gewisse Ernsthaftigkeit war zu spüren, aber die Hunter wirkten keineswegs anders als die Elementes in der Schule.

Sobald wir das Tor durchquert hatten, entdeckte man uns schon. Ein Mann in Johns alter zeigte auf uns und rief: „Sie habe den Dunklen Mond!"
Der Ruf wurde weiter gegeben und innerhalb weniger Minuten hatte man sich um unsere Pferde versammelt.
Wir stiegen ab, Devon half mir dieses Mal nicht dabei, also rutschte ich nich unbedingt Eleganz runter, während meine Begleiter lächelnd begrüßt wurden. Man schüttelte ihnen die Hand oder klopfte ihnen anerkennend auf die Schulter.

Mich ignorierte man, oder erdolchte mich mit bösen und hasserfüllten Blicken. Ich hatte sowas schon erwartet, aber es traf mich trotzdem und vor manchen Blicken zuckte ich sogar zurück.

Nach einer Weile, in der die vier Hunter freundlich willkommen geheißen wurden, teilte sich die Menge.
Devon und die anderen drehte sich in die Richtung um, also tat auch ich es.

Vor uns schritt mit erhobenen Kopf ein älterer Mann durch die Menge. Alle traten widerstandslos zurück und ließen ihn schweigend durch. Sein Haar war lang und schwarz, er trug es auf halber Höher mit einem blutroten Stoffstreifen zusammengebunden. Seine Lederkluft war schwarz und dazu mir silbernen Panzern an den Schultern verziert. Sie hielten den Umhang, der in der gleichen Farbe war, wie der Stoffstreifen, fest. Der Umhang reichte ihm bis zu den Fersen seiner Stiefeln und wehte leicht hinter ihm her. Um die Hüfte trug er ein Schwert mit silbernen Knauf und Griff.
Sein Gesicht war ernst und zeugte von vielen Jahren des Kämpfen. Er sah nicht älter aus als vierzig, aber in seinen grauen Augen glänzte es, als hätte er schon viele Grausame Dinge gesehen.

Lillith das schwarze Element Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt