-Kapitel 30-

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»Wie lange steht ihr beide schon hier?« Ihre Stimme klingt viel zu hoch, sie wagt es nicht mir in die Augen zu schauen. Ich bin gerade unendlich froh, dass es im Flur beinahe stockdunkel ist. Nur das Licht vom Wohnzimmer dringt hier ein, Isabell kann unmöglich erkennen wie aufgebracht ich bin.

»Luna wollte Popcorn holen«, erklärt Bonny glücklich, dann rennt sie mit ihren kurzen Beinen ins Wohnzimmer. »Cole!« Bonnys Stimme hallt durch das ganze Haus, wie sehr sie sich freut ihren Bruder zu sehen ist kaum zu überhören.

»Hast du uns gehört?« Isabell macht einen Schritt auf mich zu, doch ich weiche reflexartig zurück. Schluchzend verschränke ich meine Arme vor die Brust und beiße mir auf die Unterlippe. »Was soll ich denn gehört haben?« Ich stelle sie hiermit auf die Probe. Sie kann mir die Wahrheit sagen, sich mir anvertrauen. Doch sie kann mich auch belügen, mir weis machen es wäre nichts Wichtiges gewesen.

»Oh, nichts Weltbewegendes.« Obwohl es Dunkel im Flur ist, sehe ich ihre Nervosität deutlich an. Ich schüttle mit dem Kopf, dann deute ich mit einer Bewegung in Richtung Wohnzimmer. Man hört, wie Bonny Cole von dem Film erzählt, den wir, bis eben geschaut haben.

»Dann willst du also leugnen, dass Cole und du über meinen Dad gesprochen habt?« Eine weitere Träne rollt mir über die Wange, doch ich weigere mich sie wegzuwischen. Isabell würde es sonst merken.

»Luna...« Sie möchte nach meinem Arm fassen, doch ich weiche zurück.

»Er ist mein Dad, okay! Ich habe das Recht zu erfahren was hinter meinem Rücken über ihn geredet wird, Isabell! Er würde es so wollen!«

Es fühlt sich an als würden all meine Knochen gleichzeitig brechen, dann sprinte ich die Treppenstufen nach oben und schließe mich in meinem Zimmer ein. Bei meinem Bett angekommen schlage ich meinen Laptop zu, fange an alle Kissen, die sich auf meiner Matratze befinden grundlos zu Boden zu werfen, erst dann pflanze ich mich darauf und kralle meine Finger an die Fensterbank. Mein Herzschlag donnert wie verrückt gegen meine Rippen, sie nehmen alles in Beschlag. Meine Ohren rauschen vor Wut, ich höre nur meinen eigenen Puls. Vergeblich versuche ich an etwas anderes zu denken, nur nicht an eben. Ich richte meinen Blick dem Himmel zu, versuche nur darauf zu achten. Okay, Luna. Du kannst das. Du kannst an etwas anderes denken. Während ich den Halbmond anstarre, versuche ich mir einige Fakten über das Weltall in den Kopf zu rufen.

Sterne bestehen zum größten Teil aus Wasserstoff und Helium und sie werden auch als gewaltige Himmelskörper bezeichnet. Abgesehen von der Sonne sind alle Sterne, die wir am Nachthimmel sehen können, Lichtjahre von der Erde entfernt. Das bedeutet, auch wenn sie uns Menschen so nah erscheinen, ist das nur eine optische Täuschung. Unsere Augen können die Entfernung nur vermuten, doch wir können uns nie wirklich vorstellen wie weit diese Himmelskörper wirklich von uns entfernt sind.

In meinem Kopf gehe ich viele weitere Fakten durch, nur um mich irgendwie ablenken zu können. Ich möchte nicht darüber nachdenken, was Isabell und Cole mir verheimlichen. Ich möchte auch nicht darüber nachdenken was mein eigener Dad vor mir geheim hält. Natürlich bin ich nicht dumm und habe immer gemerkt, wie er vor mir dichtmachte, wenn ich das Thema mit Cole nur ansprach.

Vielleicht versuchen sie mich vor etwas zu beschützen und vielleicht schütze ich mich auch irgendwie selbst vor der Antwort auf meine Fragen. Ich könnte weiter nachbohren, unten einen Aufstand machen und mit etwas drohen, damit sie mir endlich reinen Tisch machen.

Doch in Wahrheit bin ich der Feigling. Ich habe verfluchte Angst die Wahrheit über jene Nacht zu erfahren. Ich möchte nicht die falsche Antwort erhalten.

Durch ein zögerndes Klopfen an der Tür werde ich aus meinen Gedanken geholt, doch ich sehe es nicht ein jetzt mit jemanden zu sprechen. Bevor die Person noch einmal klopfen kann, bücke ich mich nach meinem Handy, welches auf meinem Nachttisch liegt und gleichzeitig auch nach meiner kleinen Musikbox. Mit zittrigen Fingern mache ich beides an und lasse laute Musik durch mein Zimmer dröhnen.

-Losing Game-Where stories live. Discover now