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Inzwischen hatte eine sanfte unaufdringliche Musik eingesetzt. Die Musiker selbst befanden sich auf der rechten Seite des Saals vor dem Fenster. Allesamt in feinen Anzügen und polieren Instrumenten.
Ich hatte unweit von ihnen Stellung bezogen, mein unangerührtes Glas Sekt in der Hand.

Dieses Mal jedoch entspannte mich die schöne Melodie nicht. Stattdessen war ich unruhig und meine Nerven angespannt.

Es war ein Anschlag auf den Prinzen geplant und nur ich wusste davon. Leider war Drystan auch der einzige, der mir glauben schenken würde und mich nicht verhaften würde.
Zumindest hoffte ich das.

Nach einer Weile in der keine weiteren Gäste mehr eintraten, schwangen die kunstvollen Flügeltüren auf. Der König und die Königin standen im Türrahmen und gingen würdevoll zu der Tafel am Kopfende des Saals. Sie waren ein beeindruckendes Duo aus Dunkelblau, Gold und Saphiren. Der König trug einen Musselinmantel und hatte ein prächtiges Schwert an seiner Hüfte. Vermutlich diente es mehr der Zierde und weniger der Verteidigung.
Seine Frau trug ihre Locken halboffenen, einzelne Zöpfe durchzogen ihr Haar. Ihr Kleid bauschte sich um ihre Beine und zog mit einer kleinen Schleppe hinter ihr her.
Beide Kronen schimmerten im Licht der vielen Kerzen um die Wette.

Sobald sie eingetreten waren, verstummten alle Gespräche und man verneigte sich vor dem Königspaar, als es die Gäste passierte. Auch ich versank in einen perfekten Hofknicks und senkte den Kopf. In dieser Position verharrten alle Anwesenden, bis sich die Herscher gesetzt hatten.

Sofort danach tauchten der Prinz und die Prinzessin im Türrahmen auf und man verbeugte sich erneut.

Mein Blick heftete sich sofort auf Drystan und für einen Moment verschlug es mir den Atem.
Seine dunklen Locken waren nach hinten gekämmt worden, aber eine widerspenstige Strähne fiel ihm in die Stirn. Sein goldener Reif war poliert worden, die Gravuren schimmerten und er trug ihn erhobenen Hauptes, sodass man keinen Zweifel hatte, dass dort ein Prinz auf die Festtafel zusteuerte.

Der maßgeschneiderte Anzug aus dunkelblauen Stoff war geschnitten wie meine Uniform und eine goldene Schärpe war quer über der Brust drapiert. Darunter trug er noch eine schwarze Hose, die in glänzende Stiefel gestopft war.
Über die Schulterblätter und die Wirbelsäule hinunter erstreckten sich goldene Ornamente. Die gleichen schlangen sich um den Saum der Ärmel.

Auch wen Chara nicht weniger königlich aussah, brauchte ich einen Moment, ehe ich mich von Drystan losreißen konnte.
Man hatte auf ihre Lider goldene Farbe geschminkt, ihre Augen mit weißen Kajal umrahmt. Es stach auf ihrer dunklen Haut hervor. Wie auch bei ihrer Ankunft trug sie ein langes, weißes wallendes Gewand. Nur diesmal liefen zwei Streifen über ihre Brüste am Hals zusammen. Ein breiter Gürtel aus goldenen, glänzenden Stoff hielt sie an Ort und Stelle und betone zusätzlich ihre schmale Taille. Der Rücken war frei, aber wie ich sehen konnte, hatte man ihr weiße, eckige Muster auf die Haut gemalt. Sie erinnerten mich an Runen, aber die Formen waren mir unbekannt.

An ihrem Arm, den sie auf Drystans gelegt hatte, mit dem er sie neben sich führte, trug sie feine goldene Armreifen. Sie ergänzten sich perfekt zu ihrem eigenen Reif. Ein filigraner Ring mit eingearbeiteten Perlen, die das Kerzenlicht sanft reflektierten.
Wie der Prinz ein Schwert an der Hüfte trug, klimperten bei der Prinzessin die scharfen Ringe.

Ich verfolgte die beiden mit meinen Augen, ebenso wie jeder andere in diesem Saal. Die Königin lächelte erleichtert, dass der große Tag endlich da war, ihr Mann sah seinen Sohn stolz an.

Das gegensätzliche Paar blieb in der Mitte des Saales stehen und die Prinzessin stellte sich am gerade ausgestreckten Arm vor Drystan hin. Sicher sah sie ihm in die Augen und er lächelte leicht zurück.

Nemesis - Blut und Schwerter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt