Kapitel #006

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>Lucy<

"Wenn die Sonne untergeht, wird es kalt! Du holst dir noch den Tod! Zieh dir etwas warmes an, Schatz" pflegte meine Mum immer zu sagen, als ich viel zu leicht bekleidet im Winter in einen Club in der Innenstadt ging.

'Wo sie recht hat, hat sie recht' dachte ich und zog meinen Schwarz-Roten Mantel enger um meine Schultern.

Inzwischen war die Nacht hereingebrochen und nur schwache Laternen erleuchteten die Straßen. Bisher ist mir noch keiner über den Weg gelaufen, der mich hätte einfangen wollen, weder Rebellen noch Polizisten. Wobei ich bei keiner der beiden Parteien glaubte, das sie mit großen Trara und viel Aufmerksamkeit auf kreuzen würden. Dann schon eher jemand, der mich hinter eine dunkele Hausecke zog und mir ein Messer an den Hals hält.

Als ich gerade auf eine Querstraße zur Hauptstraße kam, meldete sich mein Magen wieder und knurrte noch lauter als die letzten beiden Male. Langsam muss ich mal was zu essen auftreiben, sonst würden meine Verfolger nur noch meine ausgehungerte Leiche finden. Wasser war zum Glück kein Problem, es gab einige kostenfreie Trinkbrunnen im Zentrum. Doch Essen wurde langsam problematisch.
Heute Nachmittag war ich schon kurz davor zu klauen, habe aber noch gezögert. So verhungert war ich noch nicht.

Plötzlich meldete sich alarmiert mein Gehör... da waren eindeutig Schritte hinter mir.

Wie lange schon?

Dadurch, dass ich zu viel über Essen Nachgedacht habe, war es mir gar nicht aufgefallen.

Nervös lief ich immer schneller - die Schritte hinter mir (vom Klang her höchstwahrscheinlich männlich) beschleunigten sich ebenfalls. Irgendwann lief ich so schnell, das ich ins rennen wechselte.

"Hey, bleib stehen!" rief der Mann hinter mir, doch ich wurde zur Antwort nur noch schneller.

Mein Vorteil: ich war kleiner, wendiger und schneller. Das musste ich ausnutzen. Einen Moment war ich mir schon sicher, das ich entkommen würde, als plötzlich vor mir jemand aus dem Schatten trat.

Na super, mein Verfolger hat Freunde.

Ich wurde etwas langsamer.
Da vorne stand eindeutig ein Gehilfe meines Verfolgers und wer weiß wie viele hier noch in der Umgebung sich aufhielten. Meine Flucht würde zu 99,9% scheitern.

Also musste ich Kämpfen, aber ob das gut ging?
Ich kleines, kampfunerfahrenes Mädchen gegen zwei muskelbepackte Kerle?
Ich weiß nicht...

Die Schritte hinter mir kamen immer näher und setzten mich immer mehr unter Druck.

Wohin jetzt?
Was soll ich nur tun?

Mit einer schnellen Bewegung wischte ich meine schwitzigen, zitternden Hände an meiner Hose ab und schaute mich panisch nach Rettung um.

Erst da viel mir auf, dass der Freund des Mannes hinter mir komische Bewegungen machte. Winkte er mich etwa zu sich?

Plötzlich rief er "Komm schon, Mädchen! Lauf, verdammt, oder willst du dich schnappen lassen?!".

Etwas irritiert schaute ich ihn an. Meinte er das ernst oder war das eine Falle? Konnte ich dem Typen trauen?

Hin- und Hergerissen stand ich da.

Doch als ich registrierte, wie nah die Schritte meines Verfolgers inzwischen waren, rannte ich wie von selbst los. Mein Selbsterhaltungstrieb hatte mir die Erscheinung abgenommen.

Leider ein paar Sekunden zu spät - der Mann erwischte mich noch am Mantel, hielt mich fest, so das ich der Länge nach auf den harten Asphalt fiel.

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