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Da Drystan mich mit einem Befehl dazu gezwungen hatte, saß ich jetzt auf dem Sofa im Gemach des Prinzen und wartete bis er Salbe und Verbände aus einer Schublade seines Schreibtisches gekramt hatte. Als er sie gefunden hatte, wandte er sich zu mir um.

Dunkel sah ich ihn an. Ich nahm es ihm übel, dass er mir befohlen hatte, hier zu sein.

Seufzend kniete er sich vor mir hin.
„Ihr seid verletzt. Wenn Ihr wie Ihr sagt, eine verstauchte Rippe habt, dann muss das verarztet werden", versuchte er seinen Befehl zu rechtfertigen.
Schweigend sah ich zu ihm runter.

Während er vor mir kniete, öffnete er das Gefäß mit der Salbe und tunkte seine Finger hinein.
„Wenn Ihr mir sagt, wo ich die Salbe auftragen muss."
Wartend sah er mich an.

Abrupt stand ich auf und brachte Abstand zwischen uns.
„Ihr werdet mich nicht berühren", stieß ich eine Spur zu hastig hervor.

Erst jetzt schien er seinen Fehler zu begreifen, weswegen er eilig aufstand.
„Ich bitte um Verzeihung", beeilte er sich zu sagen, „Dann macht es selbst."
Wortlos hielt er mir die Salbe hin.

Misstrauisch nahm ich sie entgegen und schnupperte daran. Sie roch nach einfachen Kräutern. Kein Gift oder schädigende Stoffe.

„Ich habe nicht vor Euch zu vergiften. Ihr seid meine Leibwächterin."
Anstatt darauf einzugehen, forderte ich:
„Dreht Euch um."
Ohne zu protestierte kehrte Drystan mir den Rücken zu.

Also zog ich mein Hemd aus der Hose und betateste nochmal meine Seite. Nein, angeknackst war die Rippe nicht. Diesen Schmerz hatte ich oft genug erlebt, um zu wissen, wie es sich anfühlte. Sie konnte allerhöchstens geprellt sein.

Als ich die Salbe drauf schmierte, breitete sich angenehme Kühle an dieser Stelle aus. Nach ein paar Sekunden, war der Schmerz schon gedämpft.

„Verband", murmelte ich, worauf Drystan ihn mir über die Schulter hinweg reichte.

Ich hielt das Hemd mit den Zähnen fest, um mit beiden Armen den Verband um meinen Brustkorb zu wickeln.

Als ich fertig war, ließ ich das Hemd wieder über meine Haut und die sich darauf abzeichnenden Narben fallen. Die Narben waren ein Grund, warum ich nicht wollte, dass Drystan mich verarztete.

„Ich hoffe, Ihr seid zufrieden, Eure Hoheit", wandte ich mich wieder an ihn, als ich fertig war. Den Verband legte ich auf den Tisch neben mir, wo der Prinz die Salbe abgestellt hatte.
Nachdem er sich wieder umgewandt hatte, verschränkte er stur die Arme vor der Brust.
„Bin ich."

Schweigen entstand, in dem wir uns beide einfach nur ansahen. Mein Blick war kühl wie immer, seiner berechnend.

„Visha hat erzählt, Ihr habt gegen drei Infizierte alleine gekämpft.", schnitt er ein neues Thema an, „Das ohne einen Kratzer."
Ich nickte knapp.
„Wie habt Ihr das geschafft?"

Schulterzuckend steckte ich mein Hemd zurück in den Bund meiner Hose.
„Ich habe immer einen auf Abstand gehalten, indem ich ihm eine schwerwiegende Wunde zugefügt habe und in der Zeit habe ich mich um die anderen beiden gekümmert."

Der Prinz schüttelte ungläubig den Kopf.
„Seid Ihr sicher, dass ihr eine normale Sterbliche seid? Vielleicht ist an den Gerüchten etwas dran, dass Ihr zu der Loge geschwebt seid, um mich zu retten?"
Dazu konnte ich innerlich einfach nur die Augen verdrehen.
„Ich bin meilenweit davon entfernt, von den Göttern auserwählt zu sein."
Erst lächelte er schief, doch dann neigte er wieder ernst den Kopf.
„Glaubt Ihr eigentlich an die Götter?", fragte Drystan.
Ohne lange zu überlegen verneinte ich.

Wegen meiner schnellen Antwort zog er die Augenbrauen hoch.
„Wieso nicht?"
Meine Lippen wurden schmal.
„Sie haben mich nicht erhört, als ich es am dringendsten gebraucht habe."
„Was ist, wenn es für sie einfach keine Möglichkeit gab, Euch zu helfen?"
Ich stützte die Hände skeptisch in die Hüften.
„Es sind Götter."
„Deswegen müssen sie nicht allmächtig sein."
„Doch... das ist es, was Götter ausmacht."
Drystan löste seine verschränkten Arme, um zu gestikulieren.
„Wir Menschen glauben, dass dem so ist. Aber was, wenn wir uns irren? Vielleicht gibt es die Götter, nur nicht so, wie wir es in alten Schriften überliefern oder wie es in den Tempeln vermittelt wird!"
Als ich nichts sagte, fuhr er fort:
„Vielleicht sind sie menschlicher als wir glauben. Auch sie können Fehler machen, müssen Opfer bringen und schwere Entscheidungen treffen."
Während er das sagte leuchteten seine Augen begeistert auf.

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now