-Kapitel 49-

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»Und? Bist du bereit um mit den anderen zukünftigen Studenten um die Häuser zu ziehen?« Drew hat es sich inzwischen neben mir bequem gemacht und schmiert sich eines der Brötchen. Grinsend schnappe ich mir einen Pancake, klatsche ordentlich die Erdnussbutter drauf und schiebe mir einen Bissen in den Mund.

»Und ob!«, verkünde ich zwischen zwei Bissen.

»Das nächste Mal besorge ich dir nur die Erdnussbutter. Wie es aussieht, hast du die viel lieber als den eigentlichen Pancake.« Ich drehe mich Drew provokant zu und beiße stöhnend in den Teig. Das sich dabei seine Augen deutlich verdunkeln entgeht mir nicht.

Der Campusrundgang mit den anderen zukünftigen Studenten neigt sich viel zu schnell dem Ende zu. Einige frühere Absolventen stellten sich zur Verfügung uns alles zu zeigen, es war kein Dozent dabei. Meine Augen kamen die gesamte Zeit gar nicht aus dem Staunen, am Tag sah die Uni nämlich deutlich mehr nach einer aus als in der Nacht.

Als wir am Basketballkorb vorbeikamen schoss pure Hitze durch meinen Körper, wie kleine Laserstrahlen. Unbewusst fuhr ich mir mit den Fingern über die Lippe, das Verlangen nach Drew überfiel mich unvorbereitet. Das ich ihn nach all den Jahren noch einmal geküsst habe, nein sogar zwei Mal, kann ich nicht glauben.

Die letzten Wochen schien es mir praktisch unmöglich ausgerechnet ihm Nahe zu kommen. Ausgerechnet der Person, die kurz nach der Festnahme meines Dads verschwand.

Der Schnuppertag endete um siebzehn Uhr, danach ging ich noch mit vier Mädels, die nächstes Jahr ebenfalls hier studieren, in ein Café. Sie nahmen mich direkt in ihre Fittiche, was wohl daran liegt, dass mich hier niemand kennt. Niemand hier kennt meinen Dad, oder mich. Sie haben keinen Grund mich auszustoßen und ich brachte das Thema nie auf den Tisch.

Ich genoss es bloß dazuzugehören.

Hin und wieder schrieb ich Drew eine Textnachricht und berichtete ihm von den Neuigkeiten. Er versicherte mir mich beim Café abzuholen, sobald ich fertig war.

Und hier stehe ich nun. Vor dem Café und mit der Hoffnung Drew würde jeden Moment um die Ecke biegen und mich sicher ins Hotel zurückbringen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich heute kaum an ihn gedacht habe.

Schon als er mich beim Campus abgeladen hat und mich den ganzen Mittag allein ließ, machte sich Sehnsucht nach ihm breit. Ich musste andauernd daran denken, wie sehr er für mich da war und mir zugehört hat. Mal ganz davon abgesehen von dem Ziehen in meinem Unterleib der zielstrebig nach Drew verlangte.

Im Sekundentakt rauschen Autos an mir vorbei, der Wind weht mir durch die Haare, wobei es keinen Zweck hat sie jedes Mal ordentlich zu zupfen. Das Café liegt nur wenige Minuten vom Campus entfernt, meine neuen Bekanntschaften sind dahin zurückgegangen, doch ich versicherte ihnen, dass ich hier abgeholt werde. Sie ziehen heute Nacht noch um die Häuser, sie wollten mich mitnehmen.

Zu meiner Enttäuschung hört sich jedoch ein weiterer Abend mit Drew besser an. Ich bin echt ein Wrack.

Meine Gedanken schweifen ab zu Cole. An ihn musste ich heute auch öfters denken, da wir früher oft über unsere Zukunft gesprochen haben. Wir wussten nie wirklich als was wir später einmal arbeiten möchten und dass ich einen Weg für mich gefunden habe, erweckt in mir das Verlangen, ihm davon zu erzählen.

Kurzerhand zucke ich mein Handy hervor und wähle seine Nummer. Mein Herz schlägt mehrere Saltos, ich verlagere mein Gewicht von einem Beim aufs andere. Ich habe schon bedenken er würde nicht rangehen, doch dann erlöscht das Piepen.

»Luna?« Ich kneife die Augen zusammen, genieße seine Stimme dicht an meinem Ohr. Sie ist in den letzten drei Jahren reifer geworden und viel rauer, als ich sie in Erinnerung habe. Er wuchs zu einem Mann heran und ich konnte diese Verwandlung nicht mit ansehen.

