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Alenia
Ich rastete unter einer Trauerweide an einem See und aß an den dicken alten Stamm gelehnt ein Sandwich aus meinem Proviant.
Mein Kopf lehnte ebenfalls an der Rinde und ich starrte auf den Fluss, der leise plätscherte.

Ich war immer noch auf der Suche nach Lillith und hatte bis jetzt keinen Hinweis gefunden. Mehr oder weniger war ich in eine instinktive Richtung geflogen.
Meine Tasche mit dem Proviant lag neben mir und ich legte die Reste des Sandwiches wieder rein. Ich sollte nicht allzu viel essen, das Essen sollte für lange genug reichen.

Leise seufzend rappelte ich mich an den Baum gestützt auf. Ich war jetzt eine Woche unterwegs und hatte bis jetzt nur vereinzelte Spuren gefunden. Fußabdrücke, Haare oder die Anzeichen, dass jemand unter einem Busch geschlafen hatte. Dadurch, dass sie aber soweit voneinander entfernt waren, verließ ich den Weg unabsichtlich immer wieder und brauchte dementsprechend länger.
Als ich prüfte, ob ich Spuren hinterlassen hatte, überkam mich wieder der Gedanken wie unvorhersehbar das alles war. Nie im Leben hätte ich diese Wendung erahnen können. Ich war nun hier und jagte meine Freundin, um sie zu töten. Naja, ehemalige Freundin wohl eher.

Ich musste wieder an Blutmond denken und die vielen Toten Schüler, die in der Schule gelegen hatten. Verkrüppelt und voller Blut. Alles Lillith' Werk und beinahe wäre auch ich drauf gegangen.
Ich sah wieder Lillith über mir stehen, das Schwert zum finalen Stoß bereit, als plötzlich ein zucken durch ihren Körper ging und sie lange genug dagegen ankämpfte mich zu töten, damit ich mich wegrollen konnte.
Sie hatte ihrer Blutlust einen kleinen Moment standgehalten. Für mich.
Ich rieb mir die Schläfen und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Trotzdem musste ich sie töten. So lief das zwischen den ersten Mächten des Universums. Eines gewann indem es das Andere tötete. Und ich musste gewinnen, sonst würde der Dunkle Mond mehr Grauen verbreiten.

Ich hatte die Tagebücher meiner Vorfahren gelesen, die Lillith und ich in der geheimen Bibliothek gefunden hatten. Bei allen lief es auf das Selbe hinaus. Ein Kampf um Leben und Tod zwischen der Scheinenden und dem Dunklen Mond, wobei die Scheinende bis jetzt immer gesiegt hatte. Erstaunlicherweise.

Ich stieß mich vom Boden ab und stieg in die Luft. Ich flog so hoch ich mich traute, um mir einen Überblick zu verschaffen. Im Norden sah ich eine kleine Ansammlung von Häusern, nicht weit von meinem jetzigen Standort (oder eher Schwebeort).
Vielleicht war Lillith dort durch gekommen?

Also flog ich in diese Richtung und landete auf der Wiese davor. Hinter mir endete gerade der Wald und vor mir standen die kleinen, hellbraunen Häuser des Dorfes. Ich hörte ein munteres Treiben und steuerte darauf zu.

Gerade räumten sie alles vom Erschaffungs-Fest weg, das Fest mich und Lillith zu ehren. Eigentlich Schade, dass ich es verpasst hatte.

Ziellos schlenderte ich durch die Straßen und gelangte auf den Marktplatz. Dort lag ein großer verkohlter Holzhaufen. Das Feuer in dem man das Papier mit einer Sünde reinwirft. Nachdenklich starrte ich auf den schwarzen Haufen, an dem noch ein leichter Rauchgeruch dran hing. Was hätte Lillith reingeworfen? Den Tod der fünfzehn Schüler durch ihre Hand? Oder fühlte sie sich deswegen nicht schuldig?
Ich schnaubte über mich selbst. Natürlich nicht. Sie war der Dunkle Mond. Er fühlte sich für Mord nicht schuldig.

„Kann ich Ihnen helfen?"
Ich drehte mich zu einen Mann mittleren Alters um, der mich freundlich anlächelte, wodurch sich Lachfältchen um seine Augen bildeten.
Ich lächelte leicht zurück und erklärte: „Ich suche meine Freundin. Schwarze Haare, blasse Haut, dunkelbraune Augen. Sie ist so alt wie ich."
Der Mann überlegte und schien sofort einen Einfall zu haben
„Vielleicht ist es die neue Kellnerin beim Gasthaus? Sie würde auf ihre Beschreibung passen."
Mein Herz schlug schneller.
„Wo ist dieses Gasthaus?"
Der Mann deutete über seinen Rücken nach hinten: „Ich zeige Ihnen den Weg, wenn Sie wollen. Es ist nicht weit und ich bin sowieso auf den Weg dorthin." Er klopfte sich auf den leichten Kugelbauch. „Mittagessen."
Ich nahm das Angebot dankend an und folgte ihm.

Lillith das schwarze Element Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt