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Ein weiteres Mal hielt ich auf die Tore des Schlosses zu.
Und das bis an die Zähne bewaffnet.

Die Blicke auf der Straße folgten mir, als ich ganz selbstverständlich zu dem Wachmann am Tor ging.
Es war der gleiche, wie bei der Audienz des Königs und ich lächelte ihn kühl an.
„So sieht man sich wieder."

Er schluckte kaum hörbar. „Wo-Wofür die ganzen Waffen?"
Wortlos hielt ich meine vollgestopfte Umhängetasche hoch.
„Ich sollte meine Sachen packen und heute Mittag ins Schloss kommen. Meine Messer haben nicht mehr rein gepasst."
Dass ich dadurch gefährlich und einschüchternd aussah war nur ein positiver Nebeneffekt.
Er atmete leise aus und nickte.
„Geht einfach rein, Lady Nemesis."

Als er mich mit einem Titel ansprach hob ich fragend eine Augenbraue hoch.
„Ihr seid jetzt eine Lady vom Stand. Der Prinz hat darüber verfügt, dass man euch so anspricht."

Will der Prinz mich etwa ärgern?

Darauf erwiderte ich nichts mehr und rauschte an ihm vorbei. Mit großen Schritten überquerte ich den Platz mit der Statue von Riniah und lief die Treppen zum Tor hoch. Ich stieß sie auf und fand mich in der Eingangshalle wieder.
Schwarz-Weiß gekachelter Boden, zwei Wendeltreppen rechts und links, sowie einen Kronleuchter aus Kristall. Alles wie beim letzten Mal.

Nur das Mittags offenbar mehr Betrieb herrschte. Diener liefen über die Treppen, putzen den Boden oder brachten eilig Gegenstände von A nach B.

Ich musste einem Mädchen mit hellblondem Haar ausweichen, das sonst mit dem Arm voll Kräutern gegen mich gelaufen wäre.

„Verzeihung!", rief sie über die Schulter, ehe sie im nächsten Gang verschwand.

„Lady Nemesis."
Natürlich hatte ich ihre Schritte gehört und wandte mich deswegen zu dem Mädchen um.
Es war eine Dienerin des Schlosses, genau genommen eine Zofe.
Das erkannte ich an ihrem dunkelblauen Kleid mit weißer Schürze. Es war langärmelig, und reichte ihr bis oberhalb der Knie. An den Händen steckten weiße Handschuhe aus Stoff, mit zarten Rüschen.
Für Zofen typisch waren ihre Haare in einen Dutt gebunden und mit einem Band versehen. Blau bedeutete sie war eine Zofe der Königsfamilie, weiß bedeutete, sie war eine Zofe des Adels.
Diese hatte ein weißes Band, also des Adels.

„Das bin ich. Auch wenn ich es bevorzuge, einfach mit Nemesis angesprochen zu werden."
Das Mädchen schien irritiert. „Befehl des Prinzen."
Innerlich seufzte ich, aber mein Gesicht blieb wie immer in einer Miene der Gleichgültigkeit erstarrt.

„Ich soll Euch zu euren Gemächern bringen. Dann könnt ihr eure Sachen dort ablegen."
Falls meine vielen Waffen sie einschüchterten, zeigte sie es nicht. Trotzdem sah sie mir nicht in die Augen, sondern nur auf das Kinn. Ich dagegen musterte sie genauer. Ihre Augen waren braun, wie ihre Haare und sie hatte kleine Sommersprossen. Ihre Lippen waren sanft geschwungen, was ihr ein freundliches Aussehen verlieh. Sie sah gut aus und es gab bestimmt einige Jungen, die ein Auge auf sie warfen. Doch auch wenn sie aussah wie ein Unschuldsengel, hütete ich mich davor, darauf reinzufallen.

„Verstehe. Ich folge dir."
Das Mädchen wandte sich um und lief voraus. Mit leisen, aber für mich immer noch hörbaren Schritten, führte sie mich die linke Treppe hoch.
Über mehrere Fluren und kleine Hallen brachte sie mich in den Westflügel. Hier war alles edler und mit vielen Verzierungen eingerichtet. Die Wände waren kunstvoll gestaltet und mit Porträts von beeindruckenden Persönlichkeiten verziert. Dazu standen im regelmäßigen Abständen Blumen am Fenster und verströmten einen angenehm frischen Duft. Von daher vermutete ich das hier auch adelige Besucher empfangen wurden.

Zu meiner Überraschung führte sich mich sogar noch weiter.
Bis zum Flügel der königlichen Familie.

Die Zofe hielt vor einem Zimmer mit einer weißen Flügeltür und goldenen Klinken. Sie ließ mir mit gesenktem Kopf den Vortritt.
Ich trat ein und nahm das Zimmer in Augenschein.
Obwohl, Zimmer traf es nicht richtig. Es war ein Gemach.

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now