60.

835 65 108
                                    

Mein Kopf ist wie leer gefegt, als ich zur Uni fahre.
Ich trage die gleichen Sachen wie gestern, mit Ausnahme des schlichten, schwarzen T-Shirts, das ich aus Jaces Schrank gezogen habe und das mir ständig über die linke Schulter rutsch.
Es ist mir egal, dass mein Vater wahrscheinlich bemerkt haben wird, dass ich über Nacht nicht nach Hause gekommen bin.

Jessica wird mir ein Alibi geben müssen.
Das ist jedenfalls die einzige Lösung, die mir in meinem emotionalen Chaos einfällt, als ich meine Freundin vor der Uni auf einem der schmalen Grünstreifen stehen und auf mich warten sehe.
Sie kaut energisch auf einem Kaugummi herum, als sie mich von oben bis unten mustert.
"Und ich dachte schon, du kommst mal zu spät", begrüßt sich mich.

Ich falle beinahe in ihre Arme und hindere die Dämme hinter meinen Augen mit aller Kraft daran, nicht zu brechen.
"Und dafür hast du einen sechsten Sinn, oder warum stehst du hier und wartest auf mich?"
Fragend sehe ich sie an und streiche mir durch mein Haar, als ich ihre perfekten Zöpfe bemerke. Normalerweise sitzt sie um diese Zeit irgendwo in der Cafeteria und schreibt Unterrichtsnotizen vom Vortag ab.

Jessica lacht auf.
"Nein. Aber ich habe dich auf den Parkplatz fahren sehen."
Ich drehe mich zum Backsteingebäude um und blicke hoch zum obersten Stock.
"Schwelgst du jetzt etwa in Erinnerungen an dein vorletztes Unijahr, obwohl wir noch nicht mal all unsere Prüfungen abgelegt haben?", will sie in einem sarkastischen Ton von mir wissen.

Ich werfe ihr einen skeptischen Blick zu.
"Habe ich irgendwas verpasst, oder warum bist du so drauf?"
"Ich weiß auch nicht ..."
Sie macht eine lange Pause und schlenkert mit den Armen.

"Vielleicht hat mich ja auch einfach nur ein aufgebrachter Mr. Rosethorn gestern Abend am Telefon zur Schnecke gemacht, weil er seine verzogene Tochter gesucht hat."
"Oh nein!"
Meine Augen weiten sich und ich bin schon dabei mein Handy aus meiner Tasche zu ziehen.

Ich habe es während des Lernens auf Flugzeugmodus gestellt.
Ich will gar nicht wissen, wie oft mein Vater versucht hat, mich anzurufen, wenn er es sogar bei Jess versucht hat.

Normalerweise gibt er sich diese Blöße nicht. Er hat noch nie herumtelefoniert, wenn ich nicht pünktlich Zuhause war. Wobei dies bis jetzt auch sehr selten vorgekommen ist und meistens unbemerkt blieb.
Normalerweise sitze ich brav in meinem Zimmer. Denn immerhin bin ich nicht Benno, der alle Freiheiten der Welt genießen kann.

Jess hebt eine Hand.
"Keine Sorge. Ich habe ihm natürlich gesagt, dass du bei mir bis und dein Handy beim Lernen aus ist. Er hat's geschluckt."
Ich seufze erleichtert auf und wische mir die schwitzig gewordenen Hände an den Oberschenkeln ab.

"Das wäre jetzt übrigens der richtige Zeitpunkt, deiner aufopferungsvollen, besten Freundin zu danken."
Sie legt den Kopf schief und beäugt meine Hände.
"Danach zu Urteil, dass du dieselben Hosen wie gestern trägst, vermute ich jetzt mal, dass du die ganze Nacht nicht zu Zuhause warst."

Ihr Ton gleicht einem Singsang und ich verdrehe die Augen, als sie anzügliche Bewegungen mit den Hüften macht.
"Es ist nicht so, wie du denkst", winke ich ab.
Ich habe nur mit einem unglaublichen Typen im Bett geschlafen und beim Aufwachen feststellen müssen, dass er fluchtartig die Szenerie verlassen hat.

"Ach nein?"
Sie legt den Kopf schief und spießt mich mit ihren blauen Augen auf.
Ich gebe ihr einen Schubs Richtung Eingang, will den heutigen Tag einfach nur schnellstmöglich hinter mich bringen, da hält sie mich auf und nickt zur Straße.

"Dann sag mir doch mal, wer dieser Typ da ist, der uns jetzt schon eine gefühlte Ewigkeit anstarrt."
Ich wirble herum, entdecke Jace sofort, der an der Straßenecke im Schatten eines Baumes steht.
"Was zum -", ich verschlucke mich fast und werfe Jess einen entschuldigenden Blick zu.
"Ich erkläre es dir später. Kannst du schon mal vorgehen? Bitte?"

Ich sehe ihren stummen Protest und wie sie innerlich mit sich ringt, mir jetzt nicht auf die Nerven zu gehen. Aber nach einer kurzen Weile grinst sie, wohlwissend, dass ich ihr nicht ausweichen kann, wenn wir gemeinsam zu Mittag essen. Mit nur einem Blick macht sie mir verständlich, dass sie alles wissen will. Alles.

"Immer wenn es spannend wird."
Ihr aufgesetztes Nörgeln wird von einem frechen Grinsen entkräftet und sie zieht mich kurz an sich.
Ich rechne schon damit, dass sie mir etwas Unanständiges ins Ohr flüstert, aber sie drückt mir nur einen feuchten Kuss auf die Wange, der nach Erdbeer-Kaugummi riecht.

Dann sind Jace und ich alleine.
Alleine zwischen dutzenden Studenten, die auf das Edgewood Collage zuströmen oder sich davor auf den Grünflächen versammeln. Darunter sind auch James und Carlos. Letzter wirft mir einen abschätzigen Blick zu und ich beißen meine Zähne zusammen.

James Kopf hebt sich und seine Augen landen auf mir. Als er sich eine pechschwarze Strähne aus der Stirn streicht, reiße ich meinen Blick von ihm ab und drehe mich zu Jace.
Er steht immer noch unter dem Baum an der Ecke und sieht mich aus glasigen Augen an.
Ich schlucke, überlege, ob es nicht doch aussagekräftiger wäre, ihn stehenzulassen. Immerhin ist er ohne ein Wort der Erklärung verschwunden.

Und das kann ich dir einfach nicht antun.
Die Worte von gestern Nacht hallen durch meinen Kopf, prallen gegen meine Schädeldecke, bis sie zu einem inneren Schreikrampf anschwellen.
Sollte er mich tatsächlich alleine gelassen haben, weil er meine Nähe nicht mehr ertragen hat?

Ich ziehe die Schultern hoch und überwinde die letzte Distanz zwischen uns.
Ich bin noch nicht vor ihm zum Stehen gekommen, da dringt seine zitternde Stimme schon an mein Ohr.
"Es tut mir leid, dass ich einfach so ..."

"Dass du abgehauen bist?", werfe ich ihm vor. "Eine Nachricht wäre nett gewesen."
Ich verschränke die Arme, aber diese Geste wird durch den Fakt, dass ich meinen Kopf in den Nacken legen muss, um in Jaces Augen blicken zu können, entkräftet.
Ich strahle ganz bestimmt keine einschüchternde Autorität aus, wie ich es mir gerade wünsche.

"Ophelia, hör zu -", setzt er an und streicht sich durch seine zerzausten Haare.
"Ich weiß schon, du schuldest mir keine Erklärung", unterbreche ich ihn.
"Jetzt hör mir doch zu!"
Ich zucke beim Ton seiner Stimme zusammen und werfe im nächsten Moment einen scheuen Blick über meine Schulter.

Keiner schenkt uns sonderliche Beachtung.
Nur an Carlos dämlichem Grinsen kann ich beurteilen, dass er Jaces erhobene Stimme gerade nicht überhört hat.
Ich straffe meine Schultern, als ich mich wieder meinem Gegenüber widme.

Ich blinzle zu ihm auf und bemerke plötzlich eine Veränderung in seinem Gesicht.
Seine Augen.

__________________________
Song: You're Sombody Else - flora cash

Well ... ich weiß, wie's weitergeht, aber ihr nicht muhahahaa, i love being mean :)

Noch etwas, dass mean ist; das Wetter. Es donnert, regnet, dann scheint die Sonne. Digger. Wir haben Sommer, nicht April ugh.

Wie ist das Wetter gerade bei euch? Und!!! Würdet ihr Jace das T-Shirt einfach für immer klauen, aus Rache, weil er abgehauen ist?

Ich freu mich so, über die Bilder von euch, die reinkommen! <3 

jeder der noch überlegt; u still got time :) <3

Uh, and I think I have to say thank you for 9k! (a rhyme)

All my Love,
Lisa xoxo


almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Where stories live. Discover now