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„Bevor wir mit der Technik anfangen, möchte ich dass du dich einfach zu der Musik bewegst.", sagte ich entschieden, „Improvisier deinen eigenen kleinen Tanz."
Meine Stimmlage wurde automatisch etwas härter und kälter. So kannte ich es von meinem Training.

Der Prinz blinzelte, tat aber wie geheißen, also startete ich den Plattenspieler.

Er nahm die übliche Haltung ein und begann. Es waren nicht die gleichen Schritte, aber er war immer noch nicht locker genug, als dass es elegant aussah.

„Schultern lockern!", rief ich ihm zu, „Atmen!"

Drystan schüttelte die Arme aus und machte weiter. Diesmal war er tatsächlich etwas entspannter.

„Federnde, sanfte Schritte! Wenn die Musik härter wird darfst auch die kräftiger tanzen!"

Schnell korrigierte er sich. Als die Musik rasant in die Höhe ging, baute er sogar einen kleinen Hüpfer ein, mit der er die Richtung wechselte.
Es wurde besser, aber er arbeitete nicht mit der Musik.

Der Walzer endete und Drystan drehte sich erwartungsvoll zu mir um. Mein emotionsloses Gesicht gab ihm keinen Hinweis darauf, wie er abgeschnitten hatte.

„Besser.", sagte ich knapp, „Nochmal. Diesmal schließt die Augen. Es soll nichts anderes geben als die Musik."
Das einzige, das den Ärger auf sich selbst verriet, waren seine aufeinander gepressten Lippen, als er wieder Haltung annahm.

Die Musik setzte ein und er tanzte los. Am Anfang waren die Bewegungen mit geschlossenen Augen etwas unsicher, aber irgendwann wurde er sicherer. Aber er selbst konnte die Melodie nicht verkörpern.

Seufzend stoppte ich den Plattenspieler.
„Ihr tanzt, als wäre die Musik das eine und der Walzer das andere."
Seine Schultern sackten herab, als er aufhörte. Jetzt ging er zu mir rüber.
„Ich versuche es wirklich! Nur irgendwie will es nicht funktionieren."
An seiner Stimme hörte ich, wie es ihm zu schaffen machte.

„Wie habt Ihr den Walzer gelernt?"
Das hatte Drystan mich schonmal gefragt. Die Antwort blieb die selbe.
„Mit Methoden, die für Euch nichts sind."
Die Antwort schien ihm nicht zu gefallen, denn er verschränkte die Arme vor der Brust.
„Erzählt."
Mein Körper spannte sich an, aber ich schaffte es die Erinnerungen abzublocken. Trotzdem war der Albtraum von heute Nacht noch frisch und mein Herzschlag beschleunigte sich.
„Ich muss Eure Fragen nicht beantworten", erinnerte ich ihn an die Abmachung.
Er kniff die Augen zusammen.
„Wie soll ich Euch vertrauen, wenn ihr keine meiner Fragen beantwortet?"
Darauf erwiderte ich nur: „Ihr solltet nicht mir vertrauen. Vertraut auf meine Fähigkeiten."
Das brachte ihn zu einem schwachen Lächeln.
„Irgendwann erfahre ich, wer Ihr seid und was es mit Eurer Vergangenheit auf sich hat."
Ich legte den Kopf schief. „Warum denkt ihr das?"
„Weil jeder irgendwann mal einen Fehler macht. Auch Ihr werden Euch früher oder später verplappern, falsch verhalten, was mir einen Hinweis gibt." Er machte eine weiterführende Handbewegung. „Und dann setzte ich die Puzzleteile Stück für Stück zu einem ganzen zusammen."

Vermutlich hatte er recht. Irgendwann würde meine Täuschung auffliegen. Dann würde er wissen, dass ich zu den Leuten gehörte, die ihn hatten umbringen wollen. Er würde erfahren, wie ich die Sachen gelernt hatte. In dem Moment, in dem er es herausfand und dem König berichtete, würde ich mich aus dem Land rauskämpfen müssen. Die Königsgarde würde versuchen mich gefangen zu nehmen.
Das wäre dann wohl ein blutiges Ende meiner Karriere als königliche Leibwächterin.

„Bete, dass es nicht so weit kommt.", murmelte ich.

Schweigen entstand, in dem mich der Prinz musterte. Der anfänglichen Neugier war jetzt Nachdenklichkeit gewichen.

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now