-Kapitel 55-

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Zehn Minuten später haben Drew und ich uns wieder zusammengerauft und entschieden endlich zu essen. Dazu breite ich ein großes Handtuch auf dem Bett aus, damit hier nichts voll gesaut wird. Auch wenn wir nicht mehr in diesem Bett schlafen werden, gehört sich das für mich nicht.

In der Zwischenzeit zieht Drew sich (leider) komplett an und stellt dann das Frühstück auf das Handtuch, setzt sich auf die Bettkante und zieht mich zu sich. Lachend platziere ich mich irgendwie zwischen seinen Beinen, sodass mein Rücken gegen seine Brust gelehnt ist.

»Der Cappuccino ist schon kalt.« Drew schlingt seine Arme um meinen Bauch und platziert seinen Kopf an meiner Schulter. »Dafür bist du ganz heiß.« Kichernd merke ich wie rot meine Wangen wieder werden und ich bin ganz froh, dass er mir gerade nicht ins Gesicht schauen kann.

»Du hast immer einen Spruch auf Lager.« Ich strecke meine Hand nach der braunen Tüte aus und reiche Drew sein Sandwich. Er öffnet die Verpackung schnell und beißt hinein. Jedenfalls hört es sich so an.

»Das ist mein einziges Talent«, sagt er zwischen zwei Bissen. »Na ja, da kann ich dich beruhigen. Gestern Nacht warst du auch nicht so schlecht...« Grinsend beiße ich ins Sandwich, ziehe die Augenbrauen hoch und warte auf seine Reaktion. Das war natürlich purer Blödsinn, er war genial.

»Ich war nicht so schlecht?« Ich spüre, wie er das Sandwich beiseitelegt und meinem Hinterkopf näher kommt. Ich nehme seine Atemzüge an meinem Haar wahr, alle meine Härchen stellen sich rasant auf.

»Das ist das gleiche, wie wenn jemand sagt: Also so hässlich bist du doch gar nicht.« Kichernd lege ich meinen Kopf in den Nacken und stoße so gegen Drews Brust. Nun kann ich ihm ihn die Augen sehen, grinsend mustere ich ihn von unten.

»Genau meine Redensart. So schlecht warst du gestern gar nicht. Also womöglich könnte das irgendwann ein weiteres Talent von dir werden.« Drew schüttelt grinsend mit dem Kopf und legt seine Hände jetzt fest um meine Hüfte. »Ich zeig dir mal, wie schlecht ich gestern war.« Das Wort schlecht spuckte er beinahe aus, als wäre es ihm ein Fremdwort. Ich hickse laut aus, als er mich hochstemmt und mich neben sich aufs Bett wirft. Keine Sekunde später schwebt er über mir und drückt mir seine Lippen demonstrativ auf mein Gesicht, Hals und dann weiter runter zu meinen Brüsten. Ich kralle mich im Handtuch fest und beuge den Rücken durch. Insgeheim bin ich auf meine Worte sehr stolz, da ich ihn so dazu gebracht habe über mich herzufallen. Das ist viel besser als irgendein Frühstück aus einem Café.

Um punkt vierzehn Uhr überquere ich den Campus der Uni und schlendere zum Parkplatz. Drew hatte mir schon vor fünfzehn Minuten eine Nachricht geschickt in der stand, dass er bereits auf mich wartet. Heute waren wir mit der Gruppe durch die Wohnheime und durch die verschiedenen Vorlesungsräume gelaufen. Sie waren alle leer, da heute Sonntag ist, trotzdem konnte ich die Magie irgendwie spüren. Ich konnte fühlen und mir bildlich vorstellen wie die Studenten auf ihren Plätzen im Hörsaal sitzen und dem Professor mal mehr und mal weniger zuhören.

Die große Bibliothek hat mir besonders gefallen. Die ist im Ostflügel und wie in meiner High-School im obersten Stockwerk. Die Bibliothek ist riesig, Bücher wohin das Auge reicht und jede Menge bequeme Sitzmöglichkeiten. Das Lächeln auf meinen Lippen war wie angenäht, ich konnte nicht aufhören darüber zu staunen.

An dieser Universität bin ich richtig und ich fühle mich jetzt schon wohl an diesem Ort. Nur graust es mir gleich zurück nach Hause zu fahren, da ich keinen Schimmer habe, wie das mit Drew und mir weiterlaufen wird. Ich habe Angst, dass ich ihn aus meinem Leben streichen muss. Das unsere gemeinsamen Momente wirklich zeitlich begrenzt sind. Und das Limit läuft langsam, aber sicher ab.

Dann ist da noch die Sache mit morgen. Morgen ist der Tag, an den ich schon über Monate nachdenke. Es wird entschieden ob die Beweise, die gegen meinen Dad sprechen genügen um ihn noch länger festzuhalten. Diese Anhörung sollte schon vor zwei Jahren stattfinden, jedoch wurde sie immer weiter nach hinten verschoben. Isabell fand einen super Anwalt, der dafür bekannt ist, fast immer zu siegen. Trotzdem beruhigt mich das ganz und gar nicht, noch weniger die Tatsache, dass ich in den letzten Tagen kaum daran gedacht habe. Ich war zu sehr damit beschäftigt mich in die Falsche Person zu verlieben. Dad möchte, dass ich lebe. Das ich Spaß habe, Freunde finde und mich verliebe. Trotzdem habe ich das Gefühl ihn enttäuscht zu haben, indem ich dieses Wochenende hier verbracht habe. Ich hätte Zuhause bleiben sollen, Zeit mit Isabell und Bonny verbringen müssen und mich auf den morgigen Tag vorbereiten.

Mit einem mulmigen Gefühl schlendere ich über den leeren Parkplatz rüber zu Drews Wagen. Der Motor läuft bereits, auch er kann es wohl kaum erwarten wieder in sein normales Leben zu schlüpfen. Bevor ich die Wagentür aufziehe, atme ich noch einmal tief durch und spreche immer wieder zu mir selbst, dass mein Dad gerade das Wichtigste für mich ist. Die Sache mit Drew kann ich danach immer noch klären.

»Hey«, begrüßt er mich lächelnd. Ich gebe mir mühe um mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr sich meine Laune in den letzten Minuten verändert hat. Mit einem Ruck schwinge ich mich auf den Sitz, ziehe die Tür zu und lege den Sicherheitsgurt an. Dabei schaue ich nicht in Drews Richtung, ich meide jeglichen Blickkontakt.

»Hey«, nuschle ich dann.

»Ist alles in Ordnung?« Er hat seinen Oberkörper in meine Richtung gedreht und als ich keine Anstalten mache zu antworten, streckt er seine Hand aus und streichelt über meine Wange. In einer leichten Bewegung bringt er mich dazu ihn ansehen zu müssen. Als sich unsere Blicke treffen, schlucke ich fest. In seinen Augen liegt ein besorgter Blick, aber auch das Leuchten, welches sich in den letzten zwei Tagen gebildet hat. Er sieht mich so an wie ich es mir immer gewünscht habe. Als wäre ich die eine für ihn.

Wie hypnotisiert starre ich in seine Augen, dann wache ich aus meiner Starre und wende den Kopf ab. Seine Hand liegt nun nicht mehr an meiner Wange, gebannt sehe ich aus dem Fenster und versuche das Pochen in meiner Brust loszuwerden. Oder wenigstens zu ignorieren.

»Ich bin nur müde«, lüge ich dann und beiße die Zähne zusammen. Ich kann von der Seite spüren wie Drew mich noch einen Moment mustert, dann strafft er die Schultern, räuspert sich und fährt uns aus der Parklücke. Wie auch die Hinfahrt nach San Francisco vergeht die Fahrt ohne, dass wir beide sprechen.

Und das liegt allein an mir. 

-Losing Game-Where stories live. Discover now