-Kapitel 11-

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Das Wort Zeitgefühl rückt in meinem Kopf immer weiter in den Schatten, den hier mitten auf der Tanzfläche, zwischen all den angetrunkenen Leuten fühle ich mich überraschender Weise ziemlich gut aufgehoben.

Meghan und ich bewegen uns schon seit einer langen Zeit zum Takt der Musik, die laut aus dem Bass schallt, lassen uns zwischen den ganzen verschwitzten Körpern von Platz zu Platz treiben und für diesen unbeschreiblichen Moment gelingt es mir tatsächlich meine inneren Dämonen zu vertreiben. Ich würde niemals behaupten, dass ich sie durch diesen Akt des Mutes besiegt habe, aber dennoch verspüre ich einen Funken Stolz, an dem ich weiter arbeiten kann.

Jedoch kann meine Sicht auf Besserung auch nur an den zahlreichen Drinks liegen, die Meghan immer wieder auffüllen geht. Während wir alle möglichen Körperstellen bewegen und zur Schau stellen, verschwindet sie immer wieder zwischen den ganzen Gesichtern und kommt mit zwei vollen Drinks zurück.

»Ich kann nicht mehr«, ruft Meghan mir ins Ohr und wischt sich angestrengt über die Stirn. »Wie wäre es mit einer kleinen Pause?« Ich nicke zustimmend und lasse mich von ihr durch die Menge ziehen.

Meine Beine fühlen sich in diesen hohen Schuhen mittlerweile wie pures Wackelpudding an, doch beim Tanzen fiel es mir nicht einmal auf. Erst jetzt als Meghan mich in der Küche los lässt und ich zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit aufrecht stehe ohne mich irgendwie zu bewegen habe ich das monströse Verlangen mir auf der Stelle die High-Heels von den Füßen zu reißen.

»Meine Füße fühlen sich so an, als hätte ich stundenlang auf Spitzenschuhen getanzt«, jammere ich und lehne mich mit der Hand gegen den Tresen, direkt neben dem Waschbecken.

»Wie wäre es denn mit einer Ballettkarriere?« Meghan fängt an zu kichern und stößt mit dem Rücken gegen den Türrahmen der großen Küche. Auch sie hat bereits einiges getrunken. »Wenn ich dann ein süßes Tutu tragen darf, überlege ich es mir«, meine ich nüchtern und spiele mit dem Gedanken mir jetzt einfach die Schuhe auszuziehen um für den Rest des Abends Barfuß zu laufen.

Während ich meinen Gedanken nachhänge, lasse ich meinen Blick angestrengt durch die Küche schweifen, jedoch muss ich meine Augen zusammenkneifen, als ich den Kopf anhebe und den goldenen Kronleuchter bewundere, der in der Mitte des Raumes, genau unter dem Tresen mit zahlreichen Spirituosen, hängt. Ich gerate ins Schwanken, als ich mich wieder aufrecht stellen will und bekomme noch rechtzeitig den Küchentresen hinter mir zu fassen.

Das Haus der Andrews ist bekannt für die goldenen Kronleuchter, man findet sie in jedem Zimmer. Sogar im Gästebadezimmer hängt ein kleines Exemplar. Die Eltern von Jamie betreiben ein Unternehmen die darauf spezialisiert sind. Einige Menschen lassen ihr angespartes in Goldbarren umwandeln, falls es in einigen Jahren mehr Wert ist. Die Idee von den Andrews ist genau die, nur das keine normalen Goldbaren hergestellt werden, die über die Zeit nur in einem Tresor lungern, sondern sie verwandeln das wieder verwendbare Gold in einen Kronleuchter, den man sich Zuhause aufhängen kann.

Und was soll ich sagen? Ihr Unternehmen brummt regelrecht und die Andrews sind seit mehreren Jahren Spitzenverdiener.

»Willst du noch einen Drink?« Ich versuche Meghan zu fokussieren, doch mein Sichtfeld scheint immer kleiner zu werden. Auch mein Kopf beginnt sich zu drehen, wobei der Kronleuchter so wirkt, als würde er ein Karussell abgeben.

»Ich glaube, wir beide sollten ein Glas Wasser trinken.«

»Unsinn!«, protestiere ich und stemme mich vom Tresen ab. »Einen Drink schaffen wir noch.«

»Keine Wiederrede.« Meghan sieht nicht in meine Richtung, während sie sich zwei saubere Becher schnappt und sie neben mir im Waschbecken füllt. »Hier.« Seufzend nehme ich ihr einen Becher ab, nippe daran und trinke nur wenige Schlucke. Es ist nicht, weil ich anderer Meinung bin und sage, dass wir kein Wasser trinken sollten. Nur würde es mich langsam ausnüchtern lassen und dann wars das mit den schwerelosen Momenten.

-Losing Game-Where stories live. Discover now