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Kleine Wellen schwappen gegen den Rand der Teetasse. Das Silber meines Löffels taucht immer wieder in die bernsteinfarbene Flüssigkeit, teilt die Wellen, um neue zu werfen.
Die Gespräche um mich herum sind nicht viel mehr als eine undeutliche Geräuschkulisse für mich und meine trübseligen Gedanken.
Dad pampt Ben von der Seite an, weil er ständig auf sein Handy starrt.

Dabei sitzen wir doch auf der Terrasse, an dem wunderschön gedeckten Tisch, den Mirella für uns hergerichtet hat.
In einem unbeobachteten Moment verdrehe ich die Augen. Ein Seufzen hätte zu viel Aufmerksamkeit auf mich gezogen - auch wenn meine Lungen danach lechzen, meinen Unmut in irgendeiner Form auszudrücken, wenn ich schon nicht schreien kann.

Noch vor ein paar Stunden hatten Mom und Dad Freunde aus Europa empfangen, denen ich achtungsvoll die Hände zur Begrüßung und zum Abschied schüttelte.
Ansonsten haben die beiden Herren mein kühles Schweigen glücklicherweise aus Ablehnung gegen ihre Person verstanden.
Ich kann Dads Predigt jetzt schon in meinem Ohr hören.

So wichtige Partner! Ein Lächeln wäre doch wohl nicht zu viel verlangt. Du hast Verantwortung.
Mein kleiner Löffel erschafft einen Strudel in der Mitte der Tasse. Ich wünschte, dieser Strudel könnte mich in die Tiefe der Tiefsee ziehen und für immer dort behalten.
Die lange Tischdecke schlägt immer wieder gegen meine überkreuzten Beine. Die einzige Berührung, die ich zu spüren scheine.

"Was machst du denn für ein Gesicht, meine Große?", fragt meine Tante, nachdem Mom in die Küche verschwunden ist.
Ich hebe die glasigen Augen und suche nach einem Fixpunkt in ihrem Gesicht.
Hastig fahre ich über meinen Nacken und schüttele den Kopf.

Wie ich feststelle, muss Dad unbemerkt aufgestanden und unsere Runde verlassen haben. Ben ist schon eine gewisse Zeit nicht mehr anwesend.
"Es ist nichts, hab nur schlecht geschlafen", entgegne ich mit dem Gefühl, wenigstens etwas ehrlich sein zu können.
"Wohl eher gar nicht geschlafen."
Sie streckt ihre Hand über den Tisch und sieht mir dabei fest in die Augen.

Alles, was ich in ihrem Ausdruck sehen kann, ist die pure Freude von letzter Nacht, als sie mit meiner Mutter auf der Couch gesessen hat und ich alleine in der Dunkelheit stand.
Ich betrachte ihre Hand, dann spüre ich sie.
Sie kann nicht wissen, dass ich hier draußen gestanden und sie beobachtet habe. Außerdem kann sie nichts für den Schmerz, der in meinen Körper gepflanzt wurde.

Meine trockenen Lippen spannen bei dem Versuch eines schüchternen Lächelns.
"Was ist los? Du weißt, dass du mit mir reden kannst, immer."
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Das letzte Mal, als ich mich ihr anvertraut habe, hat sie mich mehr oder minder ans offene Messer geliefert, in dem sie erwähnt hat, dass ihre Wohnung von einem meiner Freunde besetzt ist.

Sie scheint meinen Argwohn nicht zu bemerken oder übergeht den Ausdruck in meinem Gesicht gekonnt.
Sie drückt lediglich meine Finger zusammen.
"Ich ..."
Das Wort entkommt, bevor meine Lippen es zurückhalten können.

"Verdammt."
Ich senke den Kopf und ziehe meine Hand unter den Tisch, starre in meinen unangerührten Tee.
Ich bohre meine Zähne in die Unterlippe, kann nicht mal richtig überlegen, was ich als Nächstes sagen soll.

Plötzlich spüre ich Jaces Arme wieder um mich und schließe die Augen.
Er hat mich gehalten, er hat mich nicht von sich gestoßen, bevor er doch in der Nacht verschwunden ist und Sam mich willenlos im Auto verstauen konnte.
Ich spüre seine rauen, warmen Handflächen an der nackten Haut über meinen Schulterblättern.

