-Kapitel 31-

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Drew

Ich kann nicht aufhören mit meinen Fingerspitzen gegen die Tischplatte zu trommeln. Die Pause wird in kürze zu Ende gehen und dann beginnt auch schon der Physikunterricht, in den ich gewechselt bin. Zum Glück genehmigte Ms Lacy vom Sekretariat den Wechsel von Chemie zu Physik.

Luna weiß nur nichts von ihrem Glück und ich kanns kaum erwarten ihren geschockten Gesichtsausdruck zu sehen, wenn sie es erfährt. Zumal sie mit großer Wahrscheinlichkeit allein an einem Tisch sitzt wird mich nichts davon abhalten können mich neben sie zu setzen.

Gestern Abend ist sie einfach eingeschlafen und ich kann nicht genau sage, wie lange ich noch in ihrem Bett geblieben bin, nur um ihr zu lauschen, wie sie seelenruhig schläft. Ich konzentrierte mich auf ihre Atmung, wie sie Luft holte und diese anschließend wieder aus dem Mund blies. Es war wie Musik in meinen Ohren, ich hätte ihr die ganze Nacht zuhören können. Doch mir war durchaus bewusst, dass Cole in seinem Zimmer auf mich wartete um mich auszufragen, wie es Luna ging.

Dann endlich konnte ich meinen Körper aus ihrem Bett fortbewegen und ihr Geruch, der sich in meine Nase eingebrannt hat, fehlte mir direkt als ich aus ihrem Zimmer schlich. Davor legte ich ihr noch die Schuhe auf den Schreibtisch. Cole saß wie erwartet auf seinem Bett und horchte mich direkt aus. Er wollte wissen wie viel sie mitbekommen habe, dabei wusste ich es selbst kaum. Das es sich unheimlich gut angefühlt hat mit ihr zusammen im dunklen Zimmer zu liegen behielt ich für mich. Auch die Anziehungskraft, die sich zwischen uns ausgebreitet hat und das Verlangen sie auf mich zu ziehen erzählte ich ihm nicht.

»Wir treffen uns dann nachher an Jamies Wagen.« Cole steht auf und schlendert mit einem blonden Mädchen im Schlepptau durch die Cafeteria. Unwillkürlich lasse ich meinen Kopf suchend durch den Raum schweifen, doch kann Luna nirgends erkennen. Kurzerhand später erhebe auch ich mich, da ich aus dem Augenwinkel Alison erkenne, wie sie auf mich zukommt. So schnell meine Beine es können tragen sie mich durch die Cafeteria, geradewegs zu den Physikräumen im Ostgebäude der Schule.

Es sind weit und breit keine Schüler zu sehen, aber der Raum, in dem ich gleich zusammen mit Luna Unterricht habe, steht offen. Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät mir, dass die Pause noch sieben Minuten geht. Da ich eh nichts zu tun habe betrete ich den Raum, halte jedoch sofort inne, als ich ein bekanntes Gesicht ganz hinten an einem Tisch direkt neben dem Fenster sehe.

»Sogar hier sitzt du direkt am Fenster.« Luna zuckt merklich zusammen und sieht sofort von ihren Unterlagen auf. Sie hat nicht bemerkt, dass ich in den Klassenraum gekommen bin. »Ich muss dich leider enttäuschen. Die Sterne sind noch nicht da.«

Mit sicheren Schritten gehe ich auf sie zu und genieße den Anblick, wie sich ihre Augen nach jedem Schritt mehr weiten, viel zu sehr.

»Das stimmt nicht ganz.« Sie sieht nicht von mir weg, ihre Augen bohren sich regelrecht in meine. »Sie sind nie weg. Nur wir können sie mit unseren menschlichen Augen nicht sehen.«

»Du willst mir also sagen, dass nicht einmal du sie sehen kannst? Deine sexy Brille müsste das doch schaffen.« Ich komme direkt vor ihr zum Stehen und merke wie meine Mundwinkel in die Höhe zucken. Ich habe sie zuvor nie in dieser Nerd Brille gesehen, aber es sieht unglaublich niedlich aus. Die Gläser sind viel zu groß für ihr Gesicht, ihre Augen wirken tausendmal größer.

»Die trage ich normalerweise gar nicht«, murmelt sie peinlich berührt und zieht sich die Brille schnell von der Nase. »Sie steht dir.« Sie meidet meinen Blick, ihre Wangen werden feuerrot. Grinsend stelle ich meinen Rucksack ab und nehme direkt neben ihr Platz.

