Kapitel #042

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Wieder eine weiße, leere Zelle. Doch diesesmal waren sie schlauer und haben mich in eine gebracht, die sich nur mit einem Schlüssel öffnen lässt, nicht mit einem Code. Ich hatte keine Ahnug wie lange ich hier schon drinnen war und das machte mich Wahnsinnig. Die Zelle hatte weder Fenster noch eine Uhr. Immer nur die gleiche grelle Neonbeleuchtung und die unnatürlich weißen Wände. Wie spät ist es? Nacht oder Tag? Wie lange bin ich hier? Ich bekam Kopfschmerzen vom Durst und von viel zu hellen Licht. Vor einer gefühlten Ewigkeit hatten Wachen mir etwas zu trinken gebracht, doch inzwischen war meine Kehle wieder so trocken wie die Sahara. Ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen. Wenn nicht bald irgendetwas passiert, drehe ich durch. Man konnte sich auch mit nichts beschäftigen, ablenken. Nicht mal Risse in der Wand zählen, denn die Wand hatte einfach keine Risse. Alles was der Raum beinhaltete war die Neonröhre und mich. Und wahrscheinlich ein dutzend Kameras, die irgendwie in die Wand eingemauert wurden. Die haben sie aber echt gut versteckt. Die Wände waren für eine Zelle ungewöhnlich und fast unnatürlich makellos. Schon mehrmals hatte ich versucht, einzuschlafen. Keine Chance. Zu groß war meine Angst. Schafen hieß immer ein Stück weit, ausgeliefert sein. Im Schlaf kann man nichts tun, sich nicht wehren. Sie konnten alles mit mir machen, ohne das ich es bemerken würde. Und mein ganzer Körper sträubte sich dagegen, sich derart auszuliefern. Nicht hier, nicht in diesem Raum. Obwohl es wahrscheinlich egal ist, bestimmt entscheiden sie sich gerade, an welchem Tag sie mich hinrichten wollen. Wie viel Zeit blieb mir noch für eine Flucht? Ein Monat? Eine Woche? Ein Tag? Ein paar Stunden? Diese Unwissenheit macht mich verrückt und kaputt. Automatisch wanderte meine Hand zu meinem immer noch flachen Bauch und irgendwie fühlte ich mich ein bisschen getröstet. Auch wenn das Kind von Jasper war - gerade gab es mir das Gefühl, nicht alleine zu sein. Und das war seit ich in diese verdammte Zelle kam das einzige, was mir geblieben ist. Ich wurde plötzlich aus meinen Gedanken gerissen als ich plötzlich einen Schlüssel im Schloss hörte. Ungewollt durchzuckte mich die Angst, als ich an das dachte, was Jasper damals sagte. Das die Wachen der Regierung meine Situation ausnutzen würden, bevor sie mich hinrichten. Tränen stiegen mir in die Augen. Bitte nicht schon wieder.

Ich atmete auf, als Bastian in der Tür erschien. Einen Moment starrten wir uns an, dann sagte er "Ich habe alle Kameras und Tonbänder die für diesen Raum deaktiviert". Das ließ ich mir nicht zwei mal sagen. Sofort sprang ich auf und stürzte auf ihn zu. Er lachte und zog mich an sich. "Bastian" nuschelte ich gehen seine starke Brust und zog seinen Geruch förmlich in mir auf. Es war zu schön um wahr zu sein. Ich dachte echt, er wäre tot und jetzt ist er hier um mir zu helfen. Nach den fast endlosen Wochen bei meinen Entführern, in ständiger Angst vor Jasper, hatten ihre Spuren hinterlassen. Vielleicht lang es einfach an der Tatsache, dass ich endlich mal wieder einen Rebellen in den Armen hatte, oder er lag an meinem verwirrten Hormonhaushalt, auf jeden Fall kamen mir jetzt die Tränen und Bastians T-Shirt wurde nass. "Ach komm, Lu" sagte er sanft und zog mich fester an sich "Nicht weinen. So bist du doch sonst nicht...". "Ich bin nur so glücklich, dass du da bist und lebst. Außerdem..." an dieser stelle stockte ich. Sollte ich ihm von meiner Schwangerschaft erzählen? Dann musste ich auch von der Vergewaltigung reden und ich war mir nicht sicher, ob ich dass konnte. Bastian schien zu merken, dass etwas nicht stimmte und hielt mich eine armlämge von sich weg, um mich mustern zu können. "Was ist los?" fragte er sanft, aber bestimmend. Ich wischte mir die Tränen weg "Nichts. Also doch, schon. Ist eine ziemlich lange Geschichte". "Ich habe Zeit" sagte der Größere trocken, setzte sich auf den Boden und zog mich auf seinen Schoß. Besorgt guckte ich zur Tür "Was, wenn jemand kommt?". Er grinste schief "Wir haben es 23:00 uhr und ich habe die Nachtschicht übernommen. Bis Morgen früh um 5:00 uhr stört uns niemand". "Dann... machen wir einen Deal" wich ich seiner Frage weiter aus. Skeptisch und misstrauisch zog er eine Augenbraue hoch "Einen Deal?". "Ja" sagte ich und wich seinem bohrenden Blick aus "Ich erzähle dir, was alles bei mir passiert ist, seit wir uns in der Wohnug von dem kleinen Jungen getrennt haben und im Gegenzug erzählst du mir, was alles bei dir passiert ist". Jetzt lächelte Bastian erleichtert "Ich dachte schon... Ja, ich wollte dir sowieso alles erzählen. Soll ich anfangen oder willst du?". "Mach du" sagte ich leise. Ich wollte meine 'Offenbarung' mit der Schwangerschaft so lange wie möglich herauszögern. Er schmunzelte "Dachte ich mir. Mach's dir bequem, dass wird ein bisschen länger dauern". Ich rutschte von seinem Schoß und lehnte mich an die Wand gegenüber, damit ich sein Gesicht richtig betrachten konnte. Dann nickte ich ihm gespannt zu und sagte "Fang an".

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