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"Nein, Dad!"
Ich verschränke die Arme vor meiner Brust und starre auf die pinke Schleife, die auf der glänzenden Motorhaube des neuen Minis, der in unserer Auffahrt steht, drapiert ist.
"Spätzchen."

Er zeiht das Wort lang und legt eine Hand um meinen Nacken.
Ich ducke mich weg und werfe ihm einen schnellen, bitteren Blick zu.
"Sieh es als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk an. Dein alter Wagen war wirklich nicht mehr zu reparieren. Das hier war die kostengünstigere Variante. Und!"

Er hebt den Zeigefinger in die Luft, läuft zum Auto und reißt die Fahrertür auf.
"Es hat eine viel bessere Ausstattung, die neusten Updates! Es ist dein Mini, Ophelia. Nur besser!"
Sein dunkelblondes Haar wird ihm aus der Stirn geweht und gibt seine Geheimratsecken preis.
Egal wie sehr er strahlt und seine Augen mich dazu auffordern, mich begeistert auf dieses neue Auto zu stürzen ... Ich kann nicht.

"Jetzt sieh ihn dir doch wenigstens einmal richtig an", sagt er dann etwas bestimmter.
Ich blicke Dad unter zusammengezogenen Augenbrauen an.
"Ich will aber kein neues Auto."
"Du brauchst aber eins und dein Bruder hat dein Auto in einen Schrotthaufen verwandelt, ich kann auch nichts dafür. Jetzt setz dich rein."

Sein Temperament droht außer Kontrolle zugeraten, also komme ich seiner Aufforderung nach und nähere mich.
Der Mini sieht wirklich aus wie mein alter. Weiß, silberne Felgen, schwarze Sitze und ein weißes Armaturenbrett. Nur das dieses nicht mehr matt, sondern glänzend ist.

"Die Lautsprecher sind der Wahnsinn. Mach doch gleich mal einen Song an."
Dad wird immer so enthusiastisch, wenn er etwas schenkt, das eine Stange Geld gekostet hat.
Dieses Strahlen in seinen blauen Augen, als ich aufschaue, ist mir so fremd. Ich habe es ewig nicht mehr gesehen.

Lustlos ziehe ich mein Handy hervor.
Die Lautsprecher sind der Wahnsinn.
Aber das Einzige, an was ich denken kann, ist, dass ich Jace ab morgen nicht mehr am Bahnhof sehen werde.
Dabei war er heute früh schon nicht da, schrieb mir nur eine Nachricht, dass er lieber "liegen bleibt und seine Wunden leckt".

"Das ist also der Grund für deine lange Geschäftsreise", sage ich, nachdem ich Conan Grays Stimme leiser gedreht habe.
Dad nickt zufrieden.
Ich gebe nur ein Geräusch von mir und blicke gerade aus durch die Windschutzscheibe gegen unseren Hauseingang.

"Danke."
"Für mein Spätzchen doch gerne."
"An meinem Geburtstag werde ich einfach so tun, als hätte ich den Wagen noch nie gesehen", murmele ich und streiche mit einem traurigen Lächeln über das Lenkrad.

Dads Hand fällt auf meine Schulter, dann richtet er sich auf und schiebt seine Hände in die Taschen seiner Anzughose und betrachtet stolz sein Geschenk.
Beinahe hätte ich meinen Geburtstag nächsten Monat vergessen.
Beinahe hätte ich vergessen, dass ich volljährig werde, ein weiterer Schritt Richtung Dads Imperium mache.

Richtung eines Lebens, das mich nicht sonderlich reizt.
Ich schiebe meine tristen Gedanken beiseite und steige schwungvoll aus dem Wagen.
"Danke", sage ich. Dieses Mal lauter und umarme Dad dabei.
Seine Arme drücken mich kräftig an sich und erinnern mich an eine Zeit, in der er mich noch öfter umarmt hat. Einfach so und nicht, weil er mir gerade ein neues Auto gekauft hat.

"Ich sollte wieder hochgehen. Lernen."
"Das ist mein Spätzchen."
Er nickt mir wohlwollend zu und schließt für mich die Autotür.
Das Geräusch der zuschlagenden Tür hört sich tatsächlich an, wie das von meiner Autotür.

Die liegt jetzt wahrscheinlich zusammengepresst auf einem Schrottplatz.
Verächtlich schüttele ich den Kopf und gehe ins Haus.
Auch wenn die Maisonne zu einem Spaziergang einlädt, kann ich es mir zurzeit wirklich nicht erlauben, meine Lehrbücher allein zu lassen.

Ich bin so ins Hintertreffen geraten, dass mir der Schweiß ausbricht, wenn ich an all die Buchseiten denke, die ich noch durcharbeiten muss, um auch nur eine Chance bei den Prüfungen zu haben.
Wenn ich vor Dad ehrlich sein und meine Verzweiflung äußern würde, weiß ich ganz genau, dass er mir vorhalten würde, diese unnötigen Fächer wie Kunstgeschichte zu studieren.

Bis jetzt habe ich mich mein Leben lang den Vorstellungen anderer gebeugt. Ich habe immer versucht, allen alles recht zu machen.
Die perfekte Rolle, die bereits für mich geschrieben wurde, zu spielen.
Der bevorstehende Geburtstag und das was er repräsentiert, stimmt mich nicht freudig, so wie es eigentlich sein sollte.

Ich balle die Hände zu Fäusten und nehme mir von Mirella noch einen Kaffee mit.
Sie sagt nichts, wirft mir nur einen Blick zu, der mehr sagt, als tausend Worte.
Dein Vater meint es gut - auch wenn er es übertreibt. Versuche, dich zu freuen. Kopf hoch.
Ich möchte sie nach ihrem Vater fragen und ob er auch so schroff war.

Oder ob sie einen liebevollen Vater hatte, den ich vergeblich in meinem suche.
Was, wenn ich mein Auto einfach stehen lasse und trotzdem mit dem Zug fahre, um Jace weiterhin regelmäßig zu sehen?
Ich habe Angst, dass er, wenn ich ihm nicht jeden Tag begegne, irgendwann einfach verschwindet.

Ich komme mir so schrecklich bevormundet vor, wenn ich dieses Geschenk annehmen.
Dad kann sich kein gutes Gewissen erkaufen. Aber dennoch gebe ich klein bei, weil ich schwach bin.
Bens verletzende Worte kommen mir wieder in den Sinn.

Während ich in meinen Gedanken untergehe, blicke ich Mirella etwas zu lange an und sie begegnet mir mit einem irritierten Blick. Ich schüttle den Kopf, lächle.
Ich werde ihr diese Frage nie stellen, genauso wenig wie unsere Haushälterin diese Frage beantworten würde.
Denn in diesem Haus hält man seine Distanz.

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Song: Slow Dancing - Adam French

Hi :)

Heute sind die Dachdecker da und machen ein paar Dämmungen neu. Ist ein bisschen laut über mir xD

BABY WE HIT 6K LET'S GOOO!!

Ich bin so happy, this story is ma bby :) <3

Ich verschwinde jetzt und trinke - wie Ophelia - meinen Kaffee :P

All my Love & bis morgeeennn,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Where stories live. Discover now