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Ich blinzle zu ihm auf und bemerke plötzlich eine Veränderung in seinem Gesicht.
Seine Augen.

Besser gesagt, seine Pupillen. Sie sind riesig. Wirken wie schwarze Tümpel, die übergelaufen sind.
Ein Schmerz durchbohrt meine Brust, wie ein spitzes Messer.
Ich kenne diese Augen ...

"Ich habe dich beim Schlafen angesehen, Ophelia", beginnt Jace.
Dieses Mal unterbreche ich ihn nicht, schrumpfe vielmehr vor ihm zusammen.
"Du hast so friedlich ausgesehen. Du hast dich an mir festgehalten, weißt du das?"
Ich schüttele den Kopf. Wenn ich nicht gerade von Vorahnungen übermannt worden wäre, würde ich jetzt verlegen zu Boden schauen.

"Ich kann dich aber nicht immer halten, Ophelia."
Seine Augen senken sich. Ein fiebriges Schimmern glimmt in ihnen.
Ich weiß, dass ich einen kalten Schweißfilm auf seiner Haut spüren würde, wenn ich die Hand nach ihm ausstrecken und ihn berühren würde.

"Und deswegen bin ich gegangen. Und ich werde nicht zurückkommen, ich - Es tut mir leid. Es hätte nie so weit kommen dürfen."
Seine sonst so geschwungenen Lippen sind nicht viel mehr als ein farbloser Strich. Ich habe sie nur zweimal auf mir gespürt und doch bilde ich mir ein, sie in- und auswendig zu kennen.
Er hat diese Worte schon einmal zu mir gesagt. Doch dieses Mal haben sie eine völlig andere Bedeutung für mich. Ich sehe ein, dass er recht hat. 

Meine Finger umschließen seinen Oberarm. Kalter Schweiß.
Er trägt ein weißes T-Shirt. Er scheint es nicht mal zu bemerken, dass ich im gleichen Shirt nur in anderer Farbe vor ihm stehe.
Ich ziehe ihn über die Straße außer Hörweite von meinen Kommilitonen.

Als meine Finger seine Haut verlassen, brennen Tränen in meinen Augen.
"Jace? Stehst du unter Drogen?"
Meine Nasenflügel beben, als er auf mich heruntersieht und nickt.
Ich schnappe nicht nach Luft. Ich beginne nicht, herumzuschreien.

Ich stehe einfach nur vor ihm und verhalte mich wie ein Gegenpol zu der Ophelia, die vom Drogenkonsum ihres Bruders erfahren hat.
"Deswegen dieser Blick, als ich dir die Schmerztabletten gegeben habe."
In meinem Kopf setzten sich all die Puzzleteile, die zuvor keinen Sinn ergeben haben, zu einem Bild zusammen.

"Sie konnten mir nicht helfen, kleine -"
"Wage es nicht", knurre ich.
Eine heiße Träne kullert über meine Wange und ich wische sie wütend davon.
"Und die- diese Typen, die es auf dich abgesehen haben? Dabei ging es auch um Drogen, habe ich recht?"

Meine Frage bleibt unbeantwortet. Jace starrt mir aus toten Augen entgegen.
"Habe ich recht?", schreie ich ihm ins Gesicht und trommle auf seinen Oberkörper ein.
Meine Sicht wird schwammig. Silberne Schleier legen sich über mein Gegenüber und die Umgebung.
Es ist mir egal, was Leute denken, wenn sie uns so sehen. Ich will eine Antwort.

Und wenn ich diese erhalten habe, werde ich gehen und nie wieder zurückschauen.
Das ist ein Versprechen, das ich mir gebe.
Kühle, lange Finger umschließen meine Handgelenke und ziehen sie von seinem Herzen weg.
Erst als ich ein dutzend Tränen fortgeblinzelt habe und Jace meine Arme auf meiner Brust fixiert hat, antwortet er.

"Ja."
Das ist alles, was ich hören muss, was ich hören will.
Ich entreiße mich seinem Griff und raufe mir die Haare.
"Wie konntest du mir das antun. Du weißt von Ben. Du weißt -"

Meine Stimme versagt.
Ich wische mir über die laufende Nase und starre Jace an.
Ich höre keine weitere Entschuldigung von ihm. Auch wenn sich seine Lippen bewegen und ich mir ziemlich sicher bin, dass er eine Entschuldigung murmelt.

"Ich bin fertig mit dir, Jace Brighton."
Ich spucke seinen Namen wie Gift aus und mache einen Schritt nach hinten. Und noch einen. Und noch einen. Und entferne mich immer weiter von dem jungen Mann, in dem ich so viel mehr gesehen habe.
Es stellt sich heraus, dass diese Person ein verdammt guter Blender ist.

"Herzlichen Glückwunsch", sage ich und vergrößere die Lücke zwischen uns mit einem weiteren Schritt.
Aus dieser Entfernung kann ich die Tränen unterlaufenden, grünen Augen schon gar nicht mehr richtig ausmachen. Auch das Zucken seiner Kiefer kann ich nur noch erahnen.

"Du hast es geschafft, die einzige - und wahrscheinlich auch letzte Person -, die an dich geglaubt hat, zu vertreiben! Denn aus deinem Loch wirst du es nicht mehr alleine herausschaffen. Aber was rede ich da! Du willst es ja nicht mal schaffen! Es war ja nie dein Ziel, ein neues Leben anzufangen, du hast ja dich und deine ach so tollen Weisheiten. Lass mich dir noch eins sagen, Jace."
Meine Brust hebt und senkt sich, als wäre ich gerade einmal um den gesamten Campus gerannt.

Meine Stimme bebt vor Wut, vor Verzweiflung.
Warum bin ich gerade dabei, schon wieder einen Menschen an dieses Teufelszeug zu verlieren?
"Sie werden dir nicht helfen, wenn du am Straßenrand in deiner eigenen Kotze liegst und es nicht mehr schaffst, aus eigener Kraft aufzustehen. Denn niemand wird dir helfen. Denn du bist Abschaum. Dazu hast du dich selbst gemacht, und zwar in dem Moment, als du angefangen hast ..."

Ich schluchze, ringe nach Luft, die plötzlich so dünn um mich herum zu sein scheint.
Drogen.
Jace steht da und Drogen sprechen aus seinen Augen zu mir.
Seine Lippen teilen sich, seine eingefallenen Wangen bewegen sich, aber ich höre nicht hin.

Ich drehe ihm den Rücken zu und laufe davon.
Ich lasse ihn hinter mir, ohne zurückzublicken.
Meine Tasche schlägt mit jedem Schritt gegen meine Hüfte. Aber ich begrüße den Schmerz, der sich nach und nach an dieser Stelle aufbaut.

Er hat mich angelogen. Er hat mir die ganze Zeit über ins Gesicht gelogen.
Als ich ihm vergeben habe. Als ich ihm geholfen habe. Als ich mich ihm geöffnet habe und als ich ihm eine Chance gegeben habe.
Als ich angefangen habe ich zu lieben.

Ich presse meine Augen zusammen und hoffe, damit die Tränen ein für alle Mal vertreiben zu können.
Doch als ich die vorbeifahrenden Autos anvisiere, bilden sich bereits die nächsten satzigen Perlen, die mir die klare Sicht nehmen.

Ich fluche und presse meine Nasenwurzel zwischen Zeigefinger und Daumen zusammen.
Wie konnte ich nur so dumm und leicht gläubig sein?
Wie konnte ich zulassen, dass er sich in mein Herz schleicht?

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Song: July - Noah Cyrus

hi, ich mach's kurz, will nämlich heute noch raus & lesen :)

Gestern kam ein neues Buch an yyaayy

I know, dieses Kapi war emotional. Ganz ehrlich ... (das soll kein Selbstlob sein xD) ... ich habe eben beim Kontrolle-Lesen vom PC gesessen & richtig angespannt gelesen xD weil ich total mitgefiebert habe ... anyways, i love Jace & Ophelia, i mean i have to, right? :)

Euch noch einen wunderschönen Tag! See u tomorroowww <3

All my Love,
Lisa xoxo



almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Where stories live. Discover now