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Georgia Rosethorn hat sich mal wieder selbst übertroffen.
Jedenfalls habe ich diesen Satz heute Abend schon mehrmals gehört. Dabei hat sie mit der Planung meiner Geburtstagsfeier rein gar nichts zu tun gehabt.
Das waren Dad und überwiegend Mirella.
Aber das habe ich natürlich jedes Mal für mich zu behalten, wenn mir dieser Satz zu Ohren gekommen ist.

Das Haus ist voll, aber nicht übervoll.
Im Wohnzimmer, der Eingangshalle und auf der Terrasse stehen Tische, die in weißen Stoff gehüllt wurden und um die sich Menschen tummeln, die ich in meinem ganzen Leben vielleicht ganze zweimal getroffen habe. Dennoch hat Dad sie eingeladen.

Dementsprechend voll ist der Tisch mit den Geschenken in der Eingangshalle.
Jeder neue Gast, der unser Anwesen mit einem kleinen Geschenk unter dem Arm betritt, bekommt augenblicklich ein schlechtes Gewissen, wenn die riesigen Boxen von Designern und teuren Küchengeräten in Sicht kommen.

Was ich mit den Rührgeräten und Mixern anstellen soll, ist mir allerdings ein Rätsel.
So viel ich weiß, verfügen wir bereits über solche Dinge, aber ein Cousin meines Vaters hat sich nun mal in ein Unternehmen eingekauft, das Küchengeräte herstellt.
Draußen ist die Sonne bereits untergegangen und ich schreite mit meinem cremeweißen Kleid durch die Gäste.

Jess hat es im dritten Laden, den wir am Samstag unsicher gemacht haben, entdeckt und sofort befohlen, dass ich es kaufe.
Es hat einen tiefen V-Ausschnitt und die Seide fällt bis zu meinen Knöcheln, sodass wenigstens meine Beine bedeckt werden. Das ist sicherlich der einzige Grund, warum Mom und Dad meine Garderobe für den heutigen Abend abgenickt haben.

Jess und AJ sitzen draußen im Garten, wo sich auch Sam und andere gleichaltrigen Cousins und Cousinen herumtreiben.
Ich lasse meinen Finger über eine kühle Marmorstufe gleiten und schaue mich um.
Eigentlich warte ich hier nur auf die eine Person, die mir diese Veranstaltung vielleicht ein bisschen versüßen kann und bis jetzt noch nicht eingetroffen ist. Tante Jennifer.

Ich komme neben dem gigantischen Rosenstrauß in der Mitte der Halle zum Stehen und betrachte die grünen Blätter, die sich zum künstlichen Licht über unseren Köpfen recken.
Das Grün erinnert mich an Jaces Augen, die ich heute noch nicht zu Gesicht bekommen habe.
Er ist der Erste gewesen, der mir heute Morgen gratuliert hat.
Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, als ich verträumt die zum Tode verurteilten Blumen betrachte.

Es hat mich wirklich überrascht, dass Jace sich das Datum meines Geburtstags gemerkt hat. Ich glaube, ich habe es ihm gegenüber nur ein einziges Mal erwähnt.
Es wäre mir trotzdem lieber gewesen, wenn er ihn einfach verpasst hätte.
Aber er hat sich erinnert und mich angerufen.

Ich bin kein besonders großer Fan von meinem Geburtstag - schon gar nicht, wenn er aussieht wie dieser.
Auf dem Flur vor unserem Literaturkurs haben Jess und AJ mir ein Ständchen gesungen und ich wäre am liebsten im Boden versunken, aber Jess weiß, wie sehr ich solche Aktionen hasse und quält mich damit liebend gern.

Abgesehen davon haben Dad, Mom und Ben versucht mich mit Pancakes im Bett zu überraschen.
Im ersten Moment mag sich das toll anhören, aber zwischen uns herrschte eine peinliche Stille, als ich aus Höflichkeit ein paar Bissen heruntergewürgt habe. Außerdem war es Ben anzusehen, dass er gezwungen wurde, mit in mein Zimmer zu kommen.

Und jetzt stehe ich hier. Zwischen Menschen, die ich nie im Leben zu meinem 21. Geburtstag eingeladen hätte, und mit einer Jazz-Band im Hintergrund, die die Stimmung eines Rentnertreffs imitiert.
Ich würde sogar lieber in einem überfüllten Club stehen, als neben dem verklemmten Paar, das eben eingetroffen ist und anscheinend nicht weiß, wo es sich hinzugesellen soll. Sie kennen mich nicht.

Seufzend lasse ich die Schultern fallen und greife mir ein Glas Champagner.
Als ich die elfenbeinfarbene Flüssigkeit im Glas herumschwenke, muss ich an den billigen Wein bei Jace denken, für den ich dieses Getränkt hier gern eintauschen würde. Aber auch nur, wenn das Jace an meine Seite zaubert.
Ich hebe die Augen und versuche mir Jace in dieser Menge vorzustellen. Unmöglich.