Ich atme geräuschvoll ein, halte inne und schaue in braune Augen, die geduldig auf mir ruhen.
"Ich befinde mich in einer ziemlich ausweglosen Situation, glaube ich."
"Keine Situation ist ausweglos, dass darfst du nie vergessen."
Ich möchte ihr an den Kopf werden, dass ihr Optimismus gerade unerwünscht ist. Aber meine Zunge bringt andere Worte hervor.

"Es geht um Jace."
Die Laute sind schneller erklungen, als das ich sie hätte übertönen können. Tante Jennifer legt den Kopf in den Nacken und lacht herzlich auf.
"Natürlich geht es um Jace! Ich habe seine Rolle in deinem Leben also nicht unterschätzt, als du mir das erste Mal von ihm erzählt hast. Immerhin muss ich wegen ihm immer noch eure Gastfreundschaft ertragen, dass bedeutet, er ist etwas Besonderes."

Ihr Lächeln ist echt, ihre Augen leuchten.
Dann kratzt sie einmal kurz über ihren orangen Nagellack und nimmt einen großen Schluck aus ihrer Tasse.
Ich schiebe meine Hände unter die Oberschenkel, presse die Augen kurz zusammen, nur um Jace vor mir zu sehen.

Ich hoffe, dass er ihre Wohnung noch nicht geräumt hat. Ich wüsste sonst nicht, wo ich ihn finden sollte.
Er wird sich bestimmt nicht mehr am Fitchburger Bahnhof herumtreiben. Wenn Jace die Brücken abreißen will, dann tut er das auch. Und zwar richtig.
Seine Familie ist der beste Beweis dafür. Und genau das macht mir Angst.

"Er ist krank, deswegen helfe ich ihm. Und vielleicht ... vielleicht habe ich mich auch in ihn verliebt."
Meine kleine Pause wird sofort von Jennifers Stimme gefüllt.
"Aber natürlich hast du das, Ophelia. Selbst ein Blinder würde das sehen! Und ich weiß, dass du es weißt, du weißt, was du für ihn empfindest."

"Jace", gebe ich kleinlaut von mir. Ja, ich weiß, was ich für ihn empfinde.
"Jace", wiederholt sie andächtig und senkt schmunzelnd den Blick.
"Nun, ich sage es noch einmal; dieser Jace ist etwas Besonderes. Er ist deine erste große Liebe."
"Darum geht es ja. Er ist etwas Besonderes. Ich habe mich noch nie so gefühlt, wie wenn ich bei ihm bin."

Ich schlucke und schaue in den blauen Sommerhimmel.
Bestimmt sitzt Jace jetzt drinnen, anstatt die frische Luft zu genießen. Er hat in der letzten Zeit, in der ich noch bei ihm war, kaum das Haus verlassen.
Tante Jennifer gewinnt meine Aufmerksamkeit zurück, als sie sich durch die toupierten Haare streicht.

"Er ist besonders, weil er anders ist. Er ist nicht wie andere Menschen, die ich kenne. Er ... er hat nicht so viel Geld wie wir."
Ich ringe innerlich mit mir, auch wenn eigentlich schon längst klar ist, dass es kein zurück mehr gibt.
"Ben hat ihn gesehen, als er vor ein paar Wochen hier war und es Dad gesteckt."

Ein scharfes Einatmen erklingt. Dann ein belegtes: "Ich habe dir gesagt, dass dein Vater nicht dumm ist."

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Song: Hunger - Ross Copperman

Hi, 

I feel like I make empty promises ... ah xD

Ich habe gestern Abend mal wieder geschrieben und dabei ist auch gleich eine kleine Reserve entstanden, so all good :)

Meine Feier war sehr schön, es war einfach surreal mal alle wieder beisammen zu haben und gleichzeitig fühlte es sich so an, als hätten wir da weitergemacht, wo wir aufgehört haben ... (und ich vermisse meine friends einfach jetzt schon!)

Ansonsten ist das Leben, wie das Leben eben ist: Unberechenbar und wenn was kommt, dann alles auf einmal, yaayy.

In letzter Zeit hatte ich deswegen auch einfach keinen Elan mehr abends zuschreiben, hochzuladen, Kommis zu beantworten. Ich will mich nicht rechtfertigen, ich weiß, dass ihr das versteht, ihr sollt es einfach nur wissen <3

Ich muss jetzt einkaufen, der Aldi ruft hahahaa

Lasst mich wissen, wie es euch geht <3

All my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Where stories live. Discover now