-Kapitel 70-

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Luna

Ich bekomme meine Augen nicht geschlossen, schon seit Stunden wälze ich mich in Meghans Bett umher, nicht im Stande einzuschlafen. Meine Seele, einschließlich mein Körper fühlen sich betäubt an. Als wäre ich nicht anwesend, alles scheint mir gleichgültig zu werden. Ich möchte meinen Körper verlassen, möchte dem Druck in meinem Herzen entkommen, doch es gelingt mir nicht. Seit Stunden starre ich auf die schwarze Decke, es ist pechschwarz im Raum. Meghan schläft neben mir, ich nehme ihre kurzen Atemzüge wahr und auch Conner ist zu hören. Er bestand darauf hier zu bleiben, er wollte mich in so einem Zustand nicht allein mit Meghan lassen. Jedenfalls denke ich, dass es so gewesen sein muss. Die Geschehnisse von der Grillparty verblassen vor meinem inneren Augen, die ganzen Dialoge drangen zu dem Zeitpunkt nicht vernünftig zu mir durch. Es ist wie ein schwarzes Loch, ich erinnere mich nicht an die Einzelheiten, trotzdem drohen mich die besagten Dinge runterzuziehen. Auf meiner Brust liegt ein unaushaltbarer Druck, es fühlt sich an, als würde sich mein Körper nun endgültig von meiner Seele verabschieden. Und wer könnte ihm das verdenken? In den letzten zwei Jahren habe ich so viel durchgemacht, dabei wundere ich mich nur, weshalb ich in den letzten Tagen so viel Spaß hatte.

Die letzten Tage waren toll, der gestrige Tag auch auf eine verrückte Art und Weise. Ich war erleichtert, dass mein Dad wieder frei ist, dass ich Drew und meine Freunde auf meiner Seite habe und mich mit Cole ausgesprochen habe.

Meine Fingerspitzen sind eiskalt, obwohl die Decke über meinem Körper liegt, ist mir kalt. Die Art, wie Drew plötzlich neben mir am Fenster stand, brannte sich die letzten Stunden in meinen Kopf. Ich kann die Augen für keine Sekunde schließen, ohne sein Gesicht vor mir sehen zu können. Wie er mich ansah, als wäre das alles ein großes Missverständnis. Als würde Cole lügen, als wäre unsere Verbindung keine erfundene Lüge. Er wirkte niedergeschmettert, als hätte ihm jemand beim lebendigen Leib das Herz aus der Brust gerammt. Für einen Moment glaubte ich an seine Unschuld, doch dann prasselte die nackte Wahrheit erneut auf mich ein. Alles was uns seit seinem Auftauchen verbunden hat war nichts weiter als ein Spiel. Ein erfundenes, gefährliches Spiel und wir beide waren die Hauptfiguren. Ich habe das Spiel verloren, indem ich mein Herz an ihn verloren habe und er es als Sieg angesehen hat.

Als die Sonnenstrahlen hell im Zimmer stehen, beginnt Meghan sich zu bewegen an. Mein Nacken ist steif, genau wie mein Rücken, da ich mich die ganze Nacht nicht bewegt habe. Meine Augen fühlen sich an, als würden sie jeden Moment zuklappen, doch es geschieht nicht. Auch wenn ich es versuchen würde, ich könnte nicht schlafen. Und das, obwohl ich so gerne in einen tiefen Schlaf fallen würde. Wenn man schläft, muss man sich keine Gedanken machen, man bekommt von der Außenwelt nichts mit, genau so wenig von den Personen, die einen am meisten wehgetan haben. Und das Beste ist: Wenn man schläft, gibt es keine Person, die man vermisst.

»Du bist schon wach«, stellt Meghan mit müder Stimme fest und aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie sie sich über die Augen reibt. Conners Ächzen ist im nächsten Moment zu hören, Meghan muss ihn soeben wach gemacht haben.

»Leute, also bitte. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf!« Seine sonst so tiefe Stimme hat keine Ähnlichkeit mit der von eben. Meghans Arme schließen sich um meinen Körper, sie vergräbt ihren Kopf an meinen Oberarm und fährt mit sanften Bewegungen über meine bedeckte Haut. Ihre Berührungen lösen nichts in mir aus, wie eingefroren starre ich nach oben an die Decke, die nun nicht mehr pechschwarz ist.

»Jetzt werde ich auch noch frech ignoriert.« Conner bricht erneut das Schweigen, dann stemmt er sich von Meghans Couch und lässt sich bei uns auf die Matratze plumpsen.

»Luna, es wird alles gut.« Meghans zimperliche Stimme hallt durch das Zimmer, trotzdem schaffe ich es nicht darauf etwas zu erwidern. Mein Hals fühlt sich belegt an, als würden die Worte nicht ans Licht kommen können. Auch Conners Arme schließen sich um mich, er verlagert sein halbes Gewicht auf mir und obwohl er schwer ist, wehre ich mich nicht dagegen. Ich lasse es über mich ergehen, versuche meine Gedanken einzustellen um mich der Wirklichkeit zu entziehen.

Meghans Eltern sind beide nicht da, als wir die Küche betreten um etwas zu Frühstücken. Wir lagen noch ziemlich lange im Bett herum, meine beiden Freunde merkten, dass ich nicht sprechen möchte. Sie waren für mich da, auch ohne zu reden. Die Ruhe tat mir gut, zu wissen, dass sie da sind, tat gut. Das hat mir erneut bewiesen, wie sehr sie für mich da sind.

»Wir können Pancakes machen«, schlägt Meghan vor und schaltet den Wasserkocher ein. Sonst würde ich Pancakes niemals ausschlagen, aber mein Magen verspürt keinen Hunger. Es fühlt sich an, als müsste ich mich jeden Moment übergeben, obwohl ich noch nichts zu mir genommen habe.

»Wie wäre es mit Rührei? Dann kann ich mein Können mal unter Beweis stellen.« Conner schiebt sich die Ärmel seines Hemdes nach oben und marschiert auf den Herd zu. Ich glaube er ist zum ersten Mal bei Meghan und trotzdem tritt er hier so auf, als würde er hier jeden Tag ein und ausgehen.

»Conner, untersteh dich! Wenn wir mit dem Frühstücken fertig sind, möchte ich die Küche wiedererkennen! Wenn du hier anfängst zu kochen, endet es höchstwahrscheinlich in einer Katastrophe!« Meghan öffnet einen Hängeschrank und zieht drei Tassen hervor.

»Ach! Das ist Quatsch mit Soße!«

Zum ersten Mal an diesem Tag entfährt mir ein Lachen. Nicht lange, aber lang genug um interessierte Blicke auf mich zu werfen. Meghan und Conner mustern mich stumm, sie scheinen nachzudenken. Dann wendet sich Conner Meghan zu, die eine weitere Schublade öffnet. Conner sieht irritiert hinein, dann nickt er Meghan zu. Verwirrt schaue ich beide nacheinander an, ich habe keinen Schimmer was sie da tun. Im nächsten Moment geht alles so schnell. Meghan holt eine Packung Mehl aus dem Schrank, öffnet diese, entnimmt etwas Mehl und pustet es in Conners Gesicht.

Er scheint nicht überrascht zu sein, das haben die beide geplant. Lachend kommen sie auf mich zugelaufen, woraufhin ich schnell beginne mit dem Kopf zu schütteln.

»Das wagt ihr nicht!« Meine Stimme klingt noch ziemlich belegt und heiser. Vermutlich, da ich sehr lange kein Wort mehr rausgebracht habe.

»Oh doch, Moore. Das wagen wir absolut.« Ich stolpere nach hinten, ein fettes Grinsen legt sich auf meine Lippen und im Nullkommanichts ist mein gesamtes Gesicht mit Mehl bedeckt. Ich huste lachend und versuche die Augen zu öffnen. Die beiden lachen sich einen Ast ab, dann greife ich nach der Packung und stecke meine Hand hinein.

»Das zahl ich euch heim!« Die Jagt beginnt und die Küche ist nach unserer Mehlschlacht nicht wiederzuerkennen. Genau wie Meghan es prophezeit hat. Sie nahm die ganze Unordnung in Kauf, nur um mich aufheitern zu können. 

-Losing Game-Where stories live. Discover now