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Drystan
"Mir ist nicht egal, was dem Land widerfährt. Ich bin nicht blind gegenüber dem Leid, das Allstair und Arnicus anrichten. Aber ich war nie mein eigener Herr und möchte endlich über mich selbst entscheiden können. Es soll kein Prinz, keine Prinzessin, kein König und erst recht keine Götter über mich bestimmen. Nicht mehr und nie wieder."

Geladene Stille breitete sich zwsichen mir und der schwer atmenden Nemesis aus. Meine Augen wanderten von ihren geballten Fäusten, zu ihren sichtlich angespannten Schultern, über die vielen Narben bis hin zu ihrem von Gefühlen verzerrtem Gesicht. Wie auch zuvor, machten mich der Schmerz, die Wut und die Angst, die sie sonst so gut verbergen konnte, in ihm sprachlos. Mir war, als stünde eine gänzlich andere Person vor mir.
Nicht die kaltblütige Mörderin.
Nicht die pflichtbewusste Leibwächterin.
Nicht die gebrochene Frau.

Nemesis.

"Ich möchte auch nicht, dass du dich von irgendwen kontrollieren lässt", versuchte ich es ruhiger, auch wenn ich nicht verstehen konnte, wie sie sich von Arnicus' und Allstairs Plänen wegdrehen konnte, "Ich möchte nur, dass du uns hilfst die Menschen zu schützen, die es nicht selber tun können."

Ihr Stahl schlug auf mein Eis, als sie mir direkt in die Augen sah. Ich kannte niemanden, dessen Augen so intensiv und unnachgiebig waren, wie ihre.
"Warum?"
Ich blinzelte. "Warum was?"

Sie seufzte, als wäre es offensichtlich. Aber es war nicht nur das Ausatmen, ich konnte es sogar in ihrem Gesicht und ihrer Haltung lesen, dass ihr der Faden riss. Zum ersten Mal deckten sich ihre Empfindungen mit ihrem Ausdruck. Das brachte mich so aus dem Konzept, dass ich beinahe nicht mitbekomme hätte, was sie antwortete.
"Warum ich fremden Menschen helfen sollte. Was haben sie für mich getan? Ich habe es schonmal gesagt und ich sage es nochmal: Ich schulde dieser Welt rein gar nichts."

Meine Hände ballten sich jetzt ebenfalls zu Fäusten. Wo war ihr Mitgefühl? Mein Volk -und vermutlich auch ihres- würde der Reihe nach zu Grunde gehen, wenn Allstair seinen Plan mit dem Gott fortsetzte. So viele waren bereits verwandelt worden.

Nemesis hatte die Grausamkeit des leymalischen Königs doch aus nächster Nähe miterlebt, sogar maßgeblich daran Teil genommen. Waren in ihrem gewissenlosen Herzen den kein Platz für Empathie?

"Es geht darum denen zu helfen, die es nicht selbst können. Es geht darum das Richtige zu tun", versuchte ich es ihr zu erklären, aber sie wollte nicht hören.

"Ich bin nicht nobel oder heldenmütig wie du, Drystan", sagte sie ruhig. Sie wirkte jetzt nicht glücklich, aber sie sprach es als eine Tatsache, aus die sie akzeptiert hatte. „Ich bin kein guter Mensch, da mache ich weder dir noch mir etwas vor."

Verzweifelt trat ich näher an sie ran, dadurch musste sie den Kopf heben, um mir in die Augen schauen zu können.

"Du könntest einer sein", ich holte einmal Luft, "Ich brauche dich um das durchzustehen, Nemesis. Meine entdeckte Magie, die Götter, die Infizierte... ich schaffe das nicht alleine."
Sie nickte über meine Schulter in Richtung Lagerfeuer. "Du hast deine Verlobte."
Ich schüttelte den Kopf. "Das ist nicht dasselbe."

Vorsichtig, da ich wusste wie sehr sie Berührungen hasste, nahm ich ihre Hand. Als sie sich nicht wehrte, sondern überrascht auf meine Hand sah, hielt ich ihre sanft fest.
"Ich brauche eine Freundin. Ich brauche dich."

Nemesis beobachtete ein paar Sekunden wortlos unsere Hände, dann wandte sie mir ihr offenes Gesicht zu. So verwundbar hatte sie sich mir gegenüber noch nie gezeigt und im Abendlicht der untergehenden Sonne war sie nichts als wunderschön.

"Du denkst nur an das, was du brauchst, Drystan. Ich verstehe, dass du anderen Menschen helfen willst und ich verstehe, warum du meine Unterstützung willst, aber ich muss jetzt mal an mich selbst denken. " Sie machte ein Pause und rang nach Luft, "Ich bin erschöpft. Was ich brauche ist eine Pause von dem ganzen Blut und Tod."
Langsam entzog sie sich meiner Berührung.
"Ich habe akzeprtiert, dass der Tod mein Werkzeug ist und dass ich niemals eine von den Guten sein werde. Ich habe Blut an den Händen und Dinge getan, für die du mich veurteilen würdest, egal ob du meine Vergangenheit kennst oder nicht."

Ich war zu überrumpelt von ihrem verletzten Blick, dass ich nichts erwiderte.

"Du verurteilst mich jetzt schon", seufzte sie ohne wegzusehen, "All den Versicherungen zum trotz, dass du mich nie verletzen würdest. Dass du mir Zeit geben würdest."

Ja, das hatte ich ihr versprochen. Das war bevor ich gewusst hatte, wie rücksichtslos sie Leben nahm. Bevor sie einige meiner Gardisten getötet hatte. Bevor ich erfahren hatte, dass sie Königs Allstairs Rechte Hand gewesen war. Dass sie die Seuche kannte, dass sie selbst immun war und all die anderen Male, als sie mich belogen oder mir etwas verschwiegen hatte.

Und auch wenn ich verstand, dass es Allstairs Schuld war, dass sie so herzlos war, so hatte sie jetzt die Chance die Gräueltaten ihrer Vergangenheit wieder gutzumachen. Aber sie wollte es nicht, weil sie das Morden nicht bereute. Das hatte sie mir deutlich zu verstehen gegeben.

"Du hast recht. Mir will nicht einleuchten, wie du völlig gewissenlos so viele Leue umbringen kannst."
"Ganz einfach, so habe ich in der Burg überlebt."
Ich sah sofort, wie sie begann sich wieder in sich selbst zurück zu ziehen und sich vor mir zu verschließen.

"Aber willst du es denn nicht wenigstens versuchen, ein besserer Mensch zu sein?", fragte ich sie fast schon flehend.
Sie lächelte schwach. "Ich kann nichts an dem ändern was ich bin. Und du auch nicht."
"Aber-"
"Akzeptiere meine Entscheidung, Drystan", fiel sie mir jetzt bestimmt ins Wort, "Es gibt nichts, dass daran etwas ändert."

Darauf presste ich die Lippen aufeinander und sah sie unglücklich an. Letztendlich wusste ich aber, dass sie recht hatte.

"Nun gut." Mit einem letzen Blick wandte ich mich um und ging zum Feuer zurück.

Hi!
Die letzte Woche ist ziemlich stressig gewesen, sodass ich kaum zum Schreiben gekommen bin, deswegen ist das Kapitel nicht so lang wie gewohnt. Vermutlich sind auch mehr Fehler drin, aber Zeit zum korrigieren ist mir auch nicht geblieben.
Ich wollte aber auch nicht einfach gar kein Kapitel hochladen, deswegen ist hier das, was ich geschafft habe.
Nächste Woche gibts es das Kapitel dann hoffentlich wieder in gewohnter Länge.

Vera.

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now