-Kapitel 6-

750 49 0
                                    

Seufzend hebe ich den Haustürschlüssel vom Boden, der mir kurz bevor ich ihn in die Tür stecken konnte aus den Händen fiel. Es ist fast sieben als ich den Wagen von Isabell in der Auffahrt parkte und nun vor der Tür stehe. Nach dem Treffen mit meinem Dad fuhr ich noch eine Weile um den Block herum, hörte laut Musik und versuchte meine Gedanken zurückzuschrauben.

Für den Unterricht morgen muss ich noch zwei ganze Kapitel in einer Lektüre durchlesen und mir Notizen machen. Wie ich mich gleich darauf konzentrieren soll, bleibt mir ein Rätsel.

Mit meinem rechten Fuß trete ich die Haustür auf, schlüpfe aus meinen Schuhen und hänge den Schlüssel neben der Tür in ein dafür vorgesehenes Schränkchen. Das Haus der Gibsons erinnert an ein typisches amerikanisches Haus. Die Wände sind dünn gebaut, die Decken hoch und wenn man über das Holzparkett läuft, hört man das Quietschen bis in den zweiten Stock.

Das Anwesen von Isabell ist nicht besonders groß, nicht zu vergleichen mit den Prachthäusern von Conners Eltern, oder auch der Villa von Jamie. Früher feierten sie dort immer die wildesten Partys, zu denen ich eingeladen wurde. Cole bestand darauf, dass ich ihn begleite und warf dort immer ein wachsames Auge auf mich. Er war mein Beschützer, doch von dem scheint jede Spur verschwunden zu sein.

Dad und ich unterhielten uns vorhin noch eine Weile über die Schule und über mein Stipendium nächstes Jahr. Er kann sich auch nicht erklären auf welchen Weg ich ein volles Stipendium ergattert habe, doch er freut sich riesig für mich. Am Schluss sprachen wir noch kurz über die Anhörung in vier Wochen, ich versuchte ihn aufzumuntern, damit er nicht aufgibt. Der Name Cole Gibson fiel kein einziges Mal mehr.

Kopfschüttelnd verwerfe ich diese wirren Gedanken und mache mich auf den Weg ins Wohnzimmer. Aus dem Raum ist Bonnys Lachen zu hören und noch eine weitere Stimme, die nicht von Isabell stammt. Meine Ohren spitzen sich und ohne es direkt zu merken, höre ich auf zu atmen.

Es kommt nicht oft vor, dass wir besuch haben und wenn doch, informiert mich Isabell rechtzeitig darüber. Nicht nur von mir haben sich damals die Leute abgewendet, auch Isabell verlor nach der Festnahme meines Dads einen Haufen von Kontakten. Sie schmiss ihre Stelle als Direktorin unserer Schule und ließ alle in dem Glauben, dass es wegen Bonny war. Das sie genau dann von ihrer ungeplanten Schwangerschaft erfuhr, kam ihr in dem Sinne nur zu Gunsten, doch ich weiß, dass sie es mental nicht länger geschafft hätte dort zu arbeiten.

Nicht unter den Umständen.

»Später wirst du so groß und stark sein wie dein Bruder.« Eine männliche Stimme ist zu hören, daraufhin lacht Bonny los. »Und schön wie Lu.« Bonny kichert auf und ihm nächsten Moment stürme ich ins Wohnzimmer.

Auf der Couch sitzt Cole mit Bonny auf dem Schoß. Ich halte in meiner Bewegung inne, widerstehe dem Drang mich an dem Türrahmen festzuhalten. Coles Blick gleitet unwillkürlich von Bonny ab, direkt hoch zu mir. Ich sehe, wie er schluckt, sagen tut er hingegen nichts.

»Lu!« Bonny springt von Coles Schoß und rennt geradewegs auf mich zu. Erst bin ich viel zu verpeilt um zu verstehen, dass Bonny von mir hochgehoben werden möchte. Sie zerrt an meinem Bein herum, doch ich kann nicht aufhören Cole zu mustern. Seine blonden Locken sind länger als ich sie in Erinnerung habe. Vor allem wirken sie dunkler, woraus sich schlussfolgern lässt, dass er die letzten drei Jahre irgendwo gelebt haben muss, wo die Sonne nicht so intensiv geschienen hat. Seine Haare wurden früher immer wegen der Sonne heller, das hatte ihn mächtig aufgeregt.

Sein Körperbau ist eines der Dinge, die sich extrem verändert haben. Er besaß früher schon mehr Muskeln als die anderen in seinem alter, doch jetzt ist er erstens in die Höhe geschossen und zweitens auch in die breite. Seine Schultern wirken muskulös und ich möchte mir gar nicht erst ausmalen wie definiert seine Brust unter seinem dunklen T-Shirt aussehen muss. Genau wie bei Drew.

-Losing Game-Where stories live. Discover now