Kapitel #063

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>Alex<
Mein Kopf dröhnte, als ich langsam wach wurde. Mir war kalt und mein ganzer Körper tat weh. Ich brauchte eine Weile, bis ich es schaffte, meine Augen zu öffnen. Grelles Licht aus kalten Neonröhren blendete mich und bereitete mir Kopfschmerzen. Schnell kniff ich die Augen wieder zusammen. Erst nach einigen Minuten hatten sich meine Pupillen an das helle Licht gewöhnt und ich konnte mich umgucken. Ich lag auf dem nackten Boden in einer kleinen Zelle. Sie war vielleicht vier Quadratmeter groß und die Tür war aus Metall. Nur ein kleines Fenster, vor dem Gitterstäbe waren, war in der Tür eingebaut. Schwerfällig setzte ich mich auf. Ich konnte mich an nichts mehr erinnern. Wo war ich hier? Und wie kam ich hier her? Ich rieb mir über die Schläfen und versuchte mich zu konzentrieren. Dann erschien ein Name vor meinen Augen: Lucy. Meine Lucy. Augenblicklich fiel es mir wieder ein. Sie war ja gerade auf ihrer Mission im Regierungsbezirk. Beziehungsweise vielleicht war sie schon fertig mit der Mission. Oder tot. Ich verkrampfte mich etwas. Ich hatte ja keine Ahnug, sie es ihr geht. Wie lange liege ich hier schon? Ich weiß es nicht. Konzentriert versuchte ich mich weiter zu erinnern. Wer hat mich hier her gebracht? Ich brauchte einen Moment, bis es mit einfiel. Wir saßen in der Kommandozentrale und haben Lu überwacht und nebenbei ein bisschen gequatscht. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, ein paar Kerle mit Waffen stürmten rein und zielten auf uns. Sie hatten alle das CodeSystems-Logo auf der Brust. Wir waren viel zu überfordert, um irgendetwas zu tun. Und dann kam Dennis rein und grinste uns dreckig an "Hallo Freunde, eure Mission ist hier zuende". Da haben wir verstanden, das irgendwas furchtbar schief läuft, die Typen mit den Waffen haben uns angegriffen. Dann hat mich die Kugel in den Oberarm getroffen. Ich erinnerte mich an meinen Schrei, meine Schmerzen. Plötzlich war da Lucys Stimme, die mich fragte, ob alles in Ordnung sei. Sie klang panisch. Ich weiß noch, wie sehr ich um sie Angst hatte. Gerade noch so schaffte ich es, ihr zu sagen, dass der Präsident der Falsche ist. Wir hatte die ganze Zeit den falschen Feind. Der eigentliche Feind versteckte sich in unseren eigenen Reihen. Hoffentlich hat Lucy es noch rechtzeitig gehört... Und hoffentlich geht es ihr gut. Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn ihr etwas zustößt. Ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen, doch da fiel mir eine Kleinigkeit ein. Vorsichtig krempelte ich den Ärmel meines Oberteils hoch, um meine Schusswunde zu betrachten. Ich schnappte überrascht nach Luft. Sie war von einem sauberen, weißen Verband verdeckt und tat gar nicht weh. Meine Entführer wollten offensichtlich, dass ich am Leben bleibe.


Da ich keine Uhr hatte und das Neonlicht immer mit der gleichen Intensität leuchtete, hatte ich keine Ahnug, wie viel Zeit verging. Es kam mir fast vor wie Jahre, aber das war natürlich Quatsch. Inzwischen war ich auch mal aufgestanden und habe durch das kleine Fenster in der Tür raus auf den Gang geguckt. Nichts besonderes, der Gang war ebenfalls weiß gestrichen und hell erleuchtet. Da das Fenster relativ klein war, konnte ich auch nicht erkennen, ob neben mir noch weitere Zellen waren. Letzendlich habe ich mich dann einfach wieder hingesetzt und weiter gewartet. Irgendwann wird schon jemand vorbei kommen. Und so war es auch. Nach einiger Zeit ertönten Schritte im Gang vor der Zelle und eine mir nur allzu bekannte Stimme befahl "Zelle öffnen und sichern". Einige Sekunden war Stille, dann sagte die mechanische Frauenstimme "Zugang gewährt" und die Tür wurde ausgestoßen. Zwei Leute mit CodeSystems-Logo und Waffen stürmten in den Raum, musterten mich, musterten den Rest von der Zelle und gingen dann wieder raus, um sich vor der Tür zu positionieren. Danach betrat die Person den Raum, auf die ich schon die ganze Zeit gewartet hatte. "Alex" begrüßte er mich knapp. "Dennis" zischte ich. Er lächelte "Na, jetzt kannst du dir ja denken, wieso ich damals, nachdem das zwischen Lucy und mir aus war, so unbedingt wollte, dass ihr beide zusammen kommt...". "Als Druckmittel. Ich diene hier als Druckmittel, stimmt's? Aber... dann muss sie ja noch am Leben sein" kombiniert ich und und Erleichterung durchströmte mich. Wenn Lucy noch am Leben ist und es ihr gut geht, kann ich alle Foltern dieser Welt aushalten. Nur leider musste Dennis meinen ganzen Hoffnungen gleich wieder kaputt machen. "Sie kämpft noch" sagte er nur. Sofort machte sich wieder etwas Angst in mir breit, doch ich vertraute voll und ganz in Lucys Fähigkeiten. "Sie gewinnt" erwiederte ich fest überzeugt. "Wir werden sehen" grinste er. Einen Moment herrschte Stille, dann fragte ich "Und was jetzt, Dennis? Was willst du noch von mir?". "Nichts, ich wollte nur mal Hallo sagen und schauen wie es meinem Lieblingsgefangenen geht. Wusstest du schon, das Lucy den Präsidenten getötet hat?". Ich sah ihn überrascht an "O nein... Dann kam meine Warnug zu spät...". "Ein paar Minuten, ja..." beendete Dennis den Satz, als plötzlich eine der beiden Wachen in die Zelle trat und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Ich spannte mich unbewusst an und versuchte ein Wort zu verstehen, was mir jedoch nicht gelang. Dennis' Gesichtsausdruck änderte sich. Einen Moment wirkte er fast betroffen, dann grinste er und schickte die Wache mit einer Handbewegung raus. Dann wandte er sich wieder mir zu "Ich habe schlechte Nachichten, Alex..." setzte er an. Ein Knoten bildete sich in meinen Magen "Was?". "Wir haben soeben die Meldung erhalten, dass Lucy im Regierungsbezirk von einem von unseren Leuten erschossen wurde. Sie ist tot".

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