Er ist zu gut, für einen Auflauf wie diesen.
Jeder hier schreit nach Oberflächlichkeit und ich bin mir zu neunundneunzig Prozent sicher, dass die wenigstens hier an meinen besonderen Tag gedacht hätten, wenn sich nicht eine Einladung in ihren Briefkasten verirrt hätte.
Ich kann es ihnen aber auch nicht verübeln. Immerhin haben wir nichts miteinander zu tun!

Es vergehen weitere quälende Minuten, in denen ich die Eingangshalle abschreite und leichte Konversation betreibe, um auf meine Lieblingstante zu warten.
Als ihr toupierter Haarschopf endlich in der Tür auftaucht, stoße ich einen begeisterten Laut aus.
Ihre wachsamen Augen finden mich umgehend und sie reißt die Arme in die Luft.

"Da ist ja das Geburtstagskind!", ruft sie mir begeistert entgegen, während ich auf sie zu stürme.
"Tante Jennifer!"
Meine Stimme wird von ihrer Stola gedämpft, aber meine feste Umarmung vermittelt ihr meine Begeisterung, sie wiederzusehen, sicherlich genauso gut wie mein Ton.

"Wie geht es dir, meine Süße?", fragt sie und schiebt mich eine Armlänge von sich. "Wie gut du aussiehst! Mein Gott ... eine erwachsene Frau."
Verlegen blicke ich auf ihre Schuhspitzen, die mir in einem grellen Orange entgegen leuchten. Sie passen hervorragend zu ihrem navy-blauen Anzug.
"Ich fühle mich keinen Tag älter", sage ich.

"Warte nur ab, das kommt schon noch", zwinkert sie mir zu.
Im nächsten Moment taucht eine kleine, in rosafarbenes Geschenkpapier eingeschlagene Box in meinem Sichtfeld auf.
"Happy Birthday!"

Ich schenke ihr ein ehrliches Lächeln und nehme das Geschenk behutsam entgegen.
"Dankeschön."
"Wage es ja nicht, es einfach zu den anderen Geschenken zu legen! Du wirst es jetzt öffnen", ordert sie an.
Ich erwidere ihr breites Grinsen.

"Aber natürlich. Ich würde doch sonst vor Neugier platzen."
Jennifer zwinkert mir zu und beobachtet mich kritisch, als ich das zarte Papier von der Box löse.
Ich hebe den Deckel ab und zum Vorschein kommt eine kleine Holzfigur.
"Das ist ein Glücksbringer", erklingt ihre weiche Stimme und beim Aufblicken sehe ich ein seliges Lächeln um ihre Lippen.

"Er ist handgeschnitzt. Ich habe ihn von einem kleinen Stamm aus Südamerika mitgebracht. In ihrer Kultur glauben sie daran, dass wer auch immer ihn bei sich trägt, von Glück und Erfolg begleitet wird."
Ihre braunen Augen treffen auf meine und sie streicht über meinen Arm.
"Halte ihn in Ehren."

Ich blinzle die Tränen zurück.
Dieses Geschenk bedeutet mir mehr, als ich in Worte fassen kann. Es ist persönlich. Es hat eine Bedeutung.
Es ist keine kalte Küchenmaschine aus Stahl oder eine Designertasche, die wahrscheinlich jede Frau, die sich gerade in unserem Haus aufhält, besitzt.

Ranken umschlingen den kleinen Holzkörper, dessen Gesicht schwammig aber glücklich aussieht.
Mein Damen fährt über die weichen Konturen, die sich sofort in meiner Hand aufwärmen.
"Danke."
Meine Stimme bricht und meine Wangen werden heiß, aber das ist mir egal.
Die braunen Augen vor mir geben mir zu verstehen, dass diese Reaktion willkommen ist und nicht etwas Unangenehmes.
Wäre Mom jetzt in der Nähe, würde sie mich an meine Contenance erinnern.

Aber sie ist nicht hier.
Ihre Schwester ist es.
Diese drückt jetzt meinen Arm und legt ihre andere Hand schützend über meine, in der ich das kostbare Geschenk festhalte.

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Song: The King - Conon Gray (aka THE King)

Hey y'all.
Mein Plan für heute: mal 1h Freizeit. Ob ich das hinkriege? Mal schauen xD
Sicher, wenn ich Schreibe habe ich ja auch Freizeit... but it's different. Don't get me wrong -i love it tho! Sonst würde ich das hier ja auch nicht machen hehe

was guckt ihr zurzeit?
Sind euch gute Serien/Filme untergekommen?
If so let me know :P

Sending u all my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Where stories live. Discover now