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Nemesis
Alles zusammen standen wir vor der Mauer im Dienstbotentrakt, die Drystan öffnete, indem er den Mauerstein drückte, woraufhin man die Wand aufdrücken konnte, wie eine Tür. Abgesehen von Chara waren alle mit dem Gang vertraut. Diese musterte die Geheimtür interessiert und folgte uns hinein.

Neben meinem Kopf leuchteten die Fackeln von selbst auf, als ich Drystan die Treppen runter folgte. Die anderen kamen nach mit Phyrros als das Schlusslicht.

Dass Drystans Diener mir so feindschaftlich misstraute, war mir im Grunde genommen egal, aber ich fragte mich, ob es einen anderen Grund gab, dass er mich so dringend aus dem Weg haben wollte.
War er der Verräter?

Wir erreichten die Gabelung mit den drei Gängen jeweils für den entsprechenden Gott.
Ich entdeckte meinen Kampfanzug, mein Schwert und die Messer, die ich hier liegen gelassen hatte, als ich in den Palast eingedrungen war, um Drystan zu warnen.
Den Kampfanzug würde ich mir später holen, aber ich bückte mich, um mir die Messer in die Stiefle zu schieben. Der Druck des Waffen an meinen Füßen fühlte sich vertraut an. Als ich daneben mein Schwarzstahlschwert aufhob, hätte ich die Waffe fast umarmt.
Ich konnte zwar Klingen aus dem Nichts erschaffen, aber das Gewicht an der Hüfte war beruhigend.

Als ich mich mit der üblichen starren Miene zu den anderen umdrehte, war Chara bereits auf den Tunnel zugegangen, der zu Xenos führte.

„Spürst du das Kribbeln auch?", fragte Drystan und die Prinzessin nickte mit geweiteten Augen.
„Etwas ruft mich."
Der Prinz lächelte erleichtert, dass er nicht der einzige war, der dieses Gefühl zu haben schien.

„Also ich spüre garnichts", bemerkte Martell, „Höchstens meine Blase, die nach dem ganzen Whiskey ziemlich drückt."
Aramis sah ihn kopfschüttelnd an.

Mir entging Phyrros' wachsamer Blick auf mir nicht, als er wartend die Arme vor der Brust verschränkte.
„Also. Was hofft ihr beide hier zu finden?"

Drystan sah nachdenklich zu den drei Gängen.
„Ich habe hier als Kind gespielt. Gefunden habe ich sie letztendlich, weil mir eine Stimme - Riniah - mir den Weg gewiesen hat", erzählte der Prinz zögerlich, „Wenn wir gegen Allstair bestehen wollen, müssen wir mit den Göttern sprechen."
Aramis stieß die Luft aus. „Hätte nicht gedacht, dass ich so einen Satz von dir hören würde. Und dir auch noch glaube."
„Vielleicht hätte ich vor den Prüfungen bei der Militärschule doch zu den Götter beten sollen", scherzte Martell.
Schnaubend steuerte ich auf Xenos Gang zu.
„Sie hätten Euch nicht erhört. Das tun sie nie."

Wir trotteten im Stillen zu der Höhle, die nach draußen und aus dem Palast rausführte. Aus dem Gang, aus dem wir gekommen waren fiel noch etwas Fackellicht in das Dunkel der Höhle, den Rest erleuchteten die umherschwirrenden Glühwürmchen.
Das sanfte Plätschern des kleinen Wasserfalls, der an den Steinen herabfloss drang an mein Ohr und eine sanfte Brise vom Ausgang strich mir verirrte Strähnen aus dem Gesicht.

Die lebensechte Statue des Göttervaters verschlug Chara den Atem und sie wurde automatisch langsamer.

Xenos stand in militärischer Haltung auf einem Sockel, die Arme hinter den Rücken verschränkt und den Blick ernst geradeaus gerichtet. Auf seinem lockigen Haar saß der silberne Reif, das Gegenstück zu Riniahs goldenen.
Die wallenden Gewänder wurden um die Hüfte mit einer Kordel zusammengehalten, dessen realistischen Faltenwurf ich im Stillen bewunderte.

„Bin ich der einzige, der bei den Statuen denkt, dass sie sich jeden Moment bewegen?", erkundigte sich Martell, den Blick auf das harte Gesicht des Gottes gerichtet.
Phyrros sah ebenfalls zu dem Gott hoch. „Nein."

„Es gibt drei Statuen hier unten. Eine in jedem Gang. Hier ist Xenos, dann gibt es noch die Schwestern Aerienne und Firin und schließlich Arnicus", wandte ich mich an alle, auch wenn es hauptsächlich für Chara neue Informationen waren.
„Zusammen mit Riniah auf dem Platz vor dem Palast  und der Mauer drum herum, bilden sie das Zeichen der Göttin."
Phyrros zog die Augenbrauen hoch, er stand mit verschränkten Armen vor Xenos und sah skeptisch an der Statue hoch.
„Warum ist das wichtig?"

Nemesis - Blut und Schwerter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt