Kapitel #031

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Ich trainierte die nächsten Wochen wirklich hart. Zum einen, weil ich so schnell wie möglich kämpfen lernen wollte, zum anderen, weil es eine perfekte Ablenkung war. Die Sache mir Dennis und Cat tat immer noch weh. Das schlimmste war, das es die beiden nicht mal zu stören schien. Beim Abendessen saßen sie trotzdem nebeneinander und schleckten sich fast ab. Echt wiederlich. Alex und Jodie stehen mir so gut wie wirklich bei, aber vor den Alpträumen können sie mich nicht retten. Es gibt in letzter Zeit nur zwei Arten von Träumen bei mir. Der Erste ist, dass ich in einer Notsituation wie Ertrinken oder Verbluten bin, Cat und Dennis aber nur daneben stehen und mir beim sterben zugucken. Der Zweite, dass einer von ihnen mich selbst zum Beispiel durch eine Pistole tötet. Beide Male schrecke ich schweißgebadet aus einem Traum und kann nicht mehr schlafen. Doch der Schlafmangel macht sich leider bemerktbar, vor allem beim Trainig, dass ich ja von morgens bis abends habe. Schnell werde ich unkonzentrierter und alles was Alex mir erklärt geht zum einen Ohr rein und kommt zum anderen wieder raus. Da das bei wichtigen Techniken sehr kontraproduktiv ist, unterbricht Alex einmal das Training. Der Vorfall mit Cat und Dennis ist schon ungefähr fünf Wochen her und ich übte mich gerade mit Pfeil und Bogen, als Alex sagte "Leg die Waffe weg". Irritiert schaute ich ihn an, tat aber, was er gesagt hatte. Kaum hatte ich alles abegelegt, packte Alex mich an den Schultern und schaute mich eindringlich an "So geht das nicht weiter, Lucy. Du bist nie ausgeschlafen, hast diese pechschwarzen Ringe unter den Augen und bist unkonzentriert. So kann ich mit dir nicht arbeiten. Außerdem sagst du mir ja nie, was du Nachts machst". Ich versuchte dem Blick meines Trainers auszuweichen. Ja, ich hatte ihm nichts von den Alpträumen erzählt. Er sollte sich keine Sorgen um mich machen. "Was schlägst du vor?" fragte ich auf seine Rede. Jetzt griff er nach meinem Kinn und zwang mich, ihn anzublicken "Du wirst bei mir einziehen". "Was?!" rief ich überrascht und fassungslos "aber... aber das ge... also, das geht doch nicht!". Seine Augen bohrten sich weiter in meine "Klar geht das! Und das ist keine Bitte, Lucy. Das ist ein Befehl. Pack dein Zeug, ab heute schläfst du bei mir. So lange, wie es nötig ist".

Etwas verloren stand ich nach dem Abendessen mit einer Tasche (in der meine wenigen Habseligkeiten waren) in der Mitte von Alex' Zimmer und blickte mich um. Im Grunde war er es gleich groß und wie meins, nur war es etwas schöner eingerichtet. Das liegt wohl daran, dass er mit seinen Punkten schon neue Einrichtungsgegenstände gekauft hat, im Gegensatz zu mir. Da fiel mir ein, dass ich ja auch neue Klamotten shoppen wollte - mit Cat. Ich verzog das Gesicht, als hätte ich in eine Zitrone gebissen. An die wollte ich gerade echt nicht denken. "Machs dir gemütlich" riss mich der Braunhaarige aus den Gedanken. Zögerlich legte ich meine Tasche neben seinen Kleiderschrank und stand dann wieder wie bestellt und nicht abgeholt herum. Alex seufzte leise "Mach einfach das, was du jeden Abend machst. Was machst du jeden Abend?". "Eigendlich gehe ich duschen, dann mach ich mich fertig und gehe dann schlafen..." antwortete ich ihm zögerlich. "Dann tu das doch" sagte er augenverdrehend. Also schnappte ich aus meiner Tasche einen weißen, kurzen Pyjama und frische Unterwäsche. Damit verschwand ich dann im Bad. Nachdem ich sicherheitshalber die Tür verschlossen hatte, zog ich mich aus und trat unter die Dusche. Da ich mein eigenes Shampoo natürlich in meiner Verpeiltheit in der Tasche vergessen hatte, musste ich wohl oder übel Alex' Shampoo nehemen. Ich hoffe, er hat kein Problem damit. Als ich mich dann fertig umgezogen und gewaschen hatte, trat ich noch mit nassen Haaren wieder zurück ins Zimmer. Alex lag auf seinem Bett und spielte an irgendeinem technischen Gerät herum. Durch das Geräusch der sich öffnenden Tür blickte er auf "Du bist fertig?". "Ja... und ähm..." fing ich an, wusste aber nicht recht wie ich den Satz beenden sollte. Fragend schaute mich mein Trainer an "Hm?". "Ich... also..." ich räusperte mich und wich seinem Blick aus "Ich habe kein Problem damit auf dem Boden zu schlafen". Einen Moment herrschte vollkommene Stille und ich wagte es nicht, Alex anzugucken. Dann brach er plötzlich ich schallendes Gelächter aus "Was redest du denn? Natürlich schläfst du im Bett". "Und du?" wollte ich wissen und blickte ihn jetzt wieder an. Ein fettes Grinsen zierte sein Gesicht "Ich auch. Von dir lass ich mich nicht vertreiben". Mit diesen Worten ging er an mir vorbei Richtung Bad. "Aber... das ist nur für eine Person ausgelegt" argumentierte ich dagegen, doch entweder hörte er es wirklich nicht mehr oder er wollte es nicht mehr hören. Auf jeden Fall schlug einen Wimpernschlag später die Tür zum Bad zu und ich stand allein im Zimmer. Tolle Nummer. Kaum hab ich mit einem Jungen Schluss gemacht, liege ich beim Nächsten im Bett. Doch da ich gerade echt nicht die Nerven hatte, mir darüber Gedanken zu machen, schmiss ich mich einfach auf Alex' Bett und war nur Minuten später eingeschlafen.

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