»Hey«, sage ich kratzig und fasse mir instinktiv an den Hals. Komm schon, Luna. Entspann dich. Du kennst Cole, er ist kein Fremder.

»Ist alles gut? Ist was passiert?« Im Hintergrund sind Stimmen zu hören, wie von einem Fernseher. Er könnte Zuhause sitzen, oder vielleicht auch bei Jamie.

»Ja, alles gut. Ich wollte nur nachfragen, wie es Bonny geht.« Lügnerin. Coles Antwort kommt später als die zuvor. »Ihr geht es ganz gut. Sie müsste in ihrem Zimmer spielen.« Er wirkt verwirrt.

»Und wie geht es Isabell? Hat sie viel Stress wegen Montag?«

»Luna, jetzt Spucks schon aus. Willst du mich noch nach dem Wetter fragen? Oder wie hoch die Raumtemperatur in deinem Zimmer momentan ist?« Ein Schmunzeln huscht über mein Gesicht.

»Schön, du hast gewonnen. Eigentlich wollte ich dir nur von dem Unibesuch erzählen, aber ich war mir nicht sicher, ob es dich überhaupt interessiert.«

Immer wieder schaue ich mich nach Drew um, doch er ist noch nicht zu erkennen.

»Wie war es?« Er klingt wirklich interessiert daran. An seinem Ton ist nichts zu Erkennen was nicht darauf hinweist. »Es war großartig. Ich glaube ich kann nächstes Jahr ein ganz neues Leben beginnen. Ohne die ganzen Lasten, die an mir hängen, weißt du? Ich habe sogar schon Leute kennengelernt, mit denen ich mich anfreunden könnte. Es ist echt unglaublich.«

Meine Mundwinkel zucken, das Lächeln auf meinen Lippen nimmt nicht ab und ich halte mir mein Handy so fest ans Ohr wie es mir möglich ist. Wie immer stelle ich fest, dass ich Cole in meinem Leben brauche. Wie die Luft zum Atmen.

»Das klingt wunderbar, Luna.« Er räuspert sich. »Ich muss jetzt Schluss machen. Wir sehen uns morgen Abend.« Und dann ist die Leitung tot. Verblüfft starre ich auf das dunkle Display meines Handys, versuche zu verstehen, wieso er plötzlich auflegt. Dann tippt mir jemand an die Schulter, ich wirble herum und erblicke Drew vor mir stehen.

»Wartest du schon lange auf mich?« Er trägt einen dunkelblauen Pullover, der seine Arme breit wirken lässt. Wie eine Irre starre ich auf seinen rechten Oberarm. Erst als er mit den Fingern vor meinem Gesicht schnipst, blinzle ich auf.

»Was?«

»Ich fragte, ob du schon lange auf mich gewartet hast.« Er lacht amüsiert und verschränkt seine Arme vor der Brust. Mit glühenden Wangen verstaue ich mein Handy in der Handtasche und straffe die Schultern.

»Nein. Ich habe bis eben noch telefoniert. Du bist zur perfekten Zeit gekommen, ehrlich.«

Je länger ich ihn betrachte, desto mehr fällt mir auf wie sehr er mir wirklich gefehlt hat. Ich liebe es zu beobachten wie ihm seine dunklen Strähnen ins Gesicht fallen und er versucht sie wegzupusten. Er sieht mich lächelnd an, so warmherzig, dass mir beinahe schwindelig wird.

»Hast du Hunger?«

»Hast du in der Hotelküche etwa wieder einen Wagen geklaut?« Ich setze zum Laufen an, doch Drew greift nach meinem Handgelenkt und wirbelt mich zu ihm herum. Ich pralle gegen seine Brust, gerate ins Schwanken, dann schlingt er seine Arme um meinen Rücken. Mein Herz springt mir gleich aus der Brust, da bin ich mir sicher.

»Erstens, nein leider nicht. Aber wir können uns in einem Restaurant etwas zum Essen holen.« Er beugt sich zu mir runter, ich halte den Atem an, bis er seine Lippen auf meine Nase sinken lässt und mir einen kurzen Kuss beschert. Meine Nase fängt unwillkürlich an zu kribbeln. »Und zweitens gehst du in eine komplett falsche Richtung. Das Hotel liegt dort.«

Er lässt seine Arme von mir ab und zeigt in die entgegengesetzte Richtung. »Das wusste ich«, lüge ich kleinlaut und steuere nun den richtigen Weg an.

Drew folgt mir lachend. 

-Losing Game-Where stories live. Discover now