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Drystan
König Allstair rammte der jungen Nemesis das Messer ins Bein.
Erschrocken zuckte ich zusammen. Vor allem, da sie nicht schrie, sondern lediglich wimmerte.

Doch selbst das brachte ihr einen missbilligend Blick von dem König ein, ehe er das Messer in der Wunde drehte.
Jetzt schrie Nemesis doch und schlug mit der Hand auf den Rasen. Tränen stiegen ihr in die Augen.

Die Nemesis in meinem Schoß verzog gequält das Gesicht, als wüsste sie, was jetzt kommt. Die Hand, die ich hielt, verkrampfte sich.

„Ich erlaube keine Schwäche. Nichts darf dich ablenken."
Allstair zog das Messer raus, wo sich der Stoff schon längst rot gefärbt hatte.
„Keine Sterne. Und auch kein Schmerz."

Er packte grob ihren Arm und setzte einen tiefen Schnitt. Davei tat er das nicht schnell, sondern sehr langsam.
Dieses Mal spannte sich ihr Gesicht zwar an, aber sie behielt die Lippen fest aufeinander gepresst.

Mit blankem Entsetzen sah ich dabei zu, wie er die Folter fortsetzte. Die Regeln waren schnell klar:
Jeder Schrei, jedes Wimmern, jegliche Art von Schwäche in seinen Augen bedeutete ein weiterer Schnitt.
Sie war noch ein Kind.

Langsam riss ich den Blick von der Szene vor mir los und sah voller Schmerz auf Nemesis herab.
Ich kannte mal ein Mädchen, das hat die Sterne geliebt.
Kannte?
Sie ist vor langer Zeit gestorben.

Kein Wunder, dass ihr eine schmerzende Rippe nichts ausgemacht hat. Jetzt verstand ich die Undurchdringlichkeit ihrer Maske. Die Flucht, in der sie uns kaum Pausen gegönnt hatte und selbst sich nie ausgeruht hatte.
Warum sie sich vor anderen verschloss.
Schwäche bedeutete Schmerz.

Schluckend hatte ich ihre Narben vor Augen.
Allstair musste jede Schwäche ausgemerzt haben.

Du bist meine Schwachstelle, Drystan.
Jetzt erst verstand ich die Bedeutung dieser Worte für sie. Warum sie so lange mit einer Freundschaft gezögert hatte.
Und dass sie mit ihrer Einwilligung sich gegen ihre Erziehung gestellt hatte.

Und jetzt wurde mir auch wirklich bewusst, dass sie nur mich erwählt hatte, um ihre Erinnerungen zu sehen. Der einzige, gegenüber sie sich dermaßen öffnen wollte.

Das Bild vor mir wurde schwarz und ich seufzte auf.  Endlich konnte sie aufwachen.

Doch als ich wartete, bis sie die Augen öffnete, erschallte ein gackerndes Lachen von überall und doch nirgends, woraufhin mir ein Dorf gezeigt wurde.

Schreie hallten an mein Ohr, er roch nach Blut, das die Erde tränkte.
In dem Dorf aus primitiven Holzhütten, wurden die Menschen aus ihren Häusern gezerrt und vor den Stufen ihres Heimes geköpft. Türen wurde eingetreten, schreiende Kinder eingefangen und getötet.

„Hey! Aufhören", rief ich nach den Schock in das Bild hinein, „Es waren zwei Erinnerungen ausgemacht!"
Als Antwort erhielt ich ein erneutes Lachen.
„Als ob ich nach all den Jahrzehnten, die ich hier ohne Geschichten ausharren musste, nach nur zwei von ihnen satt bin? Naive Menschen."

Die Schreie wurden lauter und meine Aufmerksamkeit sprang automatisch zu dem Bild zurück. Jetzt befand ich mich in einer schlichten Hütte und Nemesis tötete einen Mann, der vor ihr auf den Knien bettelte.
Sie trug die schwarze Lederkluft, die sie auch schon in Koranée öfter getragen hatte.

Im Gegensatz zur vorherigen Erinnerung war gar nichts in ihrer Miene zu lesen. Sie war undurchdringlich, auch als sie einer weißblonden Frau, die gerade flüchten wollte, ein Messer in den Rücken warf.

Die Frau keuchte, versuchte aber ihren Fall abzudämpfen. Erst da fiel mir das Baby in ihren Armen auf.

Bi-Bitte. Ich fleh... Euch an.", ihr Atem rasselte, da Nemesis ihre Lunge verletzt haben musste, „Bitte tötet mein Kind nicht. Bitte... sie hatte noch keine Chance zu... zu leben."

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now