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Nach einem letzten Schwall frischer Sommerluft, folge ich meinem Vater ins Innere des Hauses und hoch in sein Büro.

Dort schließt er die Tür hinter mir. Es wird also ein längeres Gespräch.
Ich frage mich, warum er mich immer in sein Büro bestellt, wenn er ernsthaft mit mir reden will.
Ich bin seine Tochter, keine Angestellte. Ich brauche keinen professionellen Rahmen, um ein ernsthaftes Gespräch zu führen, genauso wenig wie er.

"Ich will es kurz machen", sagt er, noch bevor ich mich setzen kann. "Dein Verhalten in letzter Zeit gefällt mir überhaupt nicht. Es ist traurig, dass wir vor nicht allzu geraumer Zeit ein ähnliches Gespräch geführt haben. Über die Aktion von Montagnacht brauchen wir gar nicht erst reden, oder?"

Er legt seine Stirn in tiefe Falten und häutet mich beinahe mit seinem strengen Blick.
"Tut mir leid", bringe ich kleinlaut heraus, obwohl ich empört bin, dass er unsere Zusammenkünfte als maßbegliche Gespräche wertet. Er redet, ich habe zuzuhören. Er stellt Forderungen, ich habe sie abzunicken.

"Deine leeren Entschuldigungen kannst du dir für jemand anderen aufheben. Ich weiß nicht, wie oft ich dir noch erklären soll, dass ein solches Verhalten nicht angemessen ist. Du kannst dir in deiner Position nicht alles erlauben."
Alles erlauben?
Ich kann mir gar nichts erlauben, wenn es nach ihm gehen würde.

Ich balle die Hände zu Fäusten und richte den Blick zur Decke.
"Ich habe einen Blick in deine Konten geworfen."
Das Blut gefriert mir in den Adern.
Meine Augen schnellen zu seinem stählernen Blick, der mich durchleuchtet.
Hatte mich Tante Jennifer nicht indirekt vor genau so einer Situation gewarnt?

"Kannst du mir sagen, wofür du im letzten Monat über 500$ ausgegeben hast, ohne das ich dich ein einziges Mal durch unsere Haustür beladen mit Einkaufstüten kommen sehen habe?"
"Spionierst du mir etwa nach?", frage ich empört.
Der Raum scheint sich zu drehen.

"Du lässt mir in letzter Zeit keine Wahl. Ich kenne dich, Ophelia. Du kaufst dir so gut wie nie etwas. Innerhalb von weniger als dreißig Tagen so eine Summer auszugeben, schlägt deinen Rekord von 260$ für diese hässlichen pinken Stiefel."
Er erinnert sich an die Schuhe, die ich mir in der High School gekauft habe, weil ich sie an Katy Perry gesehen und geliebt habe?

Für einen kurzen Moment vergesse ich, wie sauer ich auf ihn bin.
"Woher willst du wissen, wie viel ich sonst ausgebe?", stelle ich die Gegenfrage, um ihn abzulenken und mir Zeit zu verschaffen.
Er massiert seine Nasenwurzel und lehnt sich in seinem Bürostuhl zurück, deutlich entnervt von seiner sturen Tochter.

"Nach dieser Summe habe ich mir erlaubt, den Zahlungsverkehr der letzten Monate einzusehen."
Okay. Ich möchte mich hinsetzen, aber ich will mich dem massiven Schreibtisch nicht unnötig nähern. Also bleibe ich an der Tür stehen und klammere mich an mir selbst fest.
"Hast du dazu gar nichts zu sagen?", erhebt er die Stimme, lauter als zuvor.

Ich schweige noch ein paar Sekunden, bevor ich ihm fest in die Eisaugen blicke.
"Das ist ein krasser Vertrauensbruch, Dad. Ich bin erwachsen, falls dir das noch nicht aufgegangen ist. Wenn ich Geld ausgebe, dann gebe ich Geld aus. Es ist nicht so, als ob 500$ eine wahnsinnig hohe Summer für uns wäre."

Ich werfe mein Haar über die Schulter und sehe ihn herausfordernd an.
"Das sage ich auch nicht, Ophelia. Was ich dir hier vermitteln will, ist, dass wir abgesprochen haben, dass du bei größeren Summern Rücksprache mit uns hältst. Der Vertrauensbruch liegt in diesem Fall bei dir, nicht bei mir."

Gegen sein geschäftliches Argumentationstalent komme ich nicht an, dass weiß ich. Ich bin seine Tochter. An dieser Masche habe ich mir schon viel zu oft die Zähne ausgebissen.
"Außerdem, wessen Geld ist das? Hast du es verdient?", setzt er nach und drängt mich argumentativ gegen die Wand. Oder viel mehr weiter Richtung Abgrund, in den ich gleich stürzen werde.

"Du hast es mir vermacht, es ist mein Geld. Sicher, es kommt von dir, aber -"
"Ganz genau und deswegen habe ich ein bisschen mehr Transparenz von dir erwartet. Gerade von dir."
Er reibt sich über sein Gesicht. Eine Geste, die er nicht oft sehen lässt und die zeigt, dass er müde ist.
"Ich möchte nicht mit dir streiten, aber dein Verhalten der letzten Monate steht mir wirklich bis hier."

Er hebt seine Hand ruckartig an seinen Kopf, zeigt mir, wie sehr er mein Verhalten doch satthat.
"Jetzt, wo deine Mutter auch noch wieder da ist, brauche ich dich hier. Voller Einsatz."
Jetzt ist es wirklich ein Meeting.
"Was hat Mom damit zu tun? Sie ist eine erwachsene Frau."

"Eine erwachsene, labile Frau", wendet mein Vater ein und wirft mir einen Blick zu, der mir zu verstehen gibt, dass sie mehr als nur labil ist.
"Du bist ihr Ehemann", sage ich schneller, als das ich meine Antwort überdenken kann.
Meine Augen weiten sich, in dem Moment, in dem die Worte über mich kommen.

"Tut mir leid, ich meine ..."
Ich wende den Blick ab, fixiere die Zweige vor Dads Fenster. Bald wird er sich über die grünen Blätter vor seiner Aussicht beschweren.
"Ich erwarte wieder deinen vollen Einsatz, Ophelia. Was auch immer das gerade für eine Phase ist, die du durchlebst, sie ist hiermit beendet, haben wir uns verstanden?"

Ich beiße auf meine Wange.
"Ich bin nicht dein Feind", seufzt er und erhebt sich. "Ich habe Samuel einem Segeltermin zugesagt. Setze dich also bitte mit ihm in Kontakt und finde einen passenden Tag."
Er mustert mein angespanntes Gesicht.
"Keine Widerrede", presst er hervor.

Stumm stehe ich vor ihm und versuche meine Gedanken zu sortieren.
Was soll ich darauf erwidern?
Das Einfachste für mich ist es, das Segel-Date mit Sam hinter mich zubringen und die Wogen mit meinem Vater zu glätten.
Und ich muss gefügiger werden. Wo ist nur die alte Ophelia, wenn ich sie brauche?

Wieso fällt es mir so schwer, Dad anzulächeln und zu nicken, zuzustimmen, anzunehmen, was er mir aufträgt?
Ich glaube, ich weiß, wo die alte Ophelia ist.
Ich habe sie irgendwo zwischen Gleis drei und dem Gunflint Trail Park verloren.

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Song: Roses - George Taylor

Hiya! :)

Ich war heute mal wieder in einem Buchladen & es war toll! Die ganzen schönen Cover, omg! Und ich habe so viele Bücher in der Hand gehabt, die ich unbedingt noch Lesen will! Aber gekauft habe ich nur eine Zeitschrift, I have to save money...

Bei wem von euch lovely people hat es heute geregnet? Also ich spreche von diesem "Monsunregen". 

Meine Gegend ist verschont geblieben, wir haben nur Niesel- & Landregen - draußen ist es wie in den Tropen!

K, talk to u later <3

All my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt