Kapitel #039

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Zu einer Kugel zusammengerollt und in eine Decke (die er mir gütigerweise gebracht hatte, da er alle meine Klamotten zerschnitten hatte) eingemummelt lag ich in einer Ecke des kargen, leeren Raums auf dem Boden. Immer noch liefen mir Tränen über das Gesicht und ich fühlte mich furchtbar beschmutzt. Mein Unterleib schmerzte und ich hatte am ganzen Körper blaue Flecken von ihm. Seinen Namen wusste ich immer noch nicht. Doch ich schwör mir, ihm das irgendwann heim zu zahlen. Irgendwann werde ich mich rächen. Aber jetzt war ich nicht in der Lage, Rachepläne zu schmieden. Ich war in der Lage zu nichts. Ein Schluchzen erschütterte meinen Körper. Wieso lief im Moment alles so scheiße. Die Rebellen werden aus der Bärenhöhle vertrieben, dann taucht die Regierung auf und greift den Trupp von Freiheitskämpfern an, die das neue Lager suchen... was ist, wenn sie alle nicht mehr am leben sind? Alex, Nick, Colin, Dennis... Alex. Alex. Er kann nicht tot sein, das kann nicht sein. 'Was, wenn doch?' flüsterte die pessimistische Stimme in meinem Kopf. Auf einmal war der Gedanke, aus dem Fenster zu springen, ganz schön verlockend. Doch ehe ich mir weiter Gedanken darüber machen konnte, wurde die Tür aufgeschlossen. Panik schoss durch meinen Körper. Es ist doch nicht wieder er... Doch in der Tür stand Flynt. Er brauche einen Moment, die Lage zu realisieren. Sein Blick flog erst zum zerrissenen Klamottenstapel, zu meinem Erbrochenen und dann zu mir. Das ganze wiederholte sich ein paar mal, dann wurde seine Mine hart. "Ich bring ihn um! Ich bring dieses Arschloch um!" schrie er, und wollte schon wieder aus dem Raum stürmen. Er erstarrte jedoch, als ich leise fragte "Ben?". Ich habe ihm noch nie bei seinem Vornamen genannt. Er drehte sich wieder um und seufzte "Lucy. Was hat er nur mit dir gemacht... Es tut mir so leid". "Du kannst nichts dafür" flüsterte ich nur mit tränenerstickter Stimme "Darf ich bitte irgendwo duschen gehen?". "Natürlich" sagte er und kam auf mich zu. Ohne lange zu zögern hob er mich hoch und achtete darauf, dass die Decke meinen Körper ausreichend bedeckte und er mir nicht wehtat. Trotzdem zuckte ich bei der Berührung zusammen. An Berührungen aller Art werde ich mich wohl erst gewöhnen müssen. Vorsichtig trug mich Flynt aus dem schrecklichen Raum.

Nachdem Flynt mich von den Handschellen befreit und mir erklärt hatte, dass er mir ein paar frische Klamotten vor die Badezimmertür legt, lies er mich alleine. Die Tür konnte ich leider nicht abschließen. Also blickte ich mich einen Moment im Bad um. Es war groß, hatte eine Dusche und eine Badewanne, ein breites Waschbecken und eine Toilette. Außerdem eine Kommode mit allen möglichen Deo's, Rasierwassern, Aftershaves und Parfümen. Ein riesiger Spiegel hing neben der Dusche. Ich blickte mich an. Blutergüsse am ganzen Körper, eine geschwolle Wange, blutige Handgelenke von den Handschellen, zerzauste Haare, von Tränen rote Augen mit einem leeren Blick. Meine Schussnarbe an der linken Taille. Bei der Erinnerung daran, wie er sie geliebkostet hatte, wurde mir wieder schlecht. Fluchtartig wandte ich mich vom Spiegel ab und trat in die große Dusche. Verschiedene Shampoos standen auf einer ablage - natürlich nur für Männer. Vorsichtig roch ich am ersten und der Geruch von ihm stieg mir in die Nase. Sofort musste ich würgen und stellte das Shampoo ganz schnell weg und nahm das nächste. Das gehört Flynt, eindeutig. Schnell nahm ich mehr als nötig und rieb meinen ganzen Körper damit ein. Einerseits um seinen Geruch loszuwerden, den ich immer noch in der Nase hatte. Andererseits um das Gefühl, beschmutzt worden zu sein abzuwaschen und das Gefühl von seinen Finger auf meiner Haut. Zweiteres ließ sich jedoch nicht so einfach wegwaschen, egal wie sehr ich es versuchte. Also verließ ich nach ungefähr einer Stunde die Dusche und trocknete mich ab. Dann wickelte ich mich in ein Handtuch ein und trat zur Tür. Okay, die Klamotten liegen direkt vor meiner Tür. Und er steht sicher nicht auf den Gang. Ich schaff das. Vorsichtig öffnete ich die Tür und schaute in den Gang. Die Luft war rein. Erleichtert atmete ich auf, schnappte mir schnell meine Kleider und verschwand wieder im Bad. Unterwäsche für Frauen hatte er irgendwie aufgetrieben (sogar die richtige Körbchengröße, was mich wieder in leichte Panik versetzte, die ich jedoch sofort wieder unterdrückte), ansonsten hatte er mir wohl Sachen von sich gegeben. Jedenfalls rochen sie nach ihm. Ein T-Shirt, ein Pullover und eine Jogginghose, alles mindestens acht Nummern zu groß. Aber das war mir momentan nur recht, denn die Klamotten verdeckten meinen Körper so komplett und mehr wollte ich gerade nicht. Nachdem ich mich angezogen hatte, flocht ich meind störrischen Haare noch schnell zu einem einfachen Zopf und putzte mit dem Finger meine Zähne, um den ekelhaften Geschmack nach Galle und Erbrochenen aus meinem Mund zu verbannen. Nachdem ich noch kurz aufs Klo gegangen war, verließ ich vorsichtig das Bad.

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