Kapitel #046

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"Mach's gut, Süße. Pass auf dich auf" sagte Astrid und drückte mich an sich. "Mach ich, und gleichfalls" erwiederte ich und atmete tief den Geruch ihres Erdbeer-Parfüms ein. Es waren drei Tage seit ich krank wurde vergangen und ich war inzwischen wieder fit genug, um zur Bärenhöhle zu reisen. Es war später Abend und Alex und ich wollte gleich los, um bis zum Morgengrauen wenigstens bei der alten Bärenhöhle zu sein. Die beiden anderen Rebellen, die ursprünglich mit uns mit gegangen wären, sind schon vor drei Tagen los. Also waren wir nur noch zu zweit. Und mal wieder stand ich in dem dunklen Tunnel mit dem Gleiskettenfahrzeug und verabschiedete mich. Allerdings waren nur Astrid und Bastian gekommen. Gut, sonst kannte ich hier auch nicht wirklich jemanden. Nachdem Astrid mich dann endlich aus ihren Armen entlassen hatte, wandte ich mich Bastian zu und umarmte ihn "Danke für alles, Bruder. Ohne deine Hilfe hätte ich es niemals da raus geschafft. Du hast was gut bei mir". Er erweiterte meine Umarmung "Kein Problem, Kleine. Immer wieder gerne. Und vielleicht komm ich mal darauf zurück. Falls Jasper mir jemals unter die Augen treten sollte, werde ich ihn töten". "Danke. Pass auf Astid auf" sagte ich schlicht. "Mach ich. Und du auf das Kind" sagte er und löste sich von mir. Ich nickte nur und trat zu Alex, der sich in der Zwischenzeit auch verabschiedet hatte. "Du kennst den Weg, Lu?" fragte die Rothaarige noch. "Bei der ersten Möglichkeit links, und dann durch den Bezirk bis zum Turm, oder?" fragte ich. "Ja" lächelte sie "Viel Glück. Und meldet euch mal".

"Danke, bis dann" sagte ich noch, ehe ich mich umdrehte und in den dunklen Tunnel trat. Alex folgte mir leise. Ich weiß nicht, wie lange wir schweigend einfach neben einander herliefen. Irgendwann spürte ich plötzlich wie Alex nach meiner Hand griff und seine Finger mit meinen verflocht. Ich sagte nichts, doch ein stummes Lächeln zierte mein Gesicht. Auf einmal wurde mir warm und ich fühlte mich sicher. Egal, was in der Zukunft auf mich zukommt, ich bin nicht allein. Jemand steht hinter mir und beschützt mich. Auf einmal hatte ich ein bisschen weniger Angst vor der Reaktion der anderen auf meine Schwangerschaft. Irgendwie wird schon irgendwann alles gut. Die Zuversicht, die mich mit dieser einfachen Geste durchströmte, machte meine Schritte in der Dunkelheit des Tunnels fest und sicher.

Wir kamen wieder durch den gleichen Keller wie damals, wo man durch das Kellerfester auf die Straße klettern muss. Alex bestand darauf, als erster hinauszuklettern und half mir dann. Als wir schließlich beide auf der Straße waren, joggten wir ohne zu zögern los. Über uns wölbte sich noch der pechschwarze Nachthimmel, ich schätzte die Uhrzeit auf so 1:00 Uhr. Allerdings sah man aus der Stadt nicht halb so viele Sterne wie von draußen. Und in der Stadt war es im Gegensatz zu den Feld so leise. Die einzigen Geräusche auf der menschenleeren Straße waren unsere schnelle Schritte und unsere keuchende Atmung. Mein Atem bließ leichte Wölkchen in die klirrend kalte Luft und meine Lunge schmerzte schon leicht. Dennoch schweiften meine Gedanken ab und ich erinnerte mich an das letzte mal, als ich hier entlang gegangen bin. Damals wurde ich von jemanden verfolgt, der mich jedoch nicht angegriffen hat, und weiß bis heute nicht, warum. Aber vielleicht ja Alex. Ich warf ihm aus den Augenwinkeln einen Blick zu, ehe ich mit rauer Stimme fragte "Du Alex?". "Hm?" murmelte er und blickte mich abwartend an. "Als ich das letzte mal" -Einatmen - "hier lang gelaufen bin" -Einatmen - "wurde ich von jemanden verfolgt" -Einatmen - "aber nicht angegriffen und ich wollte fragen" -Einatmen - "ob du weißt" - Einatmen - "wer das war" sagte ich angestrengt. Mein Satz wurde wegen meiner Atmung ständig unterbrochen. Alex lachte heiser auf "Ja, dass weiß ich... Wir haben natürlich Wachen... die an den Einfangen zur Bärenhöhle... positioniert sind. Die checken... die Leute die kommen... ab und schauen... ob sie rein dürfen... oder nicht. Der Typ... der dich verfolgt hat... kam offensichtlich zu dem Schluss... das du rein darfst... und hat dich dann nicht angegriffen". "Ach so" sagte ich nur schlicht und konzentrierte mich wieder auf meine Atmung, um kein Seitenstechen zu bekommen. Wenigstens eine Frage mehr beantwortet.
Und dieses mal war es zum Glück nicht teil einer geheimen Intrige, die mich entführen und einer höheren Macht opfern will oder so ein Quatsch. Hätte mich nicht gewundert. So war Alex' Antwort überraschend plausibel und logisch. Fast schon so logisch, dass sie mir unwahrscheinlich erschien. Das war fast zu einfach, da hätte ich ja selbst draufkommen können. War ja klar, dass die Rebellen ihre Eingänge zum Hauptquartier nicht unbewacht lassen. Wenigstens muss ich mir desswegen keine Gedanken mehr machen, auch wenn ich ehrlich gesagt bis eben keinen Gedanken an meinen damaligen Verfolger verschwendet hatte. Alex riss mich plötzlich aus den Gedanken, als er sagte    "Wohin willst du denn?". Er war stehen geblieben, genau vor dem Eingang zum Hochhaus, unter dem die Bärenhöhle lag. Ich lief zu ihm und sagte scherzhaft "Keine Ahnung, noch ein paar Runden joggen?". Mein Trainer grinste schief und hielt mir die Tür auf "Nach ihnen, Mylady". Ich lachte, machte einen Knicks und betrat das Hochhaus.

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