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Lillith
„Lillith", Alenia sah beunruhigt zu mir, „Er sagt die Wahrheit."

Entgeistert sah ich erst sie und dann den wildfremden Mann vor mir an. Er war blass und seine Augen geweitet.
Nochmal betrachtete ich ihn von oben bis unten. Beziehungsweise das, was ich hinter der Theke von ihm sehen konnte. Sprich, seinen Oberkörper.

Meine Augen glitten über die kurzen ergrauten Haare, über die etwas muskulösen Arme, die graue Tunika... und zuletzt zu seinen grauen Augen. Egal wie lange ich ihn ansah, nichts erkennendes tauchte in mir auf.

Aber Alenia, die Scheinende, sagte er würde die Wahrheit sprechen. Sie musste das mit ihrer Magie irgendwie spüren. Vielleicht hatte sie ihm auch ins Herz geschaut.

„Ich kenne Sie nicht", sagte ich verschlossen und verschränkte die Arme vor der Brust. Woher tauchte der denn jetzt bitte auf? Ich würde nicht irgendeinem Fremden glauben, der mich nach einmal sehen, als seine Tochter wiedererkannte. Bestimmt verwechselte er mich.
„Sie müssen mich verwechseln."

Er bekam wieder etwas Farbe im Gesicht, aber er ließ nicht locker: „Ich werde wohl meine eigene Tochter erkennen."
Er ging um die Theke herum und einen Schritt auf mich zu.
Im Augenwinkel sah ich, wie Devon eine Hand auf sein Schwert gelegt hatte, Alenia sah den Mann nur mit zusammengekniffenen Augen an.

„Dein Mutter hat dich zu den Nementes gebracht."
Ich veränderte meine abweisend Miene nicht. Warum wusste er das?
„Du bist dort aufgewachsen, ohne eine Ahnung deiner Kräfte."
Woher zum Teufel wusste er das?!

Meine Arme waren immer noch verschränkt, aber ich wurde nachdenklich. Wenn Alenia sagte, dass er nicht log und er das alles wusste. Meinen Namen und die Tatsache, dass meine Mutter mich abgegeben hatte...

Alenia bewegte sich und kam zu mir. Sanft legte sie eine Hand auf meine Schulter: „Er ist wirklich deine Vater. Er lügt nicht."
Ich biss mir auf die Lippe und sah den Mann vor mir böse an. Und wenn schon. Was wollte er von mir?

„Mal angenommen das stimmt", seine Augen leuchtete hoffnungsvoll auf, „Was soll jetzt passieren?" Wenn er dachte, ich würde mir viel trallala mit ihm mitkommen und bei ihm bleiben, hatte er sich heftig geschnitten.

Der Mann befeuchtete seinen Lippen: „Naja... Also. Ich würde dich gerne kennen lernen."

Meine Arme blieben verschränkt. Wollte ich das? Wollte ich dass er mich kannte und ich ihn? Ehrlichgesagt war das schwierig zu erkennen. Die Leere nahm meine Gefühle weg und ich schaffte es nicht sie zu erfassen. Aber ich glaube, ich... ich hab ein wenig Angst.

Sie hatten mich damals einfach weggeben und vor die Tür einer Fremden gesetzt. Bei ihnen zu Hause ging es ja nicht. Ich durfte nicht bei ihnen aufwachsen weil es „nicht sicher ist". Was sollte das schon heißen? So hatte es meine Mutter in den Brief geschrieben.

Vielleicht hatten sie mich nicht gewollt. Vielleicht wussten sie, dass ich ein Monster werden würde, vielleicht hatten meine Eltern sogar gewusst, dass ich der Dunkle Mond war.

Aber das waren mir Vermutungen. Würden sie bestätigt oder das Gegenteil bewiesen werden?
Ich schätze vor dieser Antwort hatte ich Angst.

„Nun. Dafür ist es ziemlich spät."
Die Schultern des Mannes sanken ein wenig nach unten: „Bitte. Für ein, zwei Nächte. Du bist doch meine Tochter."
Es war seltsam, dass jemand fremdes dich Tochter nannte. Aber dass ich seine war, konnte ich wohl glauben. Alenia hatte es bestätigt.

Lillith das schwarze Element Where stories live. Discover now