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Schweißnass fuhr ich aus dem Traum hoch. Mein Herz raste und ich keuchte, wie als hätte ich tatsächlich stundenlang gekämpft.
Die Panik schlug bereits ein, noch ehe ich meine Situation und Umgebung ganz erfassen konnte. Meine Gedanken überschlugen sich und rasten von ihm zu dem Blut, den Menschen, die durch meine Hand gestorben waren und zu der Burg.

Ich war komplett überfordert mit den vielen Empfindungen, die ich sonst immer gut zurück halten konnte, sodass sie meine Maske nicht beeinträchtigten.

Doch anscheinend hatte der Kampf gegen die Infizierten mir mehr zugesetzt, als ich gedacht hatte.

Jedenfalls trat ich hastig das Laken weg und fiel bei dem Versuch, eilig aus den Bett zu krabbeln, der Länge nach hin. Der Sturz holte mich aus den Erinnerungen, aber die Panik blieb und zog ihren Würgegriff um meine Kehle immer weiter zu.

Nach Luft ringend stürzte ich wie jede Nacht zum Balkon hinaus.
Frische Luft kam mir entgegen, doch auch nachdem ich mich so weit wie möglich auf der Brüstung nach vorne lehnte, war ich nicht frei genug.
Ich spürte den Stein an meinen Fingern und musste an die Burg denken. An genauso rauen Stein unter meinen Händen als er ...

Ohne groß nachzudenken schwang ich meine Beine über die Brüstung und begann an der Fassade nach unten zu klettern. Dafür benutzte ich die vielen Verzierungen, Fensterbretter und auch den Spalier mit einer dichten Hecke.
Alles woran ich dachte, war die Tiefe der Gartens. Die Ruhe, die es hoffentlich zwischen den vielen Hecken und Blumen geben würde.
Hauptsache ich hatte genug Raum zum Atmen.

Bei den letzten Metern rutschten meine zitternden Hände ab und ich landete hart im Gras. Auch wenn es meinen Sturz etwas dämpfte, bekam ich zuerst keine Luft, da mein Rücken die volle Wucht des Aufpralls abfangen musste.
Das machte aber gerade keinen großen Unterschied, also kam ich etwas unbeholfen auf die Beine und rannte los.

Es war mir egal, ob mich die Wächter so sahen. Eigentlich schenkte ich meiner Umgebung keinerlei Beachtung, was sonst nie vor kam.

Erst als ich eine Weile orientierungslos durch Garten gerannt war, fiel ich in einem Kreis aus Rosenbüschen auf die Knie.
Schwer atmend krallten sich meine Hände ins Haar. Der Zopf löste sich, da ich ihn um meine nassen Haar zu trocknen, nur locker geflochten hatte. Helles Haar fiel mir rechts und links ins Gesicht.

Töte sie.
- Jawohl.

Folter ihn.
- Jawohl.

Küss mich.
- Ja-Jawohl.

Tränen liefen mir über die Wange und ich schloss die Augen. Bilder schossen an mir vorbei. Sie waren wie Kugeln, die meine Mauern nach und nach runter rissen, sodass meine Gefühle ausbrechen konnten.

Nach Luft ringend sah ich hoch zu den Sternen. Doch anders als sonst spendeten sie mir heute keinen Trost.

Liebe macht schwach.
„Liebe macht schwach."

Du brauchst niemanden.
„Ich brauche niemanden."

Und das wichtigste...

Hinter mir erklangen Schritte. „Nemesis?"

Augenblicklich sprang ich auf. Als ich mich umdrehte, wollte ich schon mein Schwert ziehen, aber meine Hand griff ins leere.

Verwundert sah ich auf meine leere Hüfte. Ich hatte kein Schwert angelegt. Ich trug nur ein weißes weites Hemd und Hose zum schlafen.

Als die Person noch einen Schritt tat, schoss mein Kopf hoch, während ich gleichzeitig die Fäuste hob. Handschuhe hatte ich ebenfalls nicht angezogen.

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now