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Am nächsten Morgen, inzwischen waren es nur noch drei Tage bis zur Ankunft der Prinzessen, gingen Drystan und ich getrennte Wege. Er musste mit seiner Mutter den geschneiderten Anzug anprobieren und falls nötig Anpassungen vornehmen, während die Kommandantin mich in ihr Büro bestellte. Sie war misstrauisch geworden, dass ich mit den Infizierten so gut fertig geworden war.

So klopfte ich in meiner blauen Uniform an der Tür zu ihren privaten Gemächern. Zu meiner Überraschung öffnete sie sie persönlich.

„Guten Morgen, Lady Nemesis", begrüßte sie mich distanziert.
Wie es sich gehörte, verbeugte ich mich leicht. „Guten Morgen, Kommandantin."
Wortlos hielt sie mir die Tür auf, um einzutreten.

Kaum war ich drin, erfasste ich den Raum. Sofort notierte ich mir alle Ausgänge. Dazu gehörten auch die drei Fenster, die an der Wand gegenüber der Tür eingebauten waren. Sie warfen das helle Morgenlicht in den sonst eher düster eingerichteten Raum.

Der Boden war mit dunklen Dielen ausgelegt, aber das Holz der Möbel war noch dunkler. Ausgestattet war der Raum mit mehreren Regalen und Kommoden, auf denen entweder Waffen oder Bücher verteilt waren. Dominierend war allerdings der dicke Schreibtisch in der Mitte des Raumes. Auf ihm verstreut lagen mehrere Papiere und Dolche, die als Briefbeschwerer benutzt wurden. Federhalter, Tintenfässer und aufgeschlagene Bücher.

Von hier aus führten zwei Türen ab. Zwar waren sie geschlossen, aber ich vermutete dahinter ein Bad und das Schlafzimmer.

Der rote, schwere Teppich dämpfte meine Schritte, als ich der Kommandantin zu ihrem Schreibtisch folgte. Nach ihrer Erlaubnis, setzte ich mich auf den Holzstuhl davor. Sie selbst ließ sich in einem roten Sessel fallen.

Schweigend wartete ich bis sie das Wort ergriff, aber sie sah mich nur unverwandt an. Eine klassische Methode um den Befragten erst einzuschüchtern oder selbst zum reden zu bringen.
Aber das kannte ich alles schon. Also erwiderte ich den Blick aus ihren braunen Augen ohne zu wanken.

„Kommen wir direkt zum Punkt", eröffnete Visha schließlich. Die Beine hatte sie locker übereinander geschlagen, den einen Arm stützte sie auf den Tisch, der andere ruhte lässig auf ihrem Schwert.
„Ihr habt gestern gegen drei Infizierte gekämpft und seid unversehrt zurück gekommen. Ihr scheint mehr über die Viecher zu wissen, als alle anderen und allgemein könnt ihr viel mehr, als man Euch zumuten würde."
Sie fing an den Fingern aufzuzählen.
„Ihr könnt das Todesstadium einer Leiche identifizieren, jede Art von Kampf- und Waffenkunst, Tanzen, wie ich gehört habe und Eure Maske ist einwandfrei. Keine Gefühle kommen durch."
Als sie die Hand wieder fallen ließ musterte ich die Kommandantin noch immer ohne eine Reaktion.
Sie fuhr fort: „Für ein Bauernmädchen, das sich den Turnierkämpfen angeschlossen hat, ist das etwas zu viel, denkt Ihr nicht?"

Auch wenn sie viele Punkte angebracht hatte, war es doch einfach sie zu erklären. Um die Kommandantin nachzumachen, zählte ich ebenfalls an den Fingern ab.
„Wir hatten einen Heiler bei den Turnierkämpfern. Manchmal sterben Kämpfer in der Arena einer Stadt und werden später zu uns gebracht. Für das Protokoll muss der Zeitpunkt aufgeschrieben werden. Ich war manchmal dabei, wenn er das geprüft hat."
Ich hob den zweiten Finger.
„Es kommen verschiedene Kämpfer mit verschiedenen Stilen zu den Turnierkämpfern. Man lernt eine Menge, wenn man in Übungsgefechten gegen sie kämpft. Manche von ihnen waren sogar so nett, mit einige Abläufe beizubringen."
Der dritte Finger und noch immer ließ ich ihren Blick nicht los. Ihre Miene war ebenso undurchdringlich wie meine.
„Tanzen habe ich auf den Festen gelernt, die in Kombination mit denen Turnieren vorgekommen sind."
Der vierte Finger mit einem Neigen des Kopfes.
„Ich bin einfach gut darin meine Gefühle zu verbergen. Das konnte ich schon immer. Hier im Palast achte ich einfach explizit darauf."
Der fünfte Finger kam dazu und ich ließ die Hand wieder fallen.
„Und über die Infizierte weiß ich deswegen mehr, da ich die Attentäterin des Prinzen verhört habe. Dass der Ursprung der Seuche in Leymalien liegt, haben wir bereits festgestellt. Sie wusste mehr darüber, als wir."

Nemesis - Blut und Schwerter Where stories live. Discover now