Kapitel #015

11K 689 86
                                    

Die nächsten zwei Wochen vergingen mehr oder weniger wie im Flug, doch die Tage selber zogen sich ins unendliche.

Mit Alex habe ich mich noch nicht... vertragen. Allerdings ließ er auch seine Wut oder Enttäuschung an mir aus oder sowas. Er trainierte mich einfach distanzierter und schaltete irgendwie einfach nie vom Trainer-Modus in den BFF-Modus. Auch wenn ich ihn Nachmittags auf dem Gang traf behandelte er mich wie eine Schülerin und kommandierte mich herum.

Mich machte unser gestörtes Verhältnis privat wirklich fertig. Öffentlich sagte und zeigte ich natürlich niemandem, wie es psychisch in mir aussieht.

Daher beschloss ich, demnächst mal mit ihm zu reden um das ganze zu klären. Schließlich nahm seine... Abwesenheit mich mehr mit, als mir lieb ist. Ich hatte Schlafstörungen, wachte nicht selten mitten in der Nacht schweiß gebadet von einem Alptraum auf, der davon handelte, wie Alex aus Wut auf mich meinen Eltern etwas antat. Oder wie ich am sterben war, seine Hilfe brauchte und er nichts unternahm.

Und richtig essen tat ich auch nicht mehr. Aber nicht aus Absicht oder Protest oder so, einfach, weil ich kein Appetit hab. Ich wurde dünner und schwächer und schon hundert mal hatte Cat mir gesagt, dass das so nicht weiter geht. Wie beschissen ich aussehe (kein Wunder... pechschwarze Augenringe, mager...).

Alex befahl mir sogar, mehr zu essen, aber wie kann ich mehr essen, wenn ich nach zwei Bissen satt bin?

Naja, der Streit zwischen meinem Trainer und mir hatte immerhin auch etwas Gutes: ich kam Dennis wieder näher. Den hatte ich in letzter Zeit total vernachlässigt.

Inzwischen verbrachte ich wieder mehr Zeit mit ihm, schlief sogar mehr bei ihm, als in meinem eigenen Zimmer. Er war der einzige, der mir wirklich halt gab. Cat arbeitete ja fast nur, Alex ist gerade nicht ansprechbar und bei Jodie war ich sowieso immer etwas angespannter und konzentrierter, damit ich im Falle einem ihrer Anfälle schnell handeln konnte.

Im Namen schreiben wurde ich auch immer besser, das einzige, was mir auffiel: die Listen, die wir bekamen, wurden alle paar Tage um ein, zwei Namen länger.

Sehr beunruhigend, finde ich.

Deshalb hatte ich für die nächste Zeit zwei Ziele: sich wieder mit Alex versöhnen und mehr über die Kämpfe zwischen Regierung und Rebellen erfahren.

Mal schauen, wie gut sich diese Pläne in die Tat umsetzten lassen...

Als erstes wollte ich den Missionspunkt 'Mit Alex versöhnen' angehen.

Wie immer holte er mich ab. Doch auf dem Weg zur Trainingshalle kam es zu keinem Gespräch. Das lag aber an mir. Ich war zu nervös und schüchtern und hatte keine Ahnung, wie ich anfangen soll.
Also schwigen wir uns an, wie jeden Morgen.

Während dem Training konnte ich ein Gespräch natürlich vergessen. Deswegen verschob ich das aufs Mittagessen und dachte während dem Ausdauerlauf durch die eintönigen Gänge, in denen ich mich inzwischen viel besser aus kannte, über Formulierungen nach.

Als ich dann auch das kräftezehrende​ Training überlebt und geduscht hatte, schlurfte ich zum Mittagessen. Dieses mal setzte ich mich jedoch nicht zu Cat und Dennis, wie sonst immer, sondern ging zielstrebig zu Alex' Tisch.

Er saß da mit zwei anderen Typen, die ihm vom Körperbau her genau glichen. Das heißt, doppelt so groß und doppelt so muskulös wie ich. Ob das die anderen beiden Trainer waren, die ich hätte bekommen können? Möglich wäre es.

Inzwischen hatte ich den Tisch erreicht. Alex unterbrach sein Gespräch mit den Jungs und fragte mich kalt "Was willst du, Winter?".
Die beiden Fremden, die Rücken zu mir saßen, drehten sich um und musterten mich interessiert und neugierig.
"Kann ich kurz mit dir reden?" fragte ich.
Alex lehnte sich zurück "Leg los".
"Ähm... unter vier Augen?" verlangte ich unsicher.
Mein Trainer verdrehte die Augen und erhob sich seufzend "Ich bin gleich wieder da". Dann deutete er mir mit einem Nicken, voranzugehen.

CodeworldWhere stories live. Discover now