Kapitel #064

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Ich weiß nicht, wie lange ich so auf den Bildschirm starrte. Tausend Gefühle und Gedanken durchzuckten mich. Was machte er durch? Foltern sie ihn? Mein Herz schmerzte bei der Vorstellung. Ich muss ihn da raus holen, das steht fest. Im Kopf schmiedete ich schon Pläne, als meine Gedanken unterbrochen wurden. Denn plötzlich wurde der Bildschirm schwarz und die Lautsprecher verstummten. Erst dachte ich, Dennis, oder wer auch immer das veranlasst hat, hat einfach 'abgeschaltet'. Doch plötzlich dröhnte eine Stimme aus den Lautsprechern "Lucy". Ich zuckte zusammen und sah mich um. Doch die Bildschirme blieben schwarz. Als würde die Person nicht erkannt werden wollen. Aber das ergab keinen Sinn, immerhin kannte ich diese Stimme schon mein Leben lang. "James" sagte ich und hatte dabei keine Ahnug, ob er mich überhaupt hören könnte. Offensichtlich schon, denn er lachte "Hallo Schwesterherz. Schön zu hören, dass du Wohl auf bist". "Lass Alex frei!" verlangte ich ohne weiter um den heißen Brei zu reden. Ich konnte das grinsen deutlich aus seiner Stimme hören, obwohl ich ihn nicht sah "Wie es der Zufall will, melde ich mich genau aus diesem Grund bei dir. Dem armen Kerl geht es gar nicht gut...". "Lass ihn gehen" fiel ich ihm ins Wort. "Ich bin tatsächlich bereit, das zu tun, immerhin habe ich eigentlich kein Problem mit ihm. Allerdings gibt es eine klizekleine Bedingung" sagte er heiter. Ich bekam Gänsehaut, ich konnte mir schon denken, was die Bedingung war. Als ich nicht antwortete, fuhr mein Bruder fort "Eine Woche, Lucy. Du hast eine Woche, dich uns auszuliefern. Komm einfach unbewaffnet zum CodeSystems-Gelände. Du kommt ja alleine rein. Im Tausch gegen dich lassen wir Alex raus". Ich dachte nach. Eingetlich kein schlechtes Angebot. Auch wenn das natürlich meinen Tod bedeuten würde, aber für Alex wäre es mir das Wert. Als ich wieder nicht sofort antwortete, sagte mein Bruder noch "Um dir das ganze ein bisschen schmackhafter zu machen, setzte ich noch einen drauf. Wenn du dich bis heute in einer Woche nicht ausgeliefert hast, greifen wir eure Stützpunkte an. Und zwar nicht nur diesen mickrigen westlichen Stützpunkt, in dem ihr gerade seid. Auch die Bärenhöhle 2.0 im Wald. Und wir töten Alex. Also, was sagst du?". Jetzt brauchte ich keine Sekunde zum Überlegungen. Es wäre wohl die egoistischste Tat auf der ganzen Welt, wenn ich nicht hingehen würde. Ich kann so unendlich viele Leben retten. So viele Leute, die mir etwas bedeuten. Für mich war es keine Frage mehr, was richtig und was falsch ist. Es gab nur eine richtige Antwort, dass konnte niemand abstreiten. Und ich hatte keine Angst vor dem Tod. Nicht, wenn an meinem Tod so viel hängt. Deswegen musste ich auch keine Sekunde zögern um zu sagen "Ich komme". "Das wollte ich hören, Schwesterherz" sagte James ruhig "Ich erwarte dich. Bis dann". Einen Moment rauschte es in den Lautsprechern, dann brach die Verbindung ab und es war still. Totenstill.


"Dir ist schon klar, dass wir dich nicht einfach dahin gehen lassen, oder?" durchbrach Bastian die Stille. Ich seufzte auf und drehte mich zu ihm um "Hast du eine bessere Idee? Ich kann diese ganzen Leute nicht sterben lassen. Das kann ich nicht verantworten". "Nicht hier!" zischte Astrid plötzlich "Wer weiß, ob wir abgehört werden, wenn James sich auch mit Lu unterhalten konnte...". Cat stimmte ihr nickend zu und so zogen wir ins Wohnzimmer, wo wie immer Gurkenscheiben auf dem Tisch standen, um. "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass sie die Rebellen am Leben lassen, wenn du dich opferst, Lu" setzt Nick ernst unsere Diskussion fort "Auch ohne dich wären sie eine viel zu große Gefahr". Trocken fragte ich "Und was schlägst du dann vor? Nichts tun und warten bis wir sterben? Fliehen? Aber wo könnten wir schon hin?". Bastian verschränkte die Arme "Er redet weder von Auf-den-Tod-warten noch von Flucht. Er redet vom Kampf". "Ihr wollt kämpfen?!" fragte ich und lachte bitter auf "Wie denn, die Stadt wird von den Codes beherrscht, falls ihr es noch nicht bemerkt habt! Ich kann keine einzige Tür öffnen, ohne damit automatisch mein Todesurteil zu unterschreiben! Wie stellt ihr euch das vor?!". Astrid sagte grinsend "Naja, während du im Koma lagst und behandelt wurdest und so, haben wir uns natürlich schon Gedanken gemacht, was CodeSystems jetzt tun könnte. Uns wurde relativ schnell klar, dass sie als allererstes versuchen werden, dich, beziehungsweise uns loszuwerden. Also haben wir Pläne geschmiedet". Ich zog beide Augenbrauen hoch "Pläne?". "Jap" sagte Nick und grinste "Wir werden alle mit dir kämpfen". "Wie stellt ihr euch das vor, ohne passenden Code?" fragte ich. Nick beugte sich vor "Ich arbeite schon seit einigen Jahren, noch bevor du da warst, an einer ziemlich großen Sache. Wir waren Rebellen und wollten die Regierung irgendwann stürzen, auch ohne das ein kleines Mädchen kommt und uns alle rettet. Also habe ich an einem Programm gearbeitet, ähnlich wie das, das bei deiner Mission die Datenblockade errichtet hat. Bloß wollte ich ein Programm, dass alle Türen auf einmal öffnet. Und mit alle meine ich alle. Jede einzelne in dieser Stadt. Und ob dus glaubst oder nicht, gestern abend habe ich das Programm so gut wie fertig gestellt. Ich habe gefunden, wo mein Fehler lag. Ich brauche einfach noch etwas, was die Türen auch öffnet. Einen Code. Deinen Code, Lucy". Ich starrte ihn fassungslos an "Ernsthaft? Das... Ich weiß nicht, was ich sagen soll... Das ist genial!". "Einziger Hacken" fügte er allerdings noch hinzu "Wir können vorher nicht testen, ob es wirklich funktioniert. Wir haben wie immer einen Versuch, aber das sind wir ja schon gewohnt."

CodeworldWhere stories live. Discover now