Kapitel #014

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Das Training am nächsten Tag war mindestens genau so anstrengend, wenn nicht sogar anstrengender.

Am Tag davor hatte ich wenigstens noch keinen Muskelkater. Doch heute tat mir einfach alles weh. Selbst an Stellen, wo ich nicht mal wusste das man Muskeln hat, hatte ich Schmerzen.

Es war bis zum Mittagessen eine einzige Qual, und Alex war wieder vom BFF-Modus in den Trainer-Modus gewechselt und interessierte sich recht wenig dafür, wie sehr mein Körper schmerzte und sich gegen die Anstrengungen sträubte.
Als ich dann nach einer angenehmen Dusche beim Mittagessen saß war ich so erledigt, dass mir sogar die bohrenden Blicke der Leute egal waren.

Komischerweise hatte ich aber nicht so viel Hunger, wie man annehmen könnte. Lustlos stocherte ich im Essen.

"Komm schon, Lu. Du musst was essen. Du hast so viel Sport gemacht..." sagte Alex, wieder im BFF-Modus.
"Ich hab keinen Hunger mehr" seufzte ich und legte die Gabel weg.
"Ist es, weil du nervös wegen nachher bis?" fragte Alex mitfühlend und legte seine Hand auf meine.

Doch irgendwie nervte mich seine Fürsorge gerade ziemlich. Ich mein klar, er ist mein Trainer, aber vorher schnauzte er mich noch an, ich soll gefälligst schneller laufen und jetzt machte er einen auf verständnisvoll. Damit konnte ich nicht umgehen und es ging mir auf die Nerven.

Deshalb zog ich meine Hand unter seiner weg und sagte abweisend "Nein, ich habe nur keinen Hunger mehr".
Alex richtete sich auf (erst jetzt viel mir auf, dass er sich über den Tisch zu mir hin gebeugt hatte) und fragte distanziert "Soll ich dich zum Raum der Gefallenen begleiten?".
"Nein danke, ich glaube, heute finde ich den Weg selber" sagte ich leise und schaute auf meine Hände, da ich mich nicht traute, ihm in die Augen zu sehen.
"Gut. Dann bis später" sagte er trocken, stand mit seinem Tablett auf und ging.

'Und da hab ich's mal wieder versaut' dachte ich niedergeschlagen, während ich Alex hinter schaute. Dann stütze ich meinen Kopf in meine Hände und atmete lustlos aus.

Jetzt war mir der Hunger völlig vergangen.

Also brachte ich das halb volle Tablett wieder zurück und beschloss, mich schon früher auf den Weg zu machen, da ich mich wahrscheinlich sowieso verlaufen werde.

Und auf der Wanderung durch die ewigen Gänge hatte ich natürlich genug Zeit, über Alex nachzudenken. Was ich nicht so toll fand, weil mir erst bewusst wurde, dass ich mit dieser Aktion vielleicht gerade einen meiner besten Freunde unter den Rebellen verloren hatte.

Und das nur, weil ich so zickig war.

Na super, dann konnte ich jetzt nur noch beten, dass er nicht nachtragend war. Wobei ich es verdient hätte. Immerhin war er freundlich und mitfühlend gewesen und ich hatte ihn bloß wegen meinen Stimmungsschwankungen ab geblockt, ich Blöde.

Naja, jetzt konnte ich auch nichts mehr ändern, deswegen versuchte ich mich auf den Weg zu konzentrieren. Allerdings war das gar nicht nötig, denn ohne zu überlegen oder mich zu verlaufen stand ich vor der Glastür des Raum der Gefallenen.

Ein bisschen stolz auf mich war ich ja schon. Man merkt, mein Orientierungssinn macht fortschritte. Aber das war gerade unwichtig. Viel wichtiger war der Raum vor mir und was mich darin erwartet.

Leise öffnete ich die Tür und ging nach oben.

Als erstes war ich von der Schönheit des Raumes überrascht, obwohl draußen nicht die Sonne schien sondern Regen fiel. Doch das ungleichmäßige prasseln gegen das Glasdach beruhigte mich.

Dann ließ ich meinen Blick schweifen und entdeckte die zweite Person im Raum. Ein hochgewachsenes Mädchen mit pechschwarzen Haaren, dass mit dem Rücken zu mir im Schneidersitz auf dem Boden saß und irgendwelche Listen durch las.

CodeworldWhere stories live. Discover now