Kapitel #020

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Die nächsten Wochen vergingen für mich mehr oder weniger wie in Trance. Mein Tagesablauf war gereglt, streng und gönnte mir kaum Pausen. Nach dem Frühstück fing es mit 'Krankengymnastik' an. Dabei sollten meine Bauchmuskeln um die Schusswunde wieder langsam aufgebaut werden. Außerdem sollten die Übungen gegen Schmerzen, Stress und der Überlastung meines Körpers wirken. Das machte zum Glück Cat mit mir und ehrlich gesagt war es noch der angenehmste Teil des Tages. Wir plauderten und kamen uns dabei wieder näher. Die Übungen war zwar teilweise sehr anstrengend und für mich noch schmerzhaft, aber sie taten mir gut. Nach dem Frühstück wurde ich dann dank dem lieben Alex erst richtig gefordert. Das Übliche klettern, sprinten, springen und natürlich Krafttrainig wie Liegestützen, Sit-Ups und Kniebeugen. Wenn ich das dann mehr oder weniger überlebt hatte kam nach dem Abendessen noch Strategie und Bildung. Selbstverständlich interessierte ich mich für die Politik und die Machthaber in der Stadt, den Konflikt zwischen Regierung und Rebellen und die Rolle von 'Code Systems' bei der ganzen Sache, aber nach so einem Tag war es fast unmöglich, sich Namen zu merken oder wichtige politische Verträge zu verstehen. Manchmal war ich dann ziemlich genervt und launisch und nicht selten schrie ich Alex, der mich unterrichtete, wutentbrannt an oder reagierte zickig. Ich entschuldigte mich dann immer gleich, weil mich doch das schlechte Gewissen befiehl. Er verzieh mir zum Glück immer und meinte, dass er mich verstehen könne, bei so einem Tagesablauf. Einmal entschuldigte er sich, dass ich so Druck und Stress ausgesetzt war, aber Colin ließ ihm anscheinend keine Wahl. Ich hatte nur mit den Schultern gezuckt, was hätte ich auch erwidern sollen? Ich weiß ja, dass er mich nicht freiwillig so hart trainierte. Ich muss laut Colin eben in einem Jahr lernen, was andere in drei Jahren lernen. Nach so einem Tag war ich Abends natürlich zu nichts mehr zu gebrauchen und fiel nur noch in mein Bett. Nur um am nächsten Tag wieder von vorne anzufangen. 'Gesund kann das ja nicht sein' dachte ich mir immer wieder. Selbst an meinem freien Tag, den ich alle sieben Tage hatte, kam ich nicht wirklich zur Ruhe. Da suchte ich nämlich Jodie auf, um sie zu fragen, was sie über die Gefängnisse herausgefunden hat. Ich muss dringend mal mit Flynt reden, außerdem zog mich dort irgendetwas hin. Allerdings konnte Jo noch nichts wirklich hilfreiches Herausfinden. Also lebte ich Tag für Tag, trainierte, lernte, suchte die Gefängnisse und wartete irgendwie einfach darauf, dass etwas passiert.


Und ungefähr Fünf Wochen nach der Geschichte mit Flynt passierte dann auch was. Allerdings nicht wie erwartet zum Thema 'Gefängnis' sondern im Training. Als ich gerade vom Mittagessen den Trainingsraum 1 betrat und mich warm machen wollte, hielt Alex mich auf. Fragend schaute ich ihn an und er antwortete "Heute trainieren wir nicht sondern kommen gleich zu Strategie". "Warum? Muss ich nicht mehr Trainieren? Bin ich fertig?" wollte ich verwirrt wissen und schaute zu ihm auf. Er lächelte "Ach Quatsch, man kann nie genug trainieren. Aber ab morgen werden wir etwas anders vorgehen...". Entnervt seufzte ich auf und schlug ihm gegen die Brust "Genug Geheimniskrämerei! Komm auf den Punkt, was wird sich verändern?". Er lachte auf "Also in Geduld musst du dich noch etwas üben...". "Alex, bitte!" sagte ich trocken und warf ihm einen warnenden Blick zu. Ergeben hob er die Hände "Jaja, schon gut. Dein Schwerpunkt wird sich verlagern. Bis jetzt lag unser Fokus darauf, dass du stärker, schneller und geschickter wirst und wir werden auch weiterhin Kraftübungen und Ausdauerläufe machen. Aber nur noch am Anfang des Trainings. Jetzt werde ich dich im Nahkampf unterrichten, außerdem werden wir langsam mit Waffen anfangen". Ich schaute überrascht und etwas ängstlich "Waffen?". An Flynts Pistole konnte ich mich nur zu gut erinnern. Automatisch griff meine Hand zu meiner Taille, wo sich unter meinem Sportshirt die Narbe der Schusswunde versteckte. Alex bemerkte das, trat einen Schritt auf mich zu und legte seine Hände vorsichtig an meine Hüfte. Trotz des Stoff meines Oberteils spürte ich winzig kleine Nadelstiche und Gänsehaut, die seine Berührunge auslöste. Jetzt stand er unmittelbar vor mir und ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen schauen zu können. Ein komisches Kribbeln kroch unter seinem Blick über meinen Körper. "Keine Angst, wir fangen ganz vorsichtig und langsam an. Ich pass schon auf dich auf" flüsterte er mit rauer Stimme. Ich musste mich sehr konzentrieren, damit seine Worte bei mir ankamen, so sehr brachten mich seine treuen, braunen Augen aus dem Konzept. Und noch mehr konzentrieren musste ich, um zu sage "Ähm... und... und warum trainieren wir dann heute nicht normal? Also, wieso machen wir erst Strategie?". Er lächelte zwar, trotztem sag ich die Sorge in seinen Augen als er sagte "Du hast heute Nacht deine erste Mission".

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