78

2.8K 282 59
                                    

Nemesis
Kopfschüttelnd sah ich den sitzenden Gott vor uns an.
„Wieso denkt Ihr, dass ich Euch diese Magie beschaffe? Eure Fehden interessieren mich nicht."

Dass ich einem Gott so offen trotze, ließ die anderen erschrocken nach Luft schnappen. Die Köpfe von Chara und dem Prinzen schossen herum.
„Nemesis!", mahnte Drystan, aber Xenos winkte ab.
„Ich hätte dir jetzt die Gefahr mit Arnicus ins Gedächtnis gerufen, der jeden Menschen, einschließlich der Leymalier, gnadenlos vernichten wird. Menschenleben interessieren dich nicht."
Ich stritt es nicht ab, sondern wartete, was er mir anbieten würde.
„Was dich interessiert ist Rache und Vergeltung an dem leymalischen König."

Ich lächelte schmal. „Das ist richtig. Könnt Ihr mir das versprechen? Dass er leiden wird, dass er durch meine Hand den Tod findet? Dass ich das letzte sein werde, das er sieht. Dass er mich fürchten wird?"

Bei meiner dermaßen harten Stimme rutschten die Königswächter und Phyrros unbehaglich auf ihrem Platz herum. Ich machte keinen Hehl daraus, dass ich keine Moral besaß. Andere Leben interessierten mich nicht. Diese Welt hatte für mich nur Leid und Schmerz offen. Mein einziger Platz in ihr war als Killerin. Damit hatte ich mich in der Burg endgültig abgefunden.
Sieh dem Monster ins Gesicht.

„Wir Götter können dir die Rache ermöglichen, die du dir wünscht. Wenn du unsere Magie findest", versprach Xenos mit einem Nicken.

„Angenommen Nemesis findet diesen Teil", schaltete sich Martell jetzt ein, „Inwiefern hilft es uns in diesem Krieg?"
Xenos richtete sich auf. „Die Götter können Euch derzeit nicht mit mehr als Worten helfen, da wir keinen Einfluss auf eure Welt nehmen können. Wenn wir unsere ursprüngliche Macht zurückerlangen, können wir die Infizierte für euch töten."
Schulterzuckend machte er eine vage Handbewegung zu Drystan.
„Mit der Magie, die er durch meine Frau erhält, könnte Drystan die Infizierte ebenfalls töten, aber in diesem Ausmaß würde es ihn umbringen."
Drystan zuckte zusammen.

„Mit dem Teil der Magie können wir diesen Kampf beenden. Wir müssen nicht länger tatenlos zusehen, wie die Menschen nach und nach Arnicus' Magie zum Opfer fallen."

„Aber Ihr steht jetzt vor uns. Ihr seid in der stofflichen Welt, oder nicht?", wandte Chara berechtigt ein.
Der Gott strich über den Sockel unter sich.
„Diese Statuen sind Relikte einer längst vergessenen Zeit, wo sowohl Götter als auch Menschem stärker waren. Man hat sie mit sehr alter Magie errichtet. Es sind Knotenpunkte, wo die stoffliche und die göttliche Welt aufeinander treffen, sodass hier die Barrieren sehr dünn sind. Mit den Statuen in diesem Tunneln wurden Tore geschaffen."
Er machte eine Bewegung, die den Raum einschloss.
„Ich kann jedoch nicht über diese Wände hinaus und Magie wirken kann ich hier ebenfalls nicht. Betreten kann ich eure Welt ebenfalls nur, wenn ich gerufen werde."

Drystans Atem stockte. „Heißt das, ich könnte Riniah auf dem Platz vor dem Schloss rufen?"
„Könntest du", bestätigte Xenos, „Wenn du auf deine Magie zugreifen könntest."
Die Schultern des Prinzen sackten ein Stück herab.

„Dass du es noch nicht kannst, liegt daran, dass du die Quelle in dir so lange ignoriert und verleugnest hast. Du hast selber Mauern erbaut, die dich jetzt daran hindern. Aber das lässt sich richten."
Zuversichtlich nickte Xenos ihm zu.
„Mit Charas und meiner Hilfe gelingt es auch dir, deine Magie zu kontrollieren."
Drystan war zu überrascht, von dem Angebot, um etwas zu erwidern. Doch als er sich gefangen hatte, neigte er den Kopf.
„Ich danke Euch."

Innerlich verdrehte ich die Augen. Nur weil es Götter waren, hieß es nicht, dass sie unsere Dankbarkeit in diesem Ausmaß verdienten. Zumindest für mich hatten sie nie etwas getan.
Respektlos war man nur, wenn die Person dir gegenüber Respekt verdiente.

Nemesis - Blut und Schwerter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt