-Kapitel 76-

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Drew

Das Essen der Cafeteria hat noch nie so widerlich geschmeckt wie heute. Schon heute Morgen, bevor ich aus dem Bett geschlüpft bin, hat sich mein Magen umgedreht. Es ist Donnerstag, auf meinem Stundenplan steht Physik. Wieder lasse ich meinen Kopf angestrengt durch die vollen Sitzreihen gleiten, von Luna fehlt wie in allen Pausen, jede Spur. Sie kam am Montag wieder in den Unterricht und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mir gleichgültig war. Als ich sie an ihrem Spind gesehen habe, zog sich meine Brust eng zusammen und mein Verstand schaltete sich ab. Wie ein elendes Wrack stand ich am Eingang festgefroren und starre zu ihr rüber. Erst, als Cole mir einen schubs von hinten gab, gaben meine Beine nach. Luna bemerkte mich an dem Tag erst spät, genauer gesagt, nach dem Unterricht auf dem Parkplatz. Sie und Cole waren zusammen gefahren und als sie zu ihm ins Auto gestiegen ist, landeten ihren Augen für keine Sekunde auf mir. Keine. Fucking. Sekunde.

Körperlich war ich wie festgefahren, aber innerlich? Innerlich ratterte alles und ich biss meinen Kiefer so fest zusammen, sodass er knarzte. Wie ein liebesgesteuerter Idiot starrte ich sie an, bewunderte, wie ihre seidig weichen Haare an ihrem Rücken hinunterfielen. Wie sie den Reißverschluss ihres Pullovers immer wieder nach oben zog, da es ihr zu kühl wurde und wie sich bei fast jeder Situation ihre Wangen ein wenig rötlich färbten.

Und das tat ich jeden Tag, bis heute. Am Montag hat sie Physik geschwänzt, als ich den Klassenraum betrat und sie nicht auffinden konnte, breitete sich das Loch in meiner Brust weiter aus. Aber jetzt ist Donnerstag, eine neue Chance sie ganz nah bei mir zu haben.

»Sie ist nicht hier. Du kannst dich gelassen auf dein Essen konzentrieren.« Ich drehe mich zu Cole, der mit der Zunge schnalzt und dann in sein Sandwich beißt. Er und Luna haben sich wieder vertragen, auch wenn ich ihn noch nicht gefragt habe, wie das alles entstanden ist. Ich schaffe es nicht mit jemanden über sie zu reden, die Worte bleiben in meinem Hals stecken. Wenn ich die Worte laut ausspreche, muss ich einsehen, dass ich es ziemlich verbockt habe.

»Ach, ja?« Ich ziehe eine Augenbraue nach oben und sehe zu, wie sich Cole langsam in meine Richtung bewegt.

»Ja. Wenn du mit ihr reden möchtest, dann tu es. Du willst zwar nicht mit mir darüber sprechen, was ich vollkommen verstehen kann, aber mit ihr schon. Es bringt nichts, wenn du sie vom weiten nur beobachtest, ohne Richtung zu handeln.«

»Das behauptet natürlich der Richtige«, kontere ich augenverdrehend und erhebe mich dann von dem Stuhl. »Ich geh in meinen Klassenraum.« Er nickt mir beschwichtigend zu und hält mich nicht auf, als ich zehn Minuten vor Pausenende die Cafeteria verlasse. Die Flure sind leer, als ich sie entlanglaufe und kurzerhand entscheide ich mich dazu, in der Bibliothek nach Luna zu suchen. Irgendwo muss sie sich während den Pausen aufhalten, wenn schon nicht in der Cafeteria. Meine Brust flackert auf, als ich durch die Glastür trete und die Dame hinter dem Tresen begrüße. Mit langsamen Schritten trete ich durch die Regale, halte die Luft ein und spitze die Ohren. Aus der hintersten Reihe sind wirklich Stimmen zu entnehmen, als ein lautes Lachen durch die Bibliothek hallt, stellen sich meine Nackenhaare auf. Abrupt halte ich inne und stoße meine angesammelte Luft aus. Lunas Lachen würde ich auch aus Fünf Meilen wiedererkennen können. Rückwärts taumle ich nach hinten, flüchte aus der Bibliothek und mache kehrt zum Physikraum. Meine einzige Chance mit ihr zu reden wäre, wenn sie auch zum Unterricht erscheint.

Die Tür steht offen, doch als ich eintrete, stelle ich fest, dass ich der Erste bin. Mit einem mulmigen Gefühl gehe ich auf die letzte Sitzbank zu und lasse mich auf meinem Platz nieder. In wenigen Minuten wird es Klingeln und ich merke schon, wie nervös ich werde. Es gibt so viele Dinge, die ich Luna sagen möchte. Sie soll wissen, dass ich sie niemals ausnutzen wollte und dass ich schlichtweg verrückt nach ihr bin. Ich vermisse sie unheimlich, es ist kaum auszuhalten. Nur wie kann ich ihr das alles sagen? Und schon gar nicht kann ich es mitten im Unterricht machen. Wenn sie überhaupt auftauchen wird.

-Losing Game-Where stories live. Discover now