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Geschafft, aber froh für die Ablenkung, die mir mein neuer Job gab, ließ ich mich auf den Stuhl in der Küche fallen. Magret stand schmunzelnd an den Herd gelehnt und trocknete gerade einen Teller mit dem blauen Tuch ab. Erik saß mir am Tisch gegenüber und blätterte in einer Zeitung. Bei den Elementes wurde die immer Abends verschickt. Und das nach dem gleichen Prinzip wie Briefe. Die Zeitung war vor wenigen Minuten vor Erik mit einer Flamme aufgetaucht.
Camilia hatte ihre Schicht beendet und erstmal eine Pause, wie ich. In zwei Stunden würde sie wiederkommen und mit mir weiter bedienen. Wir öffneten ja immer nochmal um neun und die, die wollten, konnten was trinken.
Carisa war schon seit einer Stunde im Bett und schlief sicher schon.

Magret stellte mir fürsorglich ein Glas Wasser hin: „Du hast sehr gut gearbeitet." Ich lächelte sie dankend an, sowohl wegen dem Kompliment als auch wegen dem Wasser und trank einen Schluck.
Magret drehte sich zu ihrem Mann und fragte neugierig: „Was gibt es neues?"
Erik, der mit gerunzelter Stirn einen Artikel auf der Titelseite las, antwortete nach kurzem Schweigen: „Der Dunkle Mond hat die Elementes-Schule angegriffen."
Ich verschluckte mich heftig an meinem Schluck Wasser und musste kräftig husten.
Die Zeitung wusste es schon?
Magret hatte die Augen erschrocken aufgerissen und Erik fuhr ernst fort: „Er soll dort fünfzehn Schüler ermordet haben und niemand konnte es verhindern. Der Blutmond hat ihn stark gemacht und man konnte ihn nicht aufhalten. Er ist auf der Flucht und allen ist zur erhöhter Achtsamkeit geraten."

Magret hatte die Hand vor den Mund geschlagen und schien etwas geschockt. Dann schaute sie zu mir und ihr Blick wurde besorgt: „Was ist los? Du bist so blass?"
Ich hatte meine Hände um das Glas Wasser gekrallt und es wunderte mich, dass es noch nicht zersprungen war. 
„Ja... Ich bin nur geschockt", sagte ich und versuchte ruhig und tief zu atmen in der Hoffnung so mich zu beruhigen.
Ich hatte fünfzehn Leute abgeschlachtet und wegen mir wurden alle in Alarmbereitschaft gesetzt!
Ich spürte die Leere wieder deutlicher und das Loch in mir schmerzte.

„Gibt es ein Foto?", fragte Magret und Erik schüttelte den Kopf.
„Nein. Aber hier steht, er wird schon gejagt."
Alenia.
Es musste Alenia sein. Sie suchte mich.
Ich schluckte und versuchte vergeblich dieses hässliche Gefühl in mir zu vertreiben.
Vielleicht war es sogar besser wenn sie mich fand? Sie würde mich vermutlich töten müssen.
Mein Leben für die anderen fünfzehn, die ich beendet hatte. War das nicht eine gerechte Strafe?

Das Ehepaar schwieg eine Weile und Magret sprach plötzlich mich an: „Ich denke du solltest nicht im Dunklen irgendwo hingehen, falls du das mal vorhaben solltest. Ich denke, dass ist momentan nicht sicher."
Fast hätte ich bitter aufgelacht. Ich war dieses Monster vor den man sich schützen sollte und sie hatte keine Ahnung, dass sie und ihre Familie schon längst in Gefahr waren.
„Ok", mehr konnte ich nicht sagen. Ein Gewicht schwer wie Blei drückte auf meine Brust.

Ein sorgenvolles Schweigen hatte sich über uns gelegt, was meine Gedanken nur noch lauter wirken ließ.
Ich bin ein Monster. Eine Mörderin.

„Aber es gibt auch eine fröhliche Nachricht: Bald ist das Erschaffungs-Fest!", Magret durchbrach die Stille und schaffte es sogar zu lächeln.
Dankbar für das neue Thema sprang ich sofort darauf an: „Was ist das?
Überrascht zog sie die Augenbrauen hoch: „Du kennst es nicht?"
Ich schüttelte den Kopf und drehte verlegen das Glas herum. „Ich habe erst später erfahren, dass ich eine Elementes bin. Teilweise ist einiges neu für mich."
Magret, die bis eben gestanden hatte, setzte sich nun neben Erik, der inzwischen einen anderen Artikel las. Ich warf kurz einen Blick auf die Titelseite und schaute schnell wieder weg. Ich wollte nicht wissen, was sie sonst über mich geschrieben hatten.

„Am Erschaffungs-Fest wird die Erschaffung von uns gefeiert. Wir ehren die ersten Mächte des Universums. Vor allem die Scheinende, aber auch den Dunklen Mond. Er hat ja auch bei der Erschaffung der Welt geholfen.", erzählte Magret und ich musste den Blick senken. Eine Feier mir zu ehren?
„Am Tag wird die Scheinende gefeiert und es geht sehr fröhlich zu. Alle tragen weiße Sachen zum Zeichen der Reinheit und des Guten, was die Scheinende verkörpert. Viele flechten sich Blumen in das Haar, als Zeichen von Leben. Es gibt überall leckeres Essen, es wird ausgelassen getanzt und es gibt einige Shows und Wettkämpfe.", sie erzählte es mit einem vorfreudigen Funkeln in den Augen. Es hörte sich auch wirklich schön an.

Lillith das schwarze Element Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt