Kapitel #010

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"Ich weiß ja nicht, ob das so eine tolle Idee ist..." murmelt Cat, als sie mir den Spiegel reicht.

"Den ersetze​ ich dir, versprochen" sagte ich und nahm ihn an.
"Es geht mir nicht um den verdammten Spiegel" regte sie sich auf und fuchtelte mit den Armen durch die Luft "Es geht mir um dich! Was, wenn dein Plan schief geht und irgendwas passiert?".
"Es wird mir nichts passieren. Vertrau mir, hier passen alle auf mich auf wie auf ein rohes Ei. Versuche einfach, deinen Teil des Plans zu erfüllen und mach dir nicht allzu viele Gedanken".
Sie nickte angespannt und sagte dann "Okay. Leg los".

Ohne zu zögern ließ ich den Spiegel los. Wie in Zeitlupe fiel er und zersprang auf dem Boden in tausend Teile, die in alle Richtungen flogen. Dann bückte ich mich und hob eine recht große Scherbe auf.

Mir einem Finger drückte ich gegen sie. Nur Sekunden später hatte ich eine kleine Schnittwunde in meinem Zeigefinger, aus der etwas Blut quoll.

Scharf.
Das war gut.

Ich schaute auf zu Cat, die auf meinen Finger starrte und mich dann gequält anguckte "Müssen wir das machen?".
"Ja. Mach dir keine Sorgen" antwortete ich schlicht.

Sie trat nur einen Schritt auf mich zu und umarmte mich fest. Nachdem wir uns voneinander gelöst hatten, gingen wir zur Tür uns atmeten noch einmal durch.

"Viel Glück" murmelte Cat.
"Gleichfalls" erwiederte ich, dann stieß sie die Tür auf und unsere Wege trennten sich.
Während sie nach links ging, ging ich den Gang nach rechts entlang.

Ich lauschte noch auf ihre Schritte die langsam verklangen und lief dann eine Weile in Stille. Die einzigen Geräusche waren mein Atem und meine Schritte.

Doch dann hörte ich plötzlich wieder Stimmen und als ich um die nächste Ecke kam standen dort zwei Wachen vor einer Zimmertür und diskutierten mit einem jungen Mann, der so um die dreißig sein dürfte.

Als mich eine der Wachen bemerkte, tippte er seinen Partner an und deutete auf mich.
Der junge Mann in der Tür erstarrte.

"Lucy Winter?" fragte die erste Wache und kam einen Schritt näher.
"Ja?" fragte ich trocken.
"Mitkommen!" sagte die zweite Wache barsch und kam jetzt mit großen Schritten auf mich zu.

Aber ich hob die Spiegelscherbe an meine Hauptschlagader und sagte emotionslos "Keinen Schritt näher! Oder ich begehe Selbstmord".

Die Wachen erstarrten.

Ich lächelte "Und jetzt, bringt mich zu Colin Hawkins, oder ihr könnt euch eine andere Rettung suchen".

***

"Ganz schön genial, dein kleiner Trick" lachte Colin, als wir wieder in einen Raum traten, allerdings einen anderen als vor zwei Tagen.

Mit 'wir' meine ich natürlich die beiden Wachen, die mich begleitet haben und mich. Ich hielt immer noch die Scherbe gegen meinen Hals.

"Mir blieb nichts anderes übrig... man hätte mich sonst nie zu dir gelassen".
"Wo du recht hast..." sagte er und zuckte mit den Schultern "Ich rede eigendlich nur mit Leuten, mit denen ich reden möchte. Und ich bin es nicht gewohnt, dass man nach mit pfeift wie nach einem Hund. Als die Wache vorher sagte, dass du Selbstmord begehst, wenn ich nicht sofort zur Verfügung stehe, dachte ich mit schon, dass das ein Trick ist".
Ich atmete verachtend aus "Oh, tut mir leid, dass der arme, kleine Colin seine Spielzeugautos liegen lassen musste, um mit mir zu sprechen" sagte ich mit vor Ironie triefender Stimme.
Er lachte auf "Ach Süße, dein Temperament gefällt mir immer besser. Du wirst deine Aufgabe mit Bravour bewältigen".
"Was für eine Aufgabe?" fragte ich jetzt todernst.

CodeworldWhere stories live. Discover now