14

4K 303 14
                                    

Der König stützte sich ernst auf seinen Schreibtisch. Es war der Zwilling zu dem von Drystan. Ebenfalls aus dunklen Eichenholz, aber wo der des Prinzen unordentlich mit Papieren überhäuft war, war der des Königs ordentlich organisiert. Die vielen Zettel, bestehend aus Verträgen, Erklärungen und Rechnungen, waren ordentlich links auf der Seite gestapelt. Auf der anderen Seite dagegen war alles nötige für ein Wachssiegel bereit gestellt.
Außerdem befanden sich ein Tintenfass mit Feder an der Seite.

„Ihr wurdet von einer infizierten Person angegriffen?", der König atmete aus, „Im Wald vor Traddis?"
Drystan und ich nickten knapp.

Die Königin trat in ihrem wunderbar gelben Kleid näher zu ihrem Mann, um ihm eine Hand unterstützend auf die Schulter zu legen.
Der König schenkte ihr ein dankendes Lächeln, ehe er sich zu uns umdrehte.

„Die Posten an der Grenze wurden bereits darüber in Kenntnis gesetzt, erhöhte Wachsamkeit walten zu lassen. Wir können nicht viel tun, bis Alaric mehr über diesen Vorfall weiß und Ergebnisse hat."
Drystan nickte zustimmend und ich trat einen kleinen Schritt vor, um den Blick des Königs auf mich zu lenken.
„Nachdem ich die Person getötet habe, konnte ich etwas Blut mitnehmen. Wenn Ihr gestattet, würde ich es zum Hofarzt bringen."
Drystans Vater stimmte zu. „Ja, das solltet Ihr tun, Lady Nemesis."

Danach sah er seinen Sohn strafend an. „Das nächste Mal, wenn du spontan in den Wald reitest, sagst du einem Königswächter Bescheid."
Der Prinz senkte gehorchend den Kopf. „Ja, Vater."
Ausatmend und ohne den strengen Ton, sah er mich an. Es waren Drystans eisblaue Augen, die mich da ansahen. Er waren genau die gleichen.
„Ihr habt meinen Sohn beschützt. Gute Arbeit, Lady Nemesis. Ihr habt uns einmal mehr bewiesen, warum wir Euch die Stelle angeboten haben."
Überrumpelt von dem Lob kam meine Antwort eine Sekunde später: „Vielen Dank, Eure Majestät."

Immer noch mit nachdenklich verdunkelten Augen, drehte er sich wieder zu seinem Tisch, um ein Papier anzusehen.
Damit waren der Prinz und ich entlassen, also wandten wir uns zum gehen.

Nach einer Weile, in der wir den Weg durch die Gänge des Schlosses bis zum Zimmer des Arztes zurücklegten, bemerkte ich:
„Ihr habt Eurem Vater nicht gesagt, dass ich ein junges Mädchen getötet habe."
Der Prinz sah mich aus eisblauen Augen von der Seite an.
„Was ist dabei?"
Nach einem für mich ungewöhnlichen Zögern erwiderte ich. „Es hat Euch etwas ausgemacht."
Darauf blieb der Prinz stehen und wandte sich mir zu. Ich tat das gleiche. Mein Gesicht nichts sagend und meine Haltung makellos gerade.

Er lächelte, aber es war ein müdes Lächeln.
„Ihr hattet eine Wahl und Ihr habt Euch für mich entschieden. Dass ich Euch angeschrien habe, tut mir leid. Meine Nerven liegen im Moment einfach blank."
Ich reagierte nicht, aber innerlich war ich wieder verwirrt. Erst war er wütend, dann sagte er nichts und jetzt war alles in Ordnung? Hatte ich jetzt etwas falsch gemacht oder nicht?
Dass man sich bei mir entschuldigte, war auch neu.
„Aber Ihr habt mir heute mein Leben gerettet", fuhr er fort, „Und dafür möchte ich mich bedanken. Ihr habt schnell reagiert, die Situation noch vor mir erfasst und ohne zu zögern eine Entscheidung getroffen."

Er bedankte sich.

Sein Lächeln verblasste und er ging weiter.
„Aber jetzt müssen wir sehen, was Alaric herausgefunden hat."
Noch etwas perplex von seinen sanften Worten, kam ich hinter her.

Als wir klopften und eintraten, brütete der Heiler gerade über ein Blatt Papier mit Notizen. Seine dunkelbraunen Haare waren in einen Dutt zurück gebunden, aber einzelne Strähnen fielen ihn in die Stirn. Er hörte unsere Schritte und sah auf.
„Eure Hoheit, freut mich, dass Ihr wieder da seid", er stand auf, damit er sich verbeugen konnte. Mich grüßte er mit einem höflichen Nicken, das ich erwiderte. „Lady Nemesis."

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now