Kapitel #008

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Was?!

Total überrascht sah ich Colin Hawkins an.
Wollte er mich verarschen?
Oder hörte tatsächlich eine riesige Gruppe Widerstandskämpfer auf einen fünfzehn Jährigen?

Hawkins begann zu lachen "Dein Blick spricht Bände".
Ich zog die Augenbrauen hoch "Also hab ich das richtig verstanden: du bist hier der Chef von allem?".
Er nickte "So ist es. Du kannst mich übrigens Colin nennen. Wenn mich alle immer mit Hawkins anreden fühl ich mich so alt".

Immer noch wirkte das Ganze auf mich etwas unreal. Ich hatte mir den Rebellenanführer eher als... keine Ahnung... Dreißigjähriges, großes Muskelpaket vorgestellt. Nicht als kleinen, pubertierenden Jungen.

Durch diese Tatsache realisierte ich erst nach einigen Sekunden, was das bedeutete.

Er hatte dafür gesorgt, dass meine Eltern entführt wurden. Er hatte ihenen Angst gemacht und sie vielleicht verletzt. Und wegen ihm hatte dieses ganze Drama in meinem Leben überhaupt angefangen. Er war der, der die Lawine von Katastrophen losgetreten hat.

Sofort spürte ich Wut und vielleicht auch etwas Angst (das hätte ich natürlich aber nie zugegeben) in mir hochkommen.

Trotzdem war ich über meine nächste Reaktion mindestens genauso überrascht wie Colin und alle anderen im Raum selbst.

Ich stürzte plötzlich einen Schritt vor, packte den Jungen an den Schultern und schüttelte ihn grob "Wo verdammt sind meine Eltern? Was hast du ihenen angetan?".

Meine Stimme überschlug sich vor Panik und mein Gesicht war seinem so nah, dass ich die braunen Sprenkel in seinen braunen Augen sehen konnte.

Doch was er dann tat, überraschte mich tausend mal mehr, als meine 'Attacke' auf ihn. Es überraschte und überforderte mich mehr, als alles, was bis jetzt passiert ist.

Colin hielt meinem Blick stand. Dann beuge er sich vor, brach den Augenkontakt nicht ab.

Und dann küsste er mich einfach.

Ich war total überrumpelt. Überrumpelt und perplex.

So perplex, dass ich den Kuss weder erwiedern, noch Colin von mir weg stoßen konnte.

Erst als seine Lippen plötzlich verschwanden, begann sich mein Verstand etwas zu klären und ich realisierte, was hier gerade passiert war. Colin Hawkins hatte mich, warum auch immer, einfach geküsst.

Einfach so!

Und dabei hatte ich einen Freund. Der mich übrigens auch aus dieser Lage gerettet hat, indem er Colin von mir weg zog.

Jetzt beugte er sich ein paar Meter entfernt bedrohlich über den Anführer der Rebellen und knurrte "Was fällt dir ein?! Sie ist meine Freundin! MEINE!".
Der jüngere ließ sich jedoch nicht beeindrucken und winkte ab "Ein Kuss ist einfach die effektivste Art, ein Mädchen zum schweigen zu bringen und abzulenken".

Bitte was?!

Hatte er gerade gesagt, dass er mich nur geküsst hatte, um mich von meinen Eltern abzulenken?!

Ich spürte die Wut in mir hoch kochen. Meine Hände ballten sich fast automatisch zu Fäusten.
Auch Dennis' Blick wurde immer ungläubiger.

Doch erst, als ich sah wie selbstzufrieden Colin grinste und hörte, wie er sagte "Außerdem küsst sie gar nicht schlecht. Es hat sich gelohnt" brachte er das Fass zum überlaufen.

"Sag mal, HAST du sie noch alle!?" schrie ich fast, war in zwei langen Schritten bei ihm, schubste meinen Freund zur Seite, stellte mich vor Colin und verpasste ihm die Ohrfeige seines Lebens. Zufrieden sah ich, wie sein Kopf zur Seite flog und sich ein roter Abdruck meiner Hand auf seiner Wange bildete.

CodeworldWhere stories live. Discover now