»Eh?« Sie dreht ihren Kopf in meine Richtung. »Was suchst du hier?«

»Ich nehme an hier findet in wenigen Minuten der Physikunterricht statt«, sage ich ganz gelassen und verschränke meine Arme hinter meinem Kopf. Dabei spanne ich meine Armmuskeln extra an und genieße wie sich Lunas Pupillen bei dem Anblick verdunkeln. Sie beißt sich unauffällig auf die Unterlippe, doch mir entgeht das ganz und gar nicht. Ich will an ihren Lippen knabbern, sie küssen und auf meinen Schoß ziehen.

»Du bist nicht in meinem Kurs«, sagt sie trocken und richtet ihren Blick wieder ihren Unterlagen zu. »Seit heute schon.« Sie fährt ihren gesamten Oberkörper zu mir herum, mustert mich misstrauisch.

»Warum?«, fragt sie vorsichtig.

»Chemie ist nichts für mich«, lüge ich. »Deswegen hat mir mein Lehrer empfohlen in diesen Kurs zu wechseln.« Eine Lüge mehr oder weniger zählt nicht mehr. Ich habe Luna schon so oft etwas verheimlicht oder belogen. Da fällt diese weitere Lüge kaum auf. Außerdem kann ich ihr schlecht erzählen, dass Cole darauf besteht, dass wir beide mehr Zeit miteinander verbringen. Sie würde Cole direkt durchschauen. Sie würde merken, wie wichtig sie ihm noch ist.

»Okay«, sagt sie gedehnt. »Dann setz dich wenigstens an einen anderen Platz. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich andere Mädchen viel mehr freuen würden neben dir zu sitzen.« Unberührt schnappt sie sich ihre Brille, zieht sie auf und schreibt irgendwas in ihren Block.

»Ich ziehe dich meinen möglichen anderen Sitznachbarn vor«, meine ich gelassen und schnalze mit der Zunge. Luna ignoriert mich.

Ich nehme mir einen Moment Zeit um sie von der Seite aus zu betrachten und ich bin mir ziemlich sicher, dass Luna dies auch bemerkt. Sie scheint unsicher zu sein, oder nervös. Sie trägt ein blaues T-Shirt, welches ihr viel zu groß ist. Sofort denke ich an ihr gestriges Outfit zurück, welches viel zu viel Haut gezeigt hat. Es fiel mir verdammt schwer ihr in die Augen zu schauen, anstatt auf ihren Körper. Noch schwerer fiel es mir meine Finger bei mir zu lassen, als wir nebeneinander auf ihrem Bett lagen.

»Ignorierst du mich jetzt, Luna Moore?« Sie atmet genervt ein, strafft ihre Schultern und schreibt seelenruhig in ihrem Block weiter. Grinsend nehme ich meine Arme wieder runter und beuge mich zu ihren Unterlagen.

»Wow, du hast eine echt ordentliche Schrift«, necke ich sie.

»Großer Gott, Drew! Könntest du dich bitte woanders hinsetzen, oder wenigstens deine große Klappe halten?« Sie funkelt mich mit ihren großen Brillengläsern an. »Mit dieser großen Klappe kann ich so einiges anstellen.« Sie schüttelt völlig fertig mit den Nerven den Kopf und richtet ihre Aufmerksamkeit wieder ihren Lehrheften.

»Gestern Abend hast du es noch genossen mit mir zu reden«, verteidige ich mich und lehne meinen Rücken tief gegen den unbequemen Stuhl. »Da war es dunkel«, meint sie achselzuckend. »Ich musste deine große Klappe nicht sehen, weißt du? Deswegen konnte ich es mit dir aushalten.«

Ich fange an zu lachen und schüttle amüsiert den Kopf. Ich mag diese teuflische Seite an ihr mehr als ich sollte. »Eins zu Null für dich, Moore.«

Es klingelt zum Unterrichtsbeginn und der Klassenraum fühlt sich ziemlich schnell. Alle werfen mindestens einen verwirrten Blick auf Luna und mich, bis sie sich dann hinsetzen und untereinander flüstern, als wären wir gar nicht anwesend. Mein Körper versteift sich augenblicklich, dann sehe ich kurz zu Luna, die ohne aufzuschauen in ihren Block kritzelt und dem ganzen Getuschel keinerlei Bedeutung schenkt.

Eins ist sicher: Luna Moore verdient von jeden einzelnen hier auf der Schule einen gewaltigen Respekt. Sie schafft es weiterzumachen, obwohl sie von den meisten schikaniert wird. Sie ist sich im Klaren, dass die Leute hinter ihrem Rücken sprechen, und trotzdem ist es ihr egal. Oder sie tut bloß so, dennoch gibt sie öffentlich keinen Wert darauf. Die Leute müssen nach einer Weile merken, dass ihr Gemurmel ihr nichts antut. Sie zeigt sich stark gegenüber den anderen.

-Losing Game-Where stories live. Discover now