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Am nächsten Morgen riss mich nicht etwa die Sonne oder ein Albtraum aus dem Schlaf sondern Unterleibschmerzen.

Als ich hoch fuhr und auf das Laken schaute, entdeckte ich einen Blutfleck. Sofort stand ich grimmig auf und ging zu meinem Schrank. Dort kramte ich ein weißen Leinenhemd raus, das ich mir einem Messer im Streifen schnitt.

Meine Periode hatte eingesetzt und das ungewöhnlich stark. In der Burg war sie meist spärlich ausgefallen oder manchmal sogar garnicht. Doch hier im Palast mit regelnäßigen Mahlzeiten und einem warmen Bett, war mein Körper ernährt genug.

Zwei der Streifen legte ich in meine Unterhose, den Rest verstaute ich in einer Schublade im Schrank. Mit stetigen Schmerzen, mal schwächer, mal etwas mehr, zog ich meine Uniform an. In diesem Moment war ich unglaublich froh, dass die Hose schwarz war.
Fertig angezogen, flocht ich mein Haar zu einem Zopf wie üblich. Dabei sah ich aus dem Balkonfenster. Gerade kletterte die Sonne über den Horizont. Sonderlich fiel hatte ich seit der Tanzstunde mit Drystan also nicht geschlafen.

Seufzend band ich mir mein Schwert um die Hüfte und öffnete die Tür von meinem Gemach. Periode hin oder her, ich musste trainieren. Das war das einzige, das mir jetzt den Kopf frei halten würde.

Ich entschied mich für den Trainingplatz der Gardisten und sah mich dort nachdenklich um. Die gepflasterte Fläche war von den Palastblöcken umrahmt. Auf der einen Seite standen die Schießstände, auf der anderen Seite waren markierte Flächen für Duelle.
Ich ging rechts zut Waffenkammer und rüttelte probehalber an der Tür. Ich war nicht überrascht, dass sie verschlossen war.
Ausdruckslos zog ich Dietriche aus meinem Haar. Die hatte ich immer dabei.
Wärmend ich mich daran setzte die Tür zu öffnen, behielt ich dennoch die Umgebung im Auge. Alle schliefen, Wachen kamen nicht vorbei.
Nach kurzer Zeit hatte ich das alte Schloss geknackt und ging ungerührt rein.

Drinnen erwartete mich ein riesiges Arsenal an allen möglichen von Waffen. Mit einem kalten Gefühl im Bauch ließ ich meinen Blick über Klingen, Schwerter, Bögen, Äxte und Stäbe schweifen.
Das Wissen, dass ich sie alle benutzen konnte und genauso tödlich war, wie mit dem Schwert, löste eine Stille in mir aus.

Trotzdem griff ich entschlossen zu einem Kampfstab und marschierte wieder raus.

In der Mitte des Platzes nahm ich meine Position ein. Zuerst nahm ich mir einen Moment, um zu mir zu finden, ehe ich mit einer schnellen Abfolge an Bewegungen anfing. Vor meinem inneren Auge streckte ich einen Gegner nach dem anderen nieder. Meine Atmung war kontrolliert, meine Bewegungen präzise, mein Körper zu einer Waffe geschliffen.

Ich drehte den Stab über meinen Kopf, rief mir die Abfolge ins Gedächtnis und führte sie makellos aus.
Der Stab wechselte sicher von einer Hand in die andere, gelegentlich schwang ich ihn in die Luft und fing ihn wieder auf, um sofort weiter zu machen.
Ich setzte meine Übungen fort, wurde immer schneller. So nahm es mich komplett ein, sodass ich ans nichts denken musste.
Nicht an die Toten.
Nicht an die Schreie.
Nicht an das Blut.
Nicht an den Schmerz.
Nicht. An. Ihn.

Kraftvoll stieß ich den Stab auf den Boden, stützte mich auf ihn ab und vollführte einen Tritt in die Luft. Darauf landete ich mit einem Fuß, nahm den Stab mit, machte einen Ausfall und stieß ihn nach vorne. Für eine Sekunde verharre ich in dieser Position, dann richtete ich mich auf und legte den Kopf in den Nacken. Leicht außer Atem schloss ich die Augen und versuchte meine Umgebung mit all meinen Sinnen wahrzunehmen.

Bei einigen Lektionen hatte ich blind gekämpft, aber die restlichen Bedingungen hatten sich nicht geändert. Wir kämpften mit scharfen Waffen, der Gegner blieb der gleiche und es wurde keine Rücksicht genommen.

Ich öffnete die Augen.
An dem Tag hatte ich verloren. Und auch die Male danach. Doch jetzt brauchte ich meine Augen nicht, um zu kämpfen.

Stumm sah ich auf die Waffe in meiner Hand. Automatisch schossen mir die vielen Methoden durch den Kopf, mit dem ich jemanden damit umbringen könnte. Einige davon schnell, andere weniger.